Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Drum, willst du dich erfreun der Mannichfaltigkeit
Des bunten Lebens, laß ihm die Zwiespaltigkeit;
Und nimm mit Dank von Gott die Augenblicke hin,
Wo selbst in Raum und Zeit ahnt Ewiges dein Sinn.

45.
In einem Augenblick, wann still der Geist versunken
In sich und Welt und Gott, nicht wein- noch schlummertrunken,
Nicht trunken, sondern klar, nicht schlummernd, sondern wach,
Alswie der Sonne Bild im unbewegten Bach;
Wann Fern und Nah, und Ist und War, und Zeit und Raum
Zergangen ist, alswie in stiller Flut der Schaum;
Wann du des Lebensbaums entfaltet Blütenprangen
An deinem Busen fühlst von einer Knosp' umfangen;
Wann Erd' und Himmel dir in einen Duft verschwimmt,
Der Stern als Blume blüht, als Stern die Blume glimmt;
Drum, willſt du dich erfreun der Mannichfaltigkeit
Des bunten Lebens, laß ihm die Zwieſpaltigkeit;
Und nimm mit Dank von Gott die Augenblicke hin,
Wo ſelbſt in Raum und Zeit ahnt Ewiges dein Sinn.

45.
In einem Augenblick, wann ſtill der Geiſt verſunken
In ſich und Welt und Gott, nicht wein- noch ſchlummertrunken,
Nicht trunken, ſondern klar, nicht ſchlummernd, ſondern wach,
Alswie der Sonne Bild im unbewegten Bach;
Wann Fern und Nah, und Iſt und War, und Zeit und Raum
Zergangen iſt, alswie in ſtiller Flut der Schaum;
Wann du des Lebensbaums entfaltet Bluͤtenprangen
An deinem Buſen fuͤhlſt von einer Knoſp' umfangen;
Wann Erd' und Himmel dir in einen Duft verſchwimmt,
Der Stern als Blume bluͤht, als Stern die Blume glimmt;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0146" n="136"/>
            </l>
            <lg n="8">
              <l>Drum, will&#x017F;t du dich erfreun der Mannichfaltigkeit</l><lb/>
              <l>Des bunten Lebens, laß ihm die Zwie&#x017F;paltigkeit;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Und nimm mit Dank von Gott die Augenblicke hin,</l><lb/>
              <l>Wo &#x017F;elb&#x017F;t in Raum und Zeit ahnt Ewiges dein Sinn.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>45.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>In einem Augenblick, wann &#x017F;till der Gei&#x017F;t ver&#x017F;unken</l><lb/>
              <l>In &#x017F;ich und Welt und Gott, nicht wein- noch &#x017F;chlummertrunken,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nicht trunken, &#x017F;ondern klar, nicht &#x017F;chlummernd, &#x017F;ondern wach,</l><lb/>
              <l>Alswie der Sonne Bild im unbewegten Bach;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wann Fern und Nah, und I&#x017F;t und War, und Zeit und Raum</l><lb/>
              <l>Zergangen i&#x017F;t, alswie in &#x017F;tiller Flut der Schaum;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wann du des Lebensbaums entfaltet Blu&#x0364;tenprangen</l><lb/>
              <l>An deinem Bu&#x017F;en fu&#x0364;hl&#x017F;t von einer Kno&#x017F;p' umfangen;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Wann Erd' und Himmel dir in einen Duft ver&#x017F;chwimmt,</l><lb/>
              <l>Der Stern als Blume blu&#x0364;ht, als Stern die Blume glimmt;</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0146] Drum, willſt du dich erfreun der Mannichfaltigkeit Des bunten Lebens, laß ihm die Zwieſpaltigkeit; Und nimm mit Dank von Gott die Augenblicke hin, Wo ſelbſt in Raum und Zeit ahnt Ewiges dein Sinn. 45. In einem Augenblick, wann ſtill der Geiſt verſunken In ſich und Welt und Gott, nicht wein- noch ſchlummertrunken, Nicht trunken, ſondern klar, nicht ſchlummernd, ſondern wach, Alswie der Sonne Bild im unbewegten Bach; Wann Fern und Nah, und Iſt und War, und Zeit und Raum Zergangen iſt, alswie in ſtiller Flut der Schaum; Wann du des Lebensbaums entfaltet Bluͤtenprangen An deinem Buſen fuͤhlſt von einer Knoſp' umfangen; Wann Erd' und Himmel dir in einen Duft verſchwimmt, Der Stern als Blume bluͤht, als Stern die Blume glimmt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/146
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/146>, abgerufen am 03.12.2024.