Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
31.
Wer die Entstellung nur des Alten sieht im Neuen;
Wie kann er sich der Welt, der immer neuen, freuen?
Die Welt ist nie entstellt, nur immer umgestellt,
Und schöner hergestellt ist neu die alte Welt.

32.
Wie lange werden um den Unterschied der Zeiten
Und ihren Vorzug noch die Schriftgelehrten streiten?
Die alte Zeit war jung, die junge Zeit ist alt;
In dieser siegt der Geist, in jener die Gestalt.
Im Alter kannst du nicht der Jugend Schmuck erneuen,
Doch der Erinnerung, wer wehrt es dir? dich freuen.
Erinnre dich! so ist die Welt dir neu geboren,
Die Geister der Geschicht' um dich herauf beschworen,
Und nichts, was groß je war und schön, ist dir verloren.


9*
31.
Wer die Entſtellung nur des Alten ſieht im Neuen;
Wie kann er ſich der Welt, der immer neuen, freuen?
Die Welt iſt nie entſtellt, nur immer umgeſtellt,
Und ſchoͤner hergeſtellt iſt neu die alte Welt.

32.
Wie lange werden um den Unterſchied der Zeiten
Und ihren Vorzug noch die Schriftgelehrten ſtreiten?
Die alte Zeit war jung, die junge Zeit iſt alt;
In dieſer ſiegt der Geiſt, in jener die Geſtalt.
Im Alter kannſt du nicht der Jugend Schmuck erneuen,
Doch der Erinnerung, wer wehrt es dir? dich freuen.
Erinnre dich! ſo iſt die Welt dir neu geboren,
Die Geiſter der Geſchicht' um dich herauf beſchworen,
Und nichts, was groß je war und ſchoͤn, iſt dir verloren.


9*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0205" n="195"/>
        <div n="2">
          <head>31.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Wer die Ent&#x017F;tellung nur des Alten &#x017F;ieht im Neuen;</l><lb/>
              <l>Wie kann er &#x017F;ich der Welt, der immer neuen, freuen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Welt i&#x017F;t nie ent&#x017F;tellt, nur immer umge&#x017F;tellt,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;cho&#x0364;ner herge&#x017F;tellt i&#x017F;t neu die alte Welt.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>32.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Wie lange werden um den Unter&#x017F;chied der Zeiten</l><lb/>
              <l>Und ihren Vorzug noch die Schriftgelehrten &#x017F;treiten?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die alte Zeit war jung, die junge Zeit i&#x017F;t alt;</l><lb/>
              <l>In die&#x017F;er &#x017F;iegt der Gei&#x017F;t, in jener die Ge&#x017F;talt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Im Alter kann&#x017F;t du nicht der Jugend Schmuck erneuen,</l><lb/>
              <l>Doch der Erinnerung, wer wehrt es dir? dich freuen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Erinnre dich! &#x017F;o i&#x017F;t die Welt dir neu geboren,</l><lb/>
              <l>Die Gei&#x017F;ter der Ge&#x017F;chicht' um dich herauf be&#x017F;chworen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und nichts, was groß je war und &#x017F;cho&#x0364;n, i&#x017F;t dir verloren.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">9*</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0205] 31. Wer die Entſtellung nur des Alten ſieht im Neuen; Wie kann er ſich der Welt, der immer neuen, freuen? Die Welt iſt nie entſtellt, nur immer umgeſtellt, Und ſchoͤner hergeſtellt iſt neu die alte Welt. 32. Wie lange werden um den Unterſchied der Zeiten Und ihren Vorzug noch die Schriftgelehrten ſtreiten? Die alte Zeit war jung, die junge Zeit iſt alt; In dieſer ſiegt der Geiſt, in jener die Geſtalt. Im Alter kannſt du nicht der Jugend Schmuck erneuen, Doch der Erinnerung, wer wehrt es dir? dich freuen. Erinnre dich! ſo iſt die Welt dir neu geboren, Die Geiſter der Geſchicht' um dich herauf beſchworen, Und nichts, was groß je war und ſchoͤn, iſt dir verloren. 9*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/205
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/205>, abgerufen am 21.12.2024.