Auf den Abend sah ich noch ein Feuerwerk in Apel's Garten abbrennen, das recht hübsch war. Und damit beschloß ich meinen Aufenthalt in Leipzig, einer Stadt, die ohne Streit unter die angenehmsten und schönsten Städte gehört, die ich besucht habe. Sie hat meist gra- de, breite, helle, wohlgepflasterte, und des Nachts mit Laternen erleuchtete Strassen, prächtige Häuser, und die angenehme Bequemlichkeit, daß man sie in ohngefähr einer kleinen Stunde Zeit unter angenehmen Alleen ganz umgehen, und alle Viertelstunden wieder ein Thor errei- chen kan. Die Einwohner sind in ihrem Umgange un- gemein höflich und verbindlich, ohne steife Komplimente. Besonders verbindet das schöne Geschlecht mit allen die- sen Vorzügen noch viel Liebe zur Lektüre, und die Kunst, sich ohne übertriebene Pracht mit dem feinsten Geschmack zu kleiden. Die Universität war alleweile ziemlich blü- hend. Man rechnete mir die Anzahl der gegenwärtig hier Studirenden auf 1400: die meisten waren nicht reich aber anständig gekleidet, auch in den Vorlesungen mei- stens ruhig.
Reise nach Dresden.
Den 22ten Aug.
Heute früh um 5. Uhr must' ich dann meinen würdi- gen Freund und lieben Wirth verlassen. Dieser Abschied ging mir wirklich sehr nahe. Thut's einem gefühlvollen Herzen nicht weh, den Umgang guter Menschen, wenn man kaum ihren Werth kennen gelernt hat, schon wieder entbehren zu müssen! Wie froh verflossen mir nicht die Tage meines hiesigen Aufenthalts. Wie viele Beweise aufrichtiger Freundschaft erhielt ich nicht von ihnen! Der
beste
Auf den Abend ſah ich noch ein Feuerwerk in Apel’s Garten abbrennen, das recht huͤbſch war. Und damit beſchloß ich meinen Aufenthalt in Leipzig, einer Stadt, die ohne Streit unter die angenehmſten und ſchoͤnſten Staͤdte gehoͤrt, die ich beſucht habe. Sie hat meiſt gra- de, breite, helle, wohlgepflaſterte, und des Nachts mit Laternen erleuchtete Straſſen, praͤchtige Haͤuſer, und die angenehme Bequemlichkeit, daß man ſie in ohngefaͤhr einer kleinen Stunde Zeit unter angenehmen Alleen ganz umgehen, und alle Viertelſtunden wieder ein Thor errei- chen kan. Die Einwohner ſind in ihrem Umgange un- gemein hoͤflich und verbindlich, ohne ſteife Komplimente. Beſonders verbindet das ſchoͤne Geſchlecht mit allen die- ſen Vorzuͤgen noch viel Liebe zur Lektuͤre, und die Kunſt, ſich ohne uͤbertriebene Pracht mit dem feinſten Geſchmack zu kleiden. Die Univerſitaͤt war alleweile ziemlich bluͤ- hend. Man rechnete mir die Anzahl der gegenwaͤrtig hier Studirenden auf 1400: die meiſten waren nicht reich aber anſtaͤndig gekleidet, auch in den Vorleſungen mei- ſtens ruhig.
Reiſe nach Dresden.
Den 22ten Aug.
Heute fruͤh um 5. Uhr muſt’ ich dann meinen wuͤrdi- gen Freund und lieben Wirth verlaſſen. Dieſer Abſchied ging mir wirklich ſehr nahe. Thut’s einem gefuͤhlvollen Herzen nicht weh, den Umgang guter Menſchen, wenn man kaum ihren Werth kennen gelernt hat, ſchon wieder entbehren zu muͤſſen! Wie froh verfloſſen mir nicht die Tage meines hieſigen Aufenthalts. Wie viele Beweiſe aufrichtiger Freundſchaft erhielt ich nicht von ihnen! Der
beſte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0179"n="141"/><p>Auf den Abend ſah ich noch ein Feuerwerk in <hirendition="#fr">Apel’s</hi><lb/>
Garten abbrennen, das recht huͤbſch war. Und damit<lb/>
beſchloß ich meinen Aufenthalt in <hirendition="#fr">Leipzig,</hi> einer Stadt,<lb/>
die ohne Streit unter die angenehmſten und ſchoͤnſten<lb/>
Staͤdte gehoͤrt, die ich beſucht habe. Sie hat meiſt gra-<lb/>
de, breite, helle, wohlgepflaſterte, und des Nachts mit<lb/>
Laternen erleuchtete Straſſen, praͤchtige Haͤuſer, und die<lb/>
angenehme Bequemlichkeit, daß man ſie in ohngefaͤhr<lb/>
einer kleinen Stunde Zeit unter angenehmen Alleen ganz<lb/>
umgehen, und alle Viertelſtunden wieder ein Thor errei-<lb/>
chen kan. Die Einwohner ſind in ihrem Umgange un-<lb/>
gemein hoͤflich und verbindlich, ohne ſteife Komplimente.<lb/>
Beſonders verbindet das ſchoͤne Geſchlecht mit allen die-<lb/>ſen Vorzuͤgen noch viel Liebe zur Lektuͤre, und die Kunſt,<lb/>ſich ohne uͤbertriebene Pracht mit dem feinſten Geſchmack<lb/>
zu kleiden. Die Univerſitaͤt war alleweile ziemlich bluͤ-<lb/>
hend. Man rechnete mir die Anzahl der gegenwaͤrtig<lb/>
hier Studirenden auf 1400: die meiſten waren nicht reich<lb/>
aber anſtaͤndig gekleidet, auch in den Vorleſungen mei-<lb/>ſtens ruhig.</p></div></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Reiſe</hi> nach <hirendition="#fr">Dresden.</hi></head><lb/><divn="3"><head>Den 22ten Aug.</head><lb/><p>Heute fruͤh um 5. Uhr muſt’ ich dann meinen wuͤrdi-<lb/>
gen Freund und lieben Wirth verlaſſen. Dieſer Abſchied<lb/>
ging mir wirklich ſehr nahe. Thut’s einem gefuͤhlvollen<lb/>
Herzen nicht weh, den Umgang guter Menſchen, wenn<lb/>
man kaum ihren Werth kennen gelernt hat, ſchon wieder<lb/>
entbehren zu muͤſſen! Wie froh verfloſſen mir nicht die<lb/>
Tage meines hieſigen Aufenthalts. Wie viele Beweiſe<lb/>
aufrichtiger Freundſchaft erhielt ich nicht von ihnen! Der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">beſte</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[141/0179]
Auf den Abend ſah ich noch ein Feuerwerk in Apel’s
Garten abbrennen, das recht huͤbſch war. Und damit
beſchloß ich meinen Aufenthalt in Leipzig, einer Stadt,
die ohne Streit unter die angenehmſten und ſchoͤnſten
Staͤdte gehoͤrt, die ich beſucht habe. Sie hat meiſt gra-
de, breite, helle, wohlgepflaſterte, und des Nachts mit
Laternen erleuchtete Straſſen, praͤchtige Haͤuſer, und die
angenehme Bequemlichkeit, daß man ſie in ohngefaͤhr
einer kleinen Stunde Zeit unter angenehmen Alleen ganz
umgehen, und alle Viertelſtunden wieder ein Thor errei-
chen kan. Die Einwohner ſind in ihrem Umgange un-
gemein hoͤflich und verbindlich, ohne ſteife Komplimente.
Beſonders verbindet das ſchoͤne Geſchlecht mit allen die-
ſen Vorzuͤgen noch viel Liebe zur Lektuͤre, und die Kunſt,
ſich ohne uͤbertriebene Pracht mit dem feinſten Geſchmack
zu kleiden. Die Univerſitaͤt war alleweile ziemlich bluͤ-
hend. Man rechnete mir die Anzahl der gegenwaͤrtig
hier Studirenden auf 1400: die meiſten waren nicht reich
aber anſtaͤndig gekleidet, auch in den Vorleſungen mei-
ſtens ruhig.
Reiſe nach Dresden.
Den 22ten Aug.
Heute fruͤh um 5. Uhr muſt’ ich dann meinen wuͤrdi-
gen Freund und lieben Wirth verlaſſen. Dieſer Abſchied
ging mir wirklich ſehr nahe. Thut’s einem gefuͤhlvollen
Herzen nicht weh, den Umgang guter Menſchen, wenn
man kaum ihren Werth kennen gelernt hat, ſchon wieder
entbehren zu muͤſſen! Wie froh verfloſſen mir nicht die
Tage meines hieſigen Aufenthalts. Wie viele Beweiſe
aufrichtiger Freundſchaft erhielt ich nicht von ihnen! Der
beſte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/179>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.