Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.Und was durch diesen Trieb die Kunst hervorgebracht, Ist mittelbar, Natur, ein Werk nur deiner Macht. Was rühmet sich der Mensch, daß er dein Werkzeug ist, Wo du Werkmeisterin, Werkstoff und Werkstatt bist! 31. Was Menschenkunst gemacht, darf man zu nah nicht sehn, Nicht vorm Vergrößrungsglas kann es die Probe stehn. Des Malers schönstes Bild, des Dichters schönstes Wort, Zergliedr' es und zerlegs, so ist der Zauber fort. Was Gottes Kunst gemacht, erscheint nach vorgenommner Zergliederung, wenn auch nicht schöner, doch vollkommner. Nicht schöner, weil sich nur auf unsern Sinn bezieht Die Schönheit, und zugleich mit dessen Täuschung flieht. Vollkommner aber, weil der Geist viel mehr darinn Entdecket, als vermag zu fassen Menschensinn. Und was durch dieſen Trieb die Kunſt hervorgebracht, Iſt mittelbar, Natur, ein Werk nur deiner Macht. Was ruͤhmet ſich der Menſch, daß er dein Werkzeug iſt, Wo du Werkmeiſterin, Werkſtoff und Werkſtatt biſt! 31. Was Menſchenkunſt gemacht, darf man zu nah nicht ſehn, Nicht vorm Vergroͤßrungsglas kann es die Probe ſtehn. Des Malers ſchoͤnſtes Bild, des Dichters ſchoͤnſtes Wort, Zergliedr' es und zerlegs, ſo iſt der Zauber fort. Was Gottes Kunſt gemacht, erſcheint nach vorgenommner Zergliederung, wenn auch nicht ſchoͤner, doch vollkommner. Nicht ſchoͤner, weil ſich nur auf unſern Sinn bezieht Die Schoͤnheit, und zugleich mit deſſen Taͤuſchung flieht. Vollkommner aber, weil der Geiſt viel mehr darinn Entdecket, als vermag zu faſſen Menſchenſinn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0259" n="249"/> </l> <lg n="3"> <l>Und was durch dieſen Trieb die Kunſt hervorgebracht,</l><lb/> <l>Iſt mittelbar, Natur, ein Werk nur deiner Macht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Was ruͤhmet ſich der Menſch, daß er dein Werkzeug iſt,</l><lb/> <l>Wo du Werkmeiſterin, Werkſtoff und Werkſtatt biſt!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>31.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Was Menſchenkunſt gemacht, darf man zu nah nicht ſehn,</l><lb/> <l>Nicht vorm Vergroͤßrungsglas kann es die Probe ſtehn.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Des Malers ſchoͤnſtes Bild, des Dichters ſchoͤnſtes Wort,</l><lb/> <l>Zergliedr' es und zerlegs, ſo iſt der Zauber fort.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Was Gottes Kunſt gemacht, erſcheint nach vorgenommner</l><lb/> <l>Zergliederung, wenn auch nicht ſchoͤner, doch vollkommner.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nicht ſchoͤner, weil ſich nur auf unſern Sinn bezieht</l><lb/> <l>Die Schoͤnheit, und zugleich mit deſſen Taͤuſchung flieht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Vollkommner aber, weil der Geiſt viel mehr darinn</l><lb/> <l>Entdecket, als vermag zu faſſen Menſchenſinn.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [249/0259]
Und was durch dieſen Trieb die Kunſt hervorgebracht,
Iſt mittelbar, Natur, ein Werk nur deiner Macht.
Was ruͤhmet ſich der Menſch, daß er dein Werkzeug iſt,
Wo du Werkmeiſterin, Werkſtoff und Werkſtatt biſt!
31.
Was Menſchenkunſt gemacht, darf man zu nah nicht ſehn,
Nicht vorm Vergroͤßrungsglas kann es die Probe ſtehn.
Des Malers ſchoͤnſtes Bild, des Dichters ſchoͤnſtes Wort,
Zergliedr' es und zerlegs, ſo iſt der Zauber fort.
Was Gottes Kunſt gemacht, erſcheint nach vorgenommner
Zergliederung, wenn auch nicht ſchoͤner, doch vollkommner.
Nicht ſchoͤner, weil ſich nur auf unſern Sinn bezieht
Die Schoͤnheit, und zugleich mit deſſen Taͤuſchung flieht.
Vollkommner aber, weil der Geiſt viel mehr darinn
Entdecket, als vermag zu faſſen Menſchenſinn.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/259>, abgerufen am 22.02.2025. |