Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

ten herrscht, sind sie fast gaenzlich unbe-
kannt.

Ein sehr würdiger Geistlicher, der un-
ter den Gemeinen, die ihm anvertrauet wa-
ren, immer als Vater wandelte, und sich
durch seine Offenheit und Rechtschaffenheit
ein wirklich kindliches Zutrauen zu erwer-
ben wusste, theilt mir davon folgende Erfah-
rung mit:

Auf dem Lande, wo ich über dreyzehn
Jahre gewesen, habe ich keine Entdeckung
bey Kindein davon gemacht, auch von Eltern
nie gehört, dass sie wegen ihrer Kinder dafür
besorgt gewesen. Ich glaube, dass auf den
Dörfern dieses Laster ausserordentlich selten
ist. Die Haerte, mit welcher die Kinder er-
zogen werden, ihre sehr magere Speisen, auch
die Arbeiten, wozu sie auch schon in Schul-
jahren angehalten werden, auch der übrige
Mangel an Reizen und Verführungen, ver-
wahrt sie dafür. Aber statt dessen habe ich
bey verehelichten Personen oft sehr traurige
Gelegenheiten gehabt Vorstellungen zu thun.
Bey dem Zanken der Eheleute machte oft die

Frau

ten herrſcht, ſind ſie faſt gænzlich unbe-
kannt.

Ein ſehr würdiger Geiſtlicher, der un-
ter den Gemeinen, die ihm anvertrauet wa-
ren, immer als Vater wandelte, und ſich
durch ſeine Offenheit und Rechtſchaffenheit
ein wirklich kindliches Zutrauen zu erwer-
ben wuſste, theilt mir davon folgende Erfah-
rung mit:

Auf dem Lande, wo ich über dreyzehn
Jahre geweſen, habe ich keine Entdeckung
bey Kindein davon gemacht, auch von Eltern
nie gehört, daſs ſie wegen ihrer Kinder dafür
beſorgt geweſen. Ich glaube, daſs auf den
Dörfern dieſes Laſter auſſerordentlich ſelten
iſt. Die Hærte, mit welcher die Kinder er-
zogen werden, ihre ſehr magere Speiſen, auch
die Arbeiten, wozu ſie auch ſchon in Schul-
jahren angehalten werden, auch der übrige
Mangel an Reizen und Verführungen, ver-
wahrt ſie dafür. Aber ſtatt deſſen habe ich
bey verehelichten Perſonen oft ſehr traurige
Gelegenheiten gehabt Vorſtellungen zu thun.
Bey dem Zanken der Eheleute machte oft die

Frau
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0101" n="91"/>
ten herr&#x017F;cht, &#x017F;ind &#x017F;ie fa&#x017F;t gænzlich unbe-<lb/>
kannt.</p><lb/>
          <p>Ein &#x017F;ehr würdiger Gei&#x017F;tlicher, der un-<lb/>
ter den Gemeinen, die ihm anvertrauet wa-<lb/>
ren, immer als Vater wandelte, und &#x017F;ich<lb/>
durch &#x017F;eine Offenheit und Recht&#x017F;chaffenheit<lb/>
ein wirklich kindliches Zutrauen zu erwer-<lb/>
ben wu&#x017F;ste, theilt mir davon folgende Erfah-<lb/>
rung mit:</p><lb/>
          <p>Auf dem Lande, wo ich über dreyzehn<lb/>
Jahre gewe&#x017F;en, habe ich keine Entdeckung<lb/>
bey Kindein davon gemacht, auch von Eltern<lb/>
nie gehört, da&#x017F;s &#x017F;ie wegen ihrer Kinder dafür<lb/>
be&#x017F;orgt gewe&#x017F;en. Ich glaube, da&#x017F;s auf den<lb/>
Dörfern die&#x017F;es La&#x017F;ter au&#x017F;&#x017F;erordentlich &#x017F;elten<lb/>
i&#x017F;t. Die Hærte, mit welcher die Kinder er-<lb/>
zogen werden, ihre &#x017F;ehr magere Spei&#x017F;en, auch<lb/>
die Arbeiten, wozu &#x017F;ie auch &#x017F;chon in Schul-<lb/>
jahren angehalten werden, auch der übrige<lb/>
Mangel an Reizen und Verführungen, ver-<lb/>
wahrt &#x017F;ie dafür. Aber &#x017F;tatt de&#x017F;&#x017F;en habe ich<lb/>
bey verehelichten Per&#x017F;onen oft &#x017F;ehr traurige<lb/>
Gelegenheiten gehabt Vor&#x017F;tellungen zu thun.<lb/>
Bey dem Zanken der Eheleute machte oft die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Frau</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0101] ten herrſcht, ſind ſie faſt gænzlich unbe- kannt. Ein ſehr würdiger Geiſtlicher, der un- ter den Gemeinen, die ihm anvertrauet wa- ren, immer als Vater wandelte, und ſich durch ſeine Offenheit und Rechtſchaffenheit ein wirklich kindliches Zutrauen zu erwer- ben wuſste, theilt mir davon folgende Erfah- rung mit: Auf dem Lande, wo ich über dreyzehn Jahre geweſen, habe ich keine Entdeckung bey Kindein davon gemacht, auch von Eltern nie gehört, daſs ſie wegen ihrer Kinder dafür beſorgt geweſen. Ich glaube, daſs auf den Dörfern dieſes Laſter auſſerordentlich ſelten iſt. Die Hærte, mit welcher die Kinder er- zogen werden, ihre ſehr magere Speiſen, auch die Arbeiten, wozu ſie auch ſchon in Schul- jahren angehalten werden, auch der übrige Mangel an Reizen und Verführungen, ver- wahrt ſie dafür. Aber ſtatt deſſen habe ich bey verehelichten Perſonen oft ſehr traurige Gelegenheiten gehabt Vorſtellungen zu thun. Bey dem Zanken der Eheleute machte oft die Frau

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/101
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/101>, abgerufen am 26.04.2024.