Das eine war: Der Mai, der Mai ist nichts zu gut, Er schneit dem Schäfer wol zuweilen auf den Hut.
Das andre Sprichwort klang noch frostiger: Im Mai, Im Mai erfrieret oft der Vogel selbst im Ei.
Und wenn ich feiern mein Geburtsfest müßt' im Freien, So würde auf den Hut Herr Mai dem Schäfer schneien.
Und hätt' ich nicht ein Nest ein warmes mir erkoren, So wär' im Mai im Ei der Vogel gar erfroren.
65.
Der Lieb' ohn' Eigennutz freu dich, die du gewannst, Der freien Gab', um die du Dank nur geben kannst.
Was du dir sagen darfst, darf sich kein König sagen: Ganz reine Neigung ists, was dir die Herzen schlagen.
Man sucht nicht deine Huld, man scheut nicht deine Macht, Und an den Menschen nur hat hier der Mensch gedacht.
Das eine war: Der Mai, der Mai iſt nichts zu gut, Er ſchneit dem Schaͤfer wol zuweilen auf den Hut.
Das andre Sprichwort klang noch froſtiger: Im Mai, Im Mai erfrieret oft der Vogel ſelbſt im Ei.
Und wenn ich feiern mein Geburtsfeſt muͤßt' im Freien, So wuͤrde auf den Hut Herr Mai dem Schaͤfer ſchneien.
Und haͤtt' ich nicht ein Neſt ein warmes mir erkoren, So waͤr' im Mai im Ei der Vogel gar erfroren.
65.
Der Lieb' ohn' Eigennutz freu dich, die du gewannſt, Der freien Gab', um die du Dank nur geben kannſt.
Was du dir ſagen darfſt, darf ſich kein Koͤnig ſagen: Ganz reine Neigung iſts, was dir die Herzen ſchlagen.
Man ſucht nicht deine Huld, man ſcheut nicht deine Macht, Und an den Menſchen nur hat hier der Menſch gedacht.
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Das eine war: Der Mai, der Mai iſt nichts zu gut,
Er ſchneit dem Schaͤfer wol zuweilen auf den Hut.
Das andre Sprichwort klang noch froſtiger: Im Mai,
Im Mai erfrieret oft der Vogel ſelbſt im Ei.
Und wenn ich feiern mein Geburtsfeſt muͤßt' im Freien,
So wuͤrde auf den Hut Herr Mai dem Schaͤfer ſchneien.
Und haͤtt' ich nicht ein Neſt ein warmes mir erkoren,
So waͤr' im Mai im Ei der Vogel gar erfroren.
65.
Der Lieb' ohn' Eigennutz freu dich, die du gewannſt,
Der freien Gab', um die du Dank nur geben kannſt.
Was du dir ſagen darfſt, darf ſich kein Koͤnig ſagen:
Ganz reine Neigung iſts, was dir die Herzen ſchlagen.
Man ſucht nicht deine Huld, man ſcheut nicht deine Macht,
Und an den Menſchen nur hat hier der Menſch gedacht.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/316>, abgerufen am 22.02.2025.
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