Die meisten Vornehmen in Paris leben in einer grossen Unordnung. Man ißt Mittags um 2, 21/2, 3, auch 31/2, und Abends um 11. Uhr, legt sich um 2, 3 Uhr erst zu Bett, steht um 9, 10, erst auf, und früh- stückt alsdann.
Der Franzos ist hitzig, aber auch geduldig. Wer sich darüber moquiren wollte, wenn er gestossen, besprützt, getreten wird, der würde ecrasirt werden: man träte ihn mit Füssen auf den Bauch. Keiner aber sagt was darüber, sondern schweigt, und geht seinen Gang fort.
Eine Menge schlechte Leute findet man hier. Sie fangen sehr höflich an, wollen Bekanntschaft machen, oder einem andre empfehlen. Oft sprechen sie einem viel von grossen reichen Herren vor, die einen solchen Mann, der so französisch oder deutsch spricht, oder das und das versteht, engagiren würden, man solle nur da und da hinkommen etc. Wer unvorsichtig genug ist, kan Ehre, Freiheit, Gesundheit, Geld und Leben dabei verlieren.
Man findet wenig gesundaussehende Gesichter. Alles schminkt sich, auch viele Mannspersonen thun's oft, wenigstens des Abends. Dann sieht die Haut wüst, gelb aus, und die Schweislöcher werden verstopft. Schon das enge Wohnen, die schmutzigen Strassen, der gräsliche mannichfaltige Dampf und Gestank schadet der Gesundheit. Leute aus den Provinzen, aus andern klei- nen Städten, oder Ländern zeichnen sich schon durch die Gesichtsfarbe aus.
Die
Bemerkungen.
Die meiſten Vornehmen in Paris leben in einer groſſen Unordnung. Man ißt Mittags um 2, 2½, 3, auch 3½, und Abends um 11. Uhr, legt ſich um 2, 3 Uhr erſt zu Bett, ſteht um 9, 10, erſt auf, und fruͤh- ſtuͤckt alsdann.
Der Franzos iſt hitzig, aber auch geduldig. Wer ſich daruͤber moquiren wollte, wenn er geſtoſſen, beſpruͤtzt, getreten wird, der wuͤrde ecraſirt werden: man traͤte ihn mit Fuͤſſen auf den Bauch. Keiner aber ſagt was daruͤber, ſondern ſchweigt, und geht ſeinen Gang fort.
Eine Menge ſchlechte Leute findet man hier. Sie fangen ſehr hoͤflich an, wollen Bekanntſchaft machen, oder einem andre empfehlen. Oft ſprechen ſie einem viel von groſſen reichen Herren vor, die einen ſolchen Mann, der ſo franzoͤſiſch oder deutſch ſpricht, oder das und das verſteht, engagiren wuͤrden, man ſolle nur da und da hinkommen ꝛc. Wer unvorſichtig genug iſt, kan Ehre, Freiheit, Geſundheit, Geld und Leben dabei verlieren.
Man findet wenig geſundausſehende Geſichter. Alles ſchminkt ſich, auch viele Mannsperſonen thun’s oft, wenigſtens des Abends. Dann ſieht die Haut wuͤſt, gelb aus, und die Schweisloͤcher werden verſtopft. Schon das enge Wohnen, die ſchmutzigen Straſſen, der graͤsliche mannichfaltige Dampf und Geſtank ſchadet der Geſundheit. Leute aus den Provinzen, aus andern klei- nen Staͤdten, oder Laͤndern zeichnen ſich ſchon durch die Geſichtsfarbe aus.
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Bemerkungen.
Die meiſten Vornehmen in Paris leben in einer
groſſen Unordnung. Man ißt Mittags um 2, 2½, 3,
auch 3½, und Abends um 11. Uhr, legt ſich um 2, 3
Uhr erſt zu Bett, ſteht um 9, 10, erſt auf, und fruͤh-
ſtuͤckt alsdann.
Der Franzos iſt hitzig, aber auch geduldig. Wer
ſich daruͤber moquiren wollte, wenn er geſtoſſen, beſpruͤtzt,
getreten wird, der wuͤrde ecraſirt werden: man traͤte
ihn mit Fuͤſſen auf den Bauch. Keiner aber ſagt was
daruͤber, ſondern ſchweigt, und geht ſeinen Gang fort.
Eine Menge ſchlechte Leute findet man hier. Sie
fangen ſehr hoͤflich an, wollen Bekanntſchaft machen,
oder einem andre empfehlen. Oft ſprechen ſie einem viel
von groſſen reichen Herren vor, die einen ſolchen Mann,
der ſo franzoͤſiſch oder deutſch ſpricht, oder das und das
verſteht, engagiren wuͤrden, man ſolle nur da und da
hinkommen ꝛc. Wer unvorſichtig genug iſt, kan Ehre,
Freiheit, Geſundheit, Geld und Leben dabei verlieren.
Man findet wenig geſundausſehende Geſichter.
Alles ſchminkt ſich, auch viele Mannsperſonen thun’s oft,
wenigſtens des Abends. Dann ſieht die Haut wuͤſt,
gelb aus, und die Schweisloͤcher werden verſtopft.
Schon das enge Wohnen, die ſchmutzigen Straſſen, der
graͤsliche mannichfaltige Dampf und Geſtank ſchadet der
Geſundheit. Leute aus den Provinzen, aus andern klei-
nen Staͤdten, oder Laͤndern zeichnen ſich ſchon durch die
Geſichtsfarbe aus.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/66>, abgerufen am 30.12.2024.
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