Bei einem Kaufmann fand ich heute den Dasypus novemcinctus, und beschrieb dieses Thier noch denselben Abend, für den Walchischen Naturforscher. --
Indes ich bei dem Kaufmann war, entstand auf der Strasse ein Lärm, dessen Gelegenheit selbst dem Na- turkundigen nicht gleichgültig war. Ein Junge, der nicht älter seyn konnte, als 10 bis 12. Jahr, trug eine Leiter von 15. Sprossen, zwischen den Zähnen schnur- grade in die Höhe gestellt, eine Zeitlang herum, und ba- lancirte sie. Er nahm auch einen Stuhl, faßte ihn un- ten mit den Zähnen, setzte oben einen andern Jungen dar- auf, und trug ihn. Er nahm ein grosses Wagenrad, das an der Mauer stand, und so schwer war, daß ers kaum mit beiden Händen in die Höhe heben konnte, und stellte es etliche Minuten zwischen die Zähne. Wie er- staunend, dacht' ich, ist die Kraft der Muskeln, und der Nerven in unserm Körper? Welche Berge würden wir nicht, wie Bleikugeln wegschleudern können, wenn wir uns von Jugend auf nur in körperlichen Künsten üben wolten? Aber wie viel edlere, sanftere Freuden, die aus der Kultur des Geistes fliessen, würden wir dann entbeh- ren müssen.
Bemerkungen.
Noch immer spürte man in Paris keinen Frühling, keinen Sommer, keine Wärme. Und wenn auch ein halber Tag schön war, so kam der Regen gleich wieder.
Schon zwei Tage litt ich nun auch die Krankheit aller Fremden, ich hatte den Durchfall, den man dem Wasser der Seine zuschreibt.
Der
Bei einem Kaufmann fand ich heute den Daſypus novemcinctus, und beſchrieb dieſes Thier noch denſelben Abend, fuͤr den Walchiſchen Naturforſcher. —
Indes ich bei dem Kaufmann war, entſtand auf der Straſſe ein Laͤrm, deſſen Gelegenheit ſelbſt dem Na- turkundigen nicht gleichguͤltig war. Ein Junge, der nicht aͤlter ſeyn konnte, als 10 bis 12. Jahr, trug eine Leiter von 15. Sproſſen, zwiſchen den Zaͤhnen ſchnur- grade in die Hoͤhe geſtellt, eine Zeitlang herum, und ba- lancirte ſie. Er nahm auch einen Stuhl, faßte ihn un- ten mit den Zaͤhnen, ſetzte oben einen andern Jungen dar- auf, und trug ihn. Er nahm ein groſſes Wagenrad, das an der Mauer ſtand, und ſo ſchwer war, daß ers kaum mit beiden Haͤnden in die Hoͤhe heben konnte, und ſtellte es etliche Minuten zwiſchen die Zaͤhne. Wie er- ſtaunend, dacht’ ich, iſt die Kraft der Muſkeln, und der Nerven in unſerm Koͤrper? Welche Berge wuͤrden wir nicht, wie Bleikugeln wegſchleudern koͤnnen, wenn wir uns von Jugend auf nur in koͤrperlichen Kuͤnſten uͤben wolten? Aber wie viel edlere, ſanftere Freuden, die aus der Kultur des Geiſtes flieſſen, wuͤrden wir dann entbeh- ren muͤſſen.
Bemerkungen.
Noch immer ſpuͤrte man in Paris keinen Fruͤhling, keinen Sommer, keine Waͤrme. Und wenn auch ein halber Tag ſchoͤn war, ſo kam der Regen gleich wieder.
Schon zwei Tage litt ich nun auch die Krankheit aller Fremden, ich hatte den Durchfall, den man dem Waſſer der Seine zuſchreibt.
Der
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Bei einem Kaufmann fand ich heute den Daſypus
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Abend, fuͤr den Walchiſchen Naturforſcher. —
Indes ich bei dem Kaufmann war, entſtand auf
der Straſſe ein Laͤrm, deſſen Gelegenheit ſelbſt dem Na-
turkundigen nicht gleichguͤltig war. Ein Junge, der
nicht aͤlter ſeyn konnte, als 10 bis 12. Jahr, trug eine
Leiter von 15. Sproſſen, zwiſchen den Zaͤhnen ſchnur-
grade in die Hoͤhe geſtellt, eine Zeitlang herum, und ba-
lancirte ſie. Er nahm auch einen Stuhl, faßte ihn un-
ten mit den Zaͤhnen, ſetzte oben einen andern Jungen dar-
auf, und trug ihn. Er nahm ein groſſes Wagenrad,
das an der Mauer ſtand, und ſo ſchwer war, daß ers
kaum mit beiden Haͤnden in die Hoͤhe heben konnte, und
ſtellte es etliche Minuten zwiſchen die Zaͤhne. Wie er-
ſtaunend, dacht’ ich, iſt die Kraft der Muſkeln, und der
Nerven in unſerm Koͤrper? Welche Berge wuͤrden wir
nicht, wie Bleikugeln wegſchleudern koͤnnen, wenn wir
uns von Jugend auf nur in koͤrperlichen Kuͤnſten uͤben
wolten? Aber wie viel edlere, ſanftere Freuden, die aus
der Kultur des Geiſtes flieſſen, wuͤrden wir dann entbeh-
ren muͤſſen.
Bemerkungen.
Noch immer ſpuͤrte man in Paris keinen Fruͤhling,
keinen Sommer, keine Waͤrme. Und wenn auch ein
halber Tag ſchoͤn war, ſo kam der Regen gleich wieder.
Schon zwei Tage litt ich nun auch die Krankheit
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/110>, abgerufen am 03.12.2024.
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