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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

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Wie du im engern Kreis dich deines Bildes freuest,
Wenn du des Tagebuchs erloschne Schrift erneuest,
Wenn dein rückahnender Gedanke glücklich knüpft
Den Faden, wo er dir vor Jahren ist entschlüpft.

109.
Mein Freund, laß uns nur nicht so schnell bei Seite schieben
Die alten Dichter, weils die neuern höher trieben.
Gar mancher, den man jetzt so vornehm überguckt,
Die Achsel mitleidsvoll bei seinem Namen zuckt,
Ist, wenn du bringst die Zeit in Anschlag, gar nicht schlecht,
Und, wenn du absiehst von der Zeit, nicht minder echt
Als mancher, der da nun so hoch die Saiten stimmt,
Weil er so leicht wie Kork auf Beifallswogen schwimmt;
Und kann sogar noch jetzt gefallen, wie wol kaum
Wird jener können, wann zergangen einst der Schaum.
Hier ist nichts was entzückt, doch auch nichts was verletzt,
Und, wenn du mäßig bist, genug was dich ergetzt.

Wie du im engern Kreis dich deines Bildes freueſt,
Wenn du des Tagebuchs erloſchne Schrift erneueſt,
Wenn dein ruͤckahnender Gedanke gluͤcklich knuͤpft
Den Faden, wo er dir vor Jahren iſt entſchluͤpft.

109.
Mein Freund, laß uns nur nicht ſo ſchnell bei Seite ſchieben
Die alten Dichter, weils die neuern hoͤher trieben.
Gar mancher, den man jetzt ſo vornehm uͤberguckt,
Die Achſel mitleidsvoll bei ſeinem Namen zuckt,
Iſt, wenn du bringſt die Zeit in Anſchlag, gar nicht ſchlecht,
Und, wenn du abſiehſt von der Zeit, nicht minder echt
Als mancher, der da nun ſo hoch die Saiten ſtimmt,
Weil er ſo leicht wie Kork auf Beifallswogen ſchwimmt;
Und kann ſogar noch jetzt gefallen, wie wol kaum
Wird jener koͤnnen, wann zergangen einſt der Schaum.
Hier iſt nichts was entzuͤckt, doch auch nichts was verletzt,
Und, wenn du maͤßig biſt, genug was dich ergetzt.

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[332/0342] Wie du im engern Kreis dich deines Bildes freueſt, Wenn du des Tagebuchs erloſchne Schrift erneueſt, Wenn dein ruͤckahnender Gedanke gluͤcklich knuͤpft Den Faden, wo er dir vor Jahren iſt entſchluͤpft. 109. Mein Freund, laß uns nur nicht ſo ſchnell bei Seite ſchieben Die alten Dichter, weils die neuern hoͤher trieben. Gar mancher, den man jetzt ſo vornehm uͤberguckt, Die Achſel mitleidsvoll bei ſeinem Namen zuckt, Iſt, wenn du bringſt die Zeit in Anſchlag, gar nicht ſchlecht, Und, wenn du abſiehſt von der Zeit, nicht minder echt Als mancher, der da nun ſo hoch die Saiten ſtimmt, Weil er ſo leicht wie Kork auf Beifallswogen ſchwimmt; Und kann ſogar noch jetzt gefallen, wie wol kaum Wird jener koͤnnen, wann zergangen einſt der Schaum. Hier iſt nichts was entzuͤckt, doch auch nichts was verletzt, Und, wenn du maͤßig biſt, genug was dich ergetzt.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/342>, abgerufen am 30.12.2024.