Wer die Regel hat und kennt, wird auch die Abweichung von der Regel, den Fehler wenigst be- urtheilen können, und nach und nach auch meiden lernen. Da diese Fehler an einem andern Ort aufrich- tig genug angegeben sind (Pastoralth. II. B. S. 18-25): so will ich sie hier nicht wiederholen. Nur bitten will ich noch meine jüngern Leser, um der Wahr- heit willen, für die Jesus starb, nie ein unnützes Ge- mächte des Verstandes, nie ein eitel Spielwerk des Witzes, nie ein Süssgeschwätz von Modetugend auf die Stätte zu bringen, von der nur Wort Gottes durch Menschen an Menschen kommen soll.
VII.
Wenn der Prediger bey seinem Vortrage die Natur der Sache, den Zweck des Evange- liums und Predigtamtes, die Fähigkeit seiner Zuhörer, die Umstände des Orts, der Zeit etc. und seine eigne Person zu Rathe ziehen soll (III); so wird es wohl ein schädlicher Fehler seyn, entweder seine eigne Eitelkeit, die nur glänzen will, entscheiden lassen, was man sagen solle; oder die Eitelkeit einiger Zuhörer, die durch einen akademischen Discours prononce avec mille graces unterhalten seyn wollen: oder die literä- rischen Vorurtheile anderer, die gewissen Wahr-
heiten
Wer die Regel hat und kennt, wird auch die Abweichung von der Regel, den Fehler wenigſt be- urtheilen können, und nach und nach auch meiden lernen. Da dieſe Fehler an einem andern Ort aufrich- tig genug angegeben ſind (Paſtoralth. II. B. S. 18-25): ſo will ich ſie hier nicht wiederholen. Nur bitten will ich noch meine jüngern Leſer, um der Wahr- heit willen, für die Jeſus ſtarb, nie ein unnützes Ge- mächte des Verſtandes, nie ein eitel Spielwerk des Witzes, nie ein Süſsgeſchwätz von Modetugend auf die Stätte zu bringen, von der nur Wort Gottes durch Menſchen an Menſchen kommen ſoll.
VII.
Wenn der Prediger bey ſeinem Vortrage die Natur der Sache, den Zweck des Evange- liums und Predigtamtes, die Fähigkeit ſeiner Zuhörer, die Umſtände des Orts, der Zeit etc. und ſeine eigne Perſon zu Rathe ziehen ſoll (III); ſo wird es wohl ein ſchädlicher Fehler ſeyn, entweder ſeine eigne Eitelkeit, die nur glänzen will, entſcheiden laſſen, was man ſagen ſolle; oder die Eitelkeit einiger Zuhörer, die durch einen akademiſchen Discours prononcè avec mille graces unterhalten ſeyn wollen: oder die literä- riſchen Vorurtheile anderer, die gewiſſen Wahr-
heiten
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Wer die Regel hat und kennt, wird auch die
Abweichung von der Regel, den Fehler wenigſt be-
urtheilen können, und nach und nach auch meiden
lernen. Da dieſe Fehler an einem andern Ort aufrich-
tig genug angegeben ſind (Paſtoralth. II. B. S. 18-25):
ſo will ich ſie hier nicht wiederholen. Nur bitten
will ich noch meine jüngern Leſer, um der Wahr-
heit willen, für die Jeſus ſtarb, nie ein unnützes Ge-
mächte des Verſtandes, nie ein eitel Spielwerk des
Witzes, nie ein Süſsgeſchwätz von Modetugend auf
die Stätte zu bringen, von der nur Wort Gottes
durch Menſchen an Menſchen kommen ſoll.
VII.
Wenn der Prediger bey ſeinem Vortrage
die Natur der Sache, den Zweck des Evange-
liums und Predigtamtes, die Fähigkeit ſeiner
Zuhörer, die Umſtände des Orts, der Zeit etc.
und ſeine eigne Perſon zu Rathe ziehen ſoll (III);
ſo wird es wohl ein ſchädlicher Fehler ſeyn,
entweder ſeine eigne Eitelkeit, die nur glänzen
will, entſcheiden laſſen, was man ſagen ſolle;
oder die Eitelkeit einiger Zuhörer, die durch
einen akademiſchen Discours prononcè avec mille
graces unterhalten ſeyn wollen: oder die literä-
riſchen Vorurtheile anderer, die gewiſſen Wahr-
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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/124>, abgerufen am 03.03.2025.
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