Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die vervielfältigenden Künste.
Jahre 1846 erfunden, auf der Pariser Ausstellung vom Jahre 1855
außerordentliches Aufsehen erregte und die große goldne Medaille
erhielt. Einige Verwendung in der Praxis fanden dann noch die
Setzmaschine des Amerikaners Brown, die des Engländers Hattersley,
die des Deutschen Kastenbein und die des Engländers Mackie.
Bis auf die letzte beruhen alle auf dem Klaviaturprinzip, d. h. der
Setzer drückt auf eine Taste, worauf sich in einem bestimmten Typen-
kasten eine Klappe öffnet, durch die gerade ein Buchstabe herausfallen
kann. Dieser gelangt dann durch ein System von Kanälen auf
den Winkelhaken oder das Schiff, welches sich nach Aufnahme der
Type gerade um deren Stärke fortbewegt.

Wir wollen hier nicht auf die Einzelheiten dieser Maschinen eingehen,
weil sie verschiedene naturgemäße Mängel haben, die einer Verdrängung
der Handarbeit durch jene vorläufig noch im Wege stehen. Erstens sind sie
meist nur für eine bestimmte Typenform geeignet, andernfalls zu kompliziert.
Ferner kann man nicht mit ihnen den Satz direkt korrigieren, die Reihe
umbrechen, d. h. das Ende einer Zeile verlegen, und schließlich ist es auch
noch nicht gelungen, die Maschine gleichzeitig zum Wiederauseinander-
nehmen des Satzes und richtigen Verteilen der Typen in die Kästen
einzurichten. Da die bisherigen Maschinen nur vielleicht zwei- bis
dreimal so schnell arbeiten, wie ein Setzer, so findet eine große Be-
schleunigung des Setzens nicht statt, zumal man nicht gleichzeitig so
viel Kräfte in Arbeit stellen kann, wie beim Handsatz, wodurch dieser
in eiligen Sachen dem Maschinensatz immer noch überlegen ist.

In den achtziger Jahren sind dann noch zwei erwähnenswerte
Setzmaschinen erfunden worden, eine von Brackelsberg und eine mit
Klaviatur von Fischer und v. Langen, denen manche Vorzüge nach-
gerühmt werden. Besonders gut konstruiert soll bei der letzteren die
sogenannte Ablegemaschine sein, d. h. der Teil der Maschine, der das
Auseinandernehmen des gebrauchten Satzes zu besorgen hat. Durch-
greifende Verbreitung haben aber bisher auch diese Maschinen nicht
gefunden.

Bevor wir uns nun dem Drucken selbst zuwenden, müssen wir
uns noch mit einer Art Umformung der Druckform, des Satzes be-
schäftigen, die von der allergrößten Bedeutung ist, wenn sie auch nur
in bestimmten Fällen zur Anwendung kommt, dem Stereotypieren.

4. Das Stereotypieren.

Unter Stereotypieren versteht man die Abformung des fertigen
Schriftsatzes in einem zusammenhängenden Material. Zu diesem Zwecke
ist also erst ein umgekehrter Abklatsch der Typenplatte in irgend einem
weichen Material erforderlich, der Matrize, in die später, nachdem sie
ganz fest geworden ist, leichtflüssiges Metall eingegossen wird, das
dann erstarrt ein getreues Abbild der Typenplatte giebt. Es liegt in
dieser Methode nun nicht etwa ein Rückschritt von beweglichen Typen

Die vervielfältigenden Künſte.
Jahre 1846 erfunden, auf der Pariſer Ausſtellung vom Jahre 1855
außerordentliches Aufſehen erregte und die große goldne Medaille
erhielt. Einige Verwendung in der Praxis fanden dann noch die
Setzmaſchine des Amerikaners Brown, die des Engländers Hattersley,
die des Deutſchen Kaſtenbein und die des Engländers Mackie.
Bis auf die letzte beruhen alle auf dem Klaviaturprinzip, d. h. der
Setzer drückt auf eine Taſte, worauf ſich in einem beſtimmten Typen-
kaſten eine Klappe öffnet, durch die gerade ein Buchſtabe herausfallen
kann. Dieſer gelangt dann durch ein Syſtem von Kanälen auf
den Winkelhaken oder das Schiff, welches ſich nach Aufnahme der
Type gerade um deren Stärke fortbewegt.

Wir wollen hier nicht auf die Einzelheiten dieſer Maſchinen eingehen,
weil ſie verſchiedene naturgemäße Mängel haben, die einer Verdrängung
der Handarbeit durch jene vorläufig noch im Wege ſtehen. Erſtens ſind ſie
meiſt nur für eine beſtimmte Typenform geeignet, andernfalls zu kompliziert.
Ferner kann man nicht mit ihnen den Satz direkt korrigieren, die Reihe
umbrechen, d. h. das Ende einer Zeile verlegen, und ſchließlich iſt es auch
noch nicht gelungen, die Maſchine gleichzeitig zum Wiederauseinander-
nehmen des Satzes und richtigen Verteilen der Typen in die Käſten
einzurichten. Da die bisherigen Maſchinen nur vielleicht zwei- bis
dreimal ſo ſchnell arbeiten, wie ein Setzer, ſo findet eine große Be-
ſchleunigung des Setzens nicht ſtatt, zumal man nicht gleichzeitig ſo
viel Kräfte in Arbeit ſtellen kann, wie beim Handſatz, wodurch dieſer
in eiligen Sachen dem Maſchinenſatz immer noch überlegen iſt.

In den achtziger Jahren ſind dann noch zwei erwähnenswerte
Setzmaſchinen erfunden worden, eine von Brackelsberg und eine mit
Klaviatur von Fiſcher und v. Langen, denen manche Vorzüge nach-
gerühmt werden. Beſonders gut konſtruiert ſoll bei der letzteren die
ſogenannte Ablegemaſchine ſein, d. h. der Teil der Maſchine, der das
Auseinandernehmen des gebrauchten Satzes zu beſorgen hat. Durch-
greifende Verbreitung haben aber bisher auch dieſe Maſchinen nicht
gefunden.

Bevor wir uns nun dem Drucken ſelbſt zuwenden, müſſen wir
uns noch mit einer Art Umformung der Druckform, des Satzes be-
ſchäftigen, die von der allergrößten Bedeutung iſt, wenn ſie auch nur
in beſtimmten Fällen zur Anwendung kommt, dem Stereotypieren.

4. Das Stereotypieren.

Unter Stereotypieren verſteht man die Abformung des fertigen
Schriftſatzes in einem zuſammenhängenden Material. Zu dieſem Zwecke
iſt alſo erſt ein umgekehrter Abklatſch der Typenplatte in irgend einem
weichen Material erforderlich, der Matrize, in die ſpäter, nachdem ſie
ganz feſt geworden iſt, leichtflüſſiges Metall eingegoſſen wird, das
dann erſtarrt ein getreues Abbild der Typenplatte giebt. Es liegt in
dieſer Methode nun nicht etwa ein Rückſchritt von beweglichen Typen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0974" n="956"/><fw place="top" type="header">Die vervielfältigenden Kün&#x017F;te.</fw><lb/>
Jahre 1846 erfunden, auf der Pari&#x017F;er Aus&#x017F;tellung vom Jahre 1855<lb/>
außerordentliches Auf&#x017F;ehen erregte und die große goldne Medaille<lb/>
erhielt. Einige Verwendung in der Praxis fanden dann noch die<lb/>
Setzma&#x017F;chine des Amerikaners Brown, die des Engländers Hattersley,<lb/>
die des Deut&#x017F;chen Ka&#x017F;tenbein und die des Engländers Mackie.<lb/>
Bis auf die letzte beruhen alle auf dem Klaviaturprinzip, d. h. der<lb/>
Setzer drückt auf eine Ta&#x017F;te, worauf &#x017F;ich in einem be&#x017F;timmten Typen-<lb/>
ka&#x017F;ten eine Klappe öffnet, durch die gerade ein Buch&#x017F;tabe herausfallen<lb/>
kann. Die&#x017F;er gelangt dann durch ein Sy&#x017F;tem von Kanälen auf<lb/>
den Winkelhaken oder das Schiff, welches &#x017F;ich nach Aufnahme der<lb/>
Type gerade um deren Stärke fortbewegt.</p><lb/>
              <p>Wir wollen hier nicht auf die Einzelheiten die&#x017F;er Ma&#x017F;chinen eingehen,<lb/>
weil &#x017F;ie ver&#x017F;chiedene naturgemäße Mängel haben, die einer Verdrängung<lb/>
der Handarbeit durch jene vorläufig noch im Wege &#x017F;tehen. Er&#x017F;tens &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
mei&#x017F;t nur für eine be&#x017F;timmte Typenform geeignet, andernfalls zu kompliziert.<lb/>
Ferner kann man nicht mit ihnen den Satz direkt korrigieren, die Reihe<lb/>
umbrechen, d. h. das Ende einer Zeile verlegen, und &#x017F;chließlich i&#x017F;t es auch<lb/>
noch nicht gelungen, die Ma&#x017F;chine gleichzeitig zum Wiederauseinander-<lb/>
nehmen des Satzes und richtigen Verteilen der Typen in die Kä&#x017F;ten<lb/>
einzurichten. Da die bisherigen Ma&#x017F;chinen nur vielleicht zwei- bis<lb/>
dreimal &#x017F;o &#x017F;chnell arbeiten, wie ein Setzer, &#x017F;o findet eine große Be-<lb/>
&#x017F;chleunigung des Setzens nicht &#x017F;tatt, zumal man nicht gleichzeitig &#x017F;o<lb/>
viel Kräfte in Arbeit &#x017F;tellen kann, wie beim Hand&#x017F;atz, wodurch die&#x017F;er<lb/>
in eiligen Sachen dem Ma&#x017F;chinen&#x017F;atz immer noch überlegen i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>In den achtziger Jahren &#x017F;ind dann noch zwei erwähnenswerte<lb/>
Setzma&#x017F;chinen erfunden worden, eine von Brackelsberg und eine mit<lb/>
Klaviatur von Fi&#x017F;cher und v. Langen, denen manche Vorzüge nach-<lb/>
gerühmt werden. Be&#x017F;onders gut kon&#x017F;truiert &#x017F;oll bei der letzteren die<lb/>
&#x017F;ogenannte Ablegema&#x017F;chine &#x017F;ein, d. h. der Teil der Ma&#x017F;chine, der das<lb/>
Auseinandernehmen des gebrauchten Satzes zu be&#x017F;orgen hat. Durch-<lb/>
greifende Verbreitung haben aber bisher auch die&#x017F;e Ma&#x017F;chinen nicht<lb/>
gefunden.</p><lb/>
              <p>Bevor wir uns nun dem Drucken &#x017F;elb&#x017F;t zuwenden, mü&#x017F;&#x017F;en wir<lb/>
uns noch mit einer Art Umformung der Druckform, des Satzes be-<lb/>
&#x017F;chäftigen, die von der allergrößten Bedeutung i&#x017F;t, wenn &#x017F;ie auch nur<lb/>
in be&#x017F;timmten Fällen zur Anwendung kommt, dem Stereotypieren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">4. Das Stereotypieren.</hi> </head><lb/>
              <p>Unter Stereotypieren ver&#x017F;teht man die Abformung des fertigen<lb/>
Schrift&#x017F;atzes in einem zu&#x017F;ammenhängenden Material. Zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
i&#x017F;t al&#x017F;o er&#x017F;t ein umgekehrter Abklat&#x017F;ch der Typenplatte in irgend einem<lb/>
weichen Material erforderlich, der Matrize, in die &#x017F;päter, nachdem &#x017F;ie<lb/>
ganz fe&#x017F;t geworden i&#x017F;t, leichtflü&#x017F;&#x017F;iges Metall eingego&#x017F;&#x017F;en wird, das<lb/>
dann er&#x017F;tarrt ein getreues Abbild der Typenplatte giebt. Es liegt in<lb/>
die&#x017F;er Methode nun nicht etwa ein Rück&#x017F;chritt von beweglichen Typen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[956/0974] Die vervielfältigenden Künſte. Jahre 1846 erfunden, auf der Pariſer Ausſtellung vom Jahre 1855 außerordentliches Aufſehen erregte und die große goldne Medaille erhielt. Einige Verwendung in der Praxis fanden dann noch die Setzmaſchine des Amerikaners Brown, die des Engländers Hattersley, die des Deutſchen Kaſtenbein und die des Engländers Mackie. Bis auf die letzte beruhen alle auf dem Klaviaturprinzip, d. h. der Setzer drückt auf eine Taſte, worauf ſich in einem beſtimmten Typen- kaſten eine Klappe öffnet, durch die gerade ein Buchſtabe herausfallen kann. Dieſer gelangt dann durch ein Syſtem von Kanälen auf den Winkelhaken oder das Schiff, welches ſich nach Aufnahme der Type gerade um deren Stärke fortbewegt. Wir wollen hier nicht auf die Einzelheiten dieſer Maſchinen eingehen, weil ſie verſchiedene naturgemäße Mängel haben, die einer Verdrängung der Handarbeit durch jene vorläufig noch im Wege ſtehen. Erſtens ſind ſie meiſt nur für eine beſtimmte Typenform geeignet, andernfalls zu kompliziert. Ferner kann man nicht mit ihnen den Satz direkt korrigieren, die Reihe umbrechen, d. h. das Ende einer Zeile verlegen, und ſchließlich iſt es auch noch nicht gelungen, die Maſchine gleichzeitig zum Wiederauseinander- nehmen des Satzes und richtigen Verteilen der Typen in die Käſten einzurichten. Da die bisherigen Maſchinen nur vielleicht zwei- bis dreimal ſo ſchnell arbeiten, wie ein Setzer, ſo findet eine große Be- ſchleunigung des Setzens nicht ſtatt, zumal man nicht gleichzeitig ſo viel Kräfte in Arbeit ſtellen kann, wie beim Handſatz, wodurch dieſer in eiligen Sachen dem Maſchinenſatz immer noch überlegen iſt. In den achtziger Jahren ſind dann noch zwei erwähnenswerte Setzmaſchinen erfunden worden, eine von Brackelsberg und eine mit Klaviatur von Fiſcher und v. Langen, denen manche Vorzüge nach- gerühmt werden. Beſonders gut konſtruiert ſoll bei der letzteren die ſogenannte Ablegemaſchine ſein, d. h. der Teil der Maſchine, der das Auseinandernehmen des gebrauchten Satzes zu beſorgen hat. Durch- greifende Verbreitung haben aber bisher auch dieſe Maſchinen nicht gefunden. Bevor wir uns nun dem Drucken ſelbſt zuwenden, müſſen wir uns noch mit einer Art Umformung der Druckform, des Satzes be- ſchäftigen, die von der allergrößten Bedeutung iſt, wenn ſie auch nur in beſtimmten Fällen zur Anwendung kommt, dem Stereotypieren. 4. Das Stereotypieren. Unter Stereotypieren verſteht man die Abformung des fertigen Schriftſatzes in einem zuſammenhängenden Material. Zu dieſem Zwecke iſt alſo erſt ein umgekehrter Abklatſch der Typenplatte in irgend einem weichen Material erforderlich, der Matrize, in die ſpäter, nachdem ſie ganz feſt geworden iſt, leichtflüſſiges Metall eingegoſſen wird, das dann erſtarrt ein getreues Abbild der Typenplatte giebt. Es liegt in dieſer Methode nun nicht etwa ein Rückſchritt von beweglichen Typen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/974
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 956. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/974>, abgerufen am 21.11.2024.