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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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lerischen Ausführung im Ganzen zwanzig Monate, so muß,
wenn es mit der letzten Angabe seine Richtigkeit hat, diese
Arbeit in die Jahre 1511 bis 1513 einfallen.

Diese Bestimmung trifft auch mit den Beispielen über-
ein, durch welche Vasari die Einwirkung der Sixtina auf Ra-
phaels
malerische Entwickelung überzeugender zu machen sucht:
den Sibyllen der Kirche la Pace, dem Isaias der Kirche S.
Agostino *). Denn schwerlich wurden diese Werke, deren
Zeit ungewiß, schon unter Julius II. gemalt, da sie mit den
Stanzen wenig Uebereinstimmung zeigen, da es auch nicht
wahrscheinlich ist, daß Julius II. gestattet haben würde, die
Arbeit in den Zimmern des Vaticans durch andere, umfas-
sende Werke zu unterbrechen. Der Isaias möchte freylich,
wegen technischer Verwandtschaft zum Heliodor, gleich nach
diesem unter dem Regierungswechsel gemalt seyn, welcher den
Künstlern einige Muße gewähren mußte. Indeß ist diese Fi-
gur in dem Maaße Raphaels flachste Production, daß man
stets geneigt seyn wird, sie für eine seiner spätesten Arbeiten
zu halten. Ueberhaupt scheint der Versuch, mit dem Michel-
angelo
in die Schranken zu treten, erst in die letzten Lebens-
jahre Raphaels einzufallen. Denn ein drittes Beyspiel des

nuovo si messe Michelangelo -- Di che egli alla sepoltura ritornato
-- volse la fortuna invidiosa, che di tal memeria non si lasciasse
quel fine -- perche successe in quel tempo la morte di Papa Giulio
etc."
-- Wir sehn hieraus, daß Vasari von der Beendigung der sixti-
nischen Kappelle bis zum Tode Julius II. (1513) nichts anzuführen
wußte, als einige Vorbereitungen zur Fortsetzung des früher begonnenen
Grabmals dess. Pabstes. Da Michelangelo die erste Ausgabe der Lebens-
beschreibung des Vasari noch erlebt hat, so dürfen wir annehmen, daß
Vasari in diesem Leben aus der ersten Quelle geschöpft.
*) Vas . ed. P. cc. p. 73. 86. und 731.

leriſchen Ausfuͤhrung im Ganzen zwanzig Monate, ſo muß,
wenn es mit der letzten Angabe ſeine Richtigkeit hat, dieſe
Arbeit in die Jahre 1511 bis 1513 einfallen.

Dieſe Beſtimmung trifft auch mit den Beiſpielen uͤber-
ein, durch welche Vaſari die Einwirkung der Sixtina auf Ra-
phaels
maleriſche Entwickelung uͤberzeugender zu machen ſucht:
den Sibyllen der Kirche la Pace, dem Iſaïas der Kirche S.
Agoſtino *). Denn ſchwerlich wurden dieſe Werke, deren
Zeit ungewiß, ſchon unter Julius II. gemalt, da ſie mit den
Stanzen wenig Uebereinſtimmung zeigen, da es auch nicht
wahrſcheinlich iſt, daß Julius II. geſtattet haben wuͤrde, die
Arbeit in den Zimmern des Vaticans durch andere, umfaſ-
ſende Werke zu unterbrechen. Der Iſaïas moͤchte freylich,
wegen techniſcher Verwandtſchaft zum Heliodor, gleich nach
dieſem unter dem Regierungswechſel gemalt ſeyn, welcher den
Kuͤnſtlern einige Muße gewaͤhren mußte. Indeß iſt dieſe Fi-
gur in dem Maaße Raphaels flachſte Production, daß man
ſtets geneigt ſeyn wird, ſie fuͤr eine ſeiner ſpaͤteſten Arbeiten
zu halten. Ueberhaupt ſcheint der Verſuch, mit dem Michel-
angelo
in die Schranken zu treten, erſt in die letzten Lebens-
jahre Raphaels einzufallen. Denn ein drittes Beyſpiel des

nuovo si messe Michelangelo — Di che egli alla sepoltura ritornato
— volse la fortuna invidiosa, che di tal memeria non si lasciasse
quel fine — perche successe in quel tempo la morte di Papa Giulio
etc.“
— Wir ſehn hieraus, daß Vaſari von der Beendigung der ſixti-
niſchen Kappelle bis zum Tode Julius II. (1513) nichts anzuführen
wußte, als einige Vorbereitungen zur Fortſetzung des früher begonnenen
Grabmals deſſ. Pabſtes. Da Michelangelo die erſte Ausgabe der Lebens-
beſchreibung des Vaſari noch erlebt hat, ſo dürfen wir annehmen, daß
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*) Vas . ed. P. cc. p. 73. 86. und 731.
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[94/0116] leriſchen Ausfuͤhrung im Ganzen zwanzig Monate, ſo muß, wenn es mit der letzten Angabe ſeine Richtigkeit hat, dieſe Arbeit in die Jahre 1511 bis 1513 einfallen. Dieſe Beſtimmung trifft auch mit den Beiſpielen uͤber- ein, durch welche Vaſari die Einwirkung der Sixtina auf Ra- phaels maleriſche Entwickelung uͤberzeugender zu machen ſucht: den Sibyllen der Kirche la Pace, dem Iſaïas der Kirche S. Agoſtino *). Denn ſchwerlich wurden dieſe Werke, deren Zeit ungewiß, ſchon unter Julius II. gemalt, da ſie mit den Stanzen wenig Uebereinſtimmung zeigen, da es auch nicht wahrſcheinlich iſt, daß Julius II. geſtattet haben wuͤrde, die Arbeit in den Zimmern des Vaticans durch andere, umfaſ- ſende Werke zu unterbrechen. Der Iſaïas moͤchte freylich, wegen techniſcher Verwandtſchaft zum Heliodor, gleich nach dieſem unter dem Regierungswechſel gemalt ſeyn, welcher den Kuͤnſtlern einige Muße gewaͤhren mußte. Indeß iſt dieſe Fi- gur in dem Maaße Raphaels flachſte Production, daß man ſtets geneigt ſeyn wird, ſie fuͤr eine ſeiner ſpaͤteſten Arbeiten zu halten. Ueberhaupt ſcheint der Verſuch, mit dem Michel- angelo in die Schranken zu treten, erſt in die letzten Lebens- jahre Raphaels einzufallen. Denn ein drittes Beyſpiel des **) *) Vas . ed. P. cc. p. 73. 86. und 731. **) nuovo si messe Michelangelo — Di che egli alla sepoltura ritornato — volse la fortuna invidiosa, che di tal memeria non si lasciasse quel fine — perche successe in quel tempo la morte di Papa Giulio etc.“ — Wir ſehn hieraus, daß Vaſari von der Beendigung der ſixti- niſchen Kappelle bis zum Tode Julius II. (1513) nichts anzuführen wußte, als einige Vorbereitungen zur Fortſetzung des früher begonnenen Grabmals deſſ. Pabſtes. Da Michelangelo die erſte Ausgabe der Lebens- beſchreibung des Vaſari noch erlebt hat, ſo dürfen wir annehmen, daß Vaſari in dieſem Leben aus der erſten Quelle geſchöpft.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/116>, abgerufen am 26.04.2024.