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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Die deutschen und niederländischen Botaniker
niger, Veratrum album, Polygonatum u. s. w. folgen. Aehn-
lich geht es natürlich auch in den übrigen Abschnitten, obgleich
im allgemeinen die Arten einer Gattung beisammenstehen, sogar
die Gattungen einer Familie oft genug einander folgen; in all-
dem aber ist kein rechter Halt, da immer wieder andere Rück-
sichten das Gefühl für die natürliche Verwandtschaft stören. Die
Einzelbeschreibungen des Clusius werden allgemein gerühmt
und sie verdienen es wegen ihrer Ausführlichkeit und der Beach-
tung der Blüthenbildung, doch wendet auch er wie Lobelius
und Dodonaeus die ausführlichste Beschreibung den Blättern zu.

Bei Lobelius1) tritt, wie schon erwähnt, zum ersten
Male das Gefühl für die natürliche Verwandtschaft mit solcher
Entschiedenheit hervor, daß dadurch alle anderen Rücksichten über-
wogen, wenn auch nicht ganz beseitigt werden. Hierüber gibt
uns zunächst die Vorrede zu seinem Stirpium adversaria nova
1576 Auskunft, wo es wörtlich heißt: proinde adversariorum
voce novas veteribus additas plantas et novum ordinem
quadantenus innuimus. Qui ordo utique sibi similis et
unus progreditur ducitque assensui propinquioribus et
magis familiaribus ad ignotiora et compositiora, modumque
sive progressum similitudinis sequitur et familiaritatis,
quo et universim et particulatim, quantum licuit per
rerum varietatem et vastitatem, sibi responderet. Sic enim
ordine, quo nihil pulchrius in caelo aut in sapientis animo,
quae longe lateque disparata sunt, unum quasi fiunt,
magno verborum memoriae et cognitionis compendio, ut
Aristoteli et Theophrasto placet.

Es geht daraus nun freilich nicht hervor, daß Lobelius
ein natürliches Pflanzensystem wirklich zu Stande gebracht habe,
aber noch mehr als in den Adversarien zeigt sich in seinen Ob-

1) Mathias Lobelius (de l'Obel) des Dodonaeus und Clusius
Freund
und Landsmann, wurde zu Lille 1538 geboren, starb 1616
in England, wo er von Jacob I. den Titel eines Botonographen er-
halten hatte. Auch über ihn berichtet Meyer ausführlich.

Die deutſchen und niederländiſchen Botaniker
niger, Veratrum album, Polygonatum u. ſ. w. folgen. Aehn-
lich geht es natürlich auch in den übrigen Abſchnitten, obgleich
im allgemeinen die Arten einer Gattung beiſammenſtehen, ſogar
die Gattungen einer Familie oft genug einander folgen; in all-
dem aber iſt kein rechter Halt, da immer wieder andere Rück-
ſichten das Gefühl für die natürliche Verwandtſchaft ſtören. Die
Einzelbeſchreibungen des Cluſius werden allgemein gerühmt
und ſie verdienen es wegen ihrer Ausführlichkeit und der Beach-
tung der Blüthenbildung, doch wendet auch er wie Lobelius
und Dodonaeus die ausführlichſte Beſchreibung den Blättern zu.

Bei Lobelius1) tritt, wie ſchon erwähnt, zum erſten
Male das Gefühl für die natürliche Verwandtſchaft mit ſolcher
Entſchiedenheit hervor, daß dadurch alle anderen Rückſichten über-
wogen, wenn auch nicht ganz beſeitigt werden. Hierüber gibt
uns zunächſt die Vorrede zu ſeinem Stirpium adversaria nova
1576 Auskunft, wo es wörtlich heißt: proinde adversariorum
voce novas veteribus additas plantas et novum ordinem
quadantenus innuimus. Qui ordo utique sibi similis et
unus progreditur ducitque assensui propinquioribus et
magis familiaribus ad ignotiora et compositiora, modumque
sive progressum similitudinis sequitur et familiaritatis,
quo et universim et particulatim, quantum licuit per
rerum varietatem et vastitatem, sibi responderet. Sic enim
ordine, quo nihil pulchrius in caelo aut in sapientis animo,
quae longe lateque disparata sunt, unum quasi fiunt,
magno verborum memoriae et cognitionis compendio, ut
Aristoteli et Theophrasto placet.

Es geht daraus nun freilich nicht hervor, daß Lobelius
ein natürliches Pflanzenſyſtem wirklich zu Stande gebracht habe,
aber noch mehr als in den Adverſarien zeigt ſich in ſeinen Ob-

1) Mathias Lobelius (de l'Obel) des Dodonaeus und Cluſius
Freund
und Landsmann, wurde zu Lille 1538 geboren, ſtarb 1616
in England, wo er von Jacob I. den Titel eines Botonographen er-
halten hatte. Auch über ihn berichtet Meyer ausführlich.
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[34/0046] Die deutſchen und niederländiſchen Botaniker niger, Veratrum album, Polygonatum u. ſ. w. folgen. Aehn- lich geht es natürlich auch in den übrigen Abſchnitten, obgleich im allgemeinen die Arten einer Gattung beiſammenſtehen, ſogar die Gattungen einer Familie oft genug einander folgen; in all- dem aber iſt kein rechter Halt, da immer wieder andere Rück- ſichten das Gefühl für die natürliche Verwandtſchaft ſtören. Die Einzelbeſchreibungen des Cluſius werden allgemein gerühmt und ſie verdienen es wegen ihrer Ausführlichkeit und der Beach- tung der Blüthenbildung, doch wendet auch er wie Lobelius und Dodonaeus die ausführlichſte Beſchreibung den Blättern zu. Bei Lobelius 1) tritt, wie ſchon erwähnt, zum erſten Male das Gefühl für die natürliche Verwandtſchaft mit ſolcher Entſchiedenheit hervor, daß dadurch alle anderen Rückſichten über- wogen, wenn auch nicht ganz beſeitigt werden. Hierüber gibt uns zunächſt die Vorrede zu ſeinem Stirpium adversaria nova 1576 Auskunft, wo es wörtlich heißt: proinde adversariorum voce novas veteribus additas plantas et novum ordinem quadantenus innuimus. Qui ordo utique sibi similis et unus progreditur ducitque assensui propinquioribus et magis familiaribus ad ignotiora et compositiora, modumque sive progressum similitudinis sequitur et familiaritatis, quo et universim et particulatim, quantum licuit per rerum varietatem et vastitatem, sibi responderet. Sic enim ordine, quo nihil pulchrius in caelo aut in sapientis animo, quae longe lateque disparata sunt, unum quasi fiunt, magno verborum memoriae et cognitionis compendio, ut Aristoteli et Theophrasto placet. Es geht daraus nun freilich nicht hervor, daß Lobelius ein natürliches Pflanzenſyſtem wirklich zu Stande gebracht habe, aber noch mehr als in den Adverſarien zeigt ſich in ſeinen Ob- 1) Mathias Lobelius (de l'Obel) des Dodonaeus und Cluſius Freund und Landsmann, wurde zu Lille 1538 geboren, ſtarb 1616 in England, wo er von Jacob I. den Titel eines Botonographen er- halten hatte. Auch über ihn berichtet Meyer ausführlich.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/46>, abgerufen am 26.04.2024.