Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.74. Gewohnheit ist so stark, daß selber die Natur Zu thun scheint, was sie thut, oft aus Gewohnheit nur; Daß die gewohnte Zeit dich hungrig scheint zu machen, Und durstig, schläfrig auch, und selbst vom Schlaf erwachen. Wenn zu gewohnter Zeit sich Hunger eingefunden Und Durst, und Schläfrigkeit, zählst du villeicht die Stunden. Wer aber zählte sie, wann ich im Schlummer lag, Erwach' und höre den gewohnten Glockenschlag? Drum ist Gewohnheit nicht ein Aeußerliches nur, Wie unser Sprichwort spricht: die andere Natur. Mach von der einen Joch dich durch die andre frei, Nicht mache, daß sie selbst ein zweites Joch dir sei. 74. Gewohnheit iſt ſo ſtark, daß ſelber die Natur Zu thun ſcheint, was ſie thut, oft aus Gewohnheit nur; Daß die gewohnte Zeit dich hungrig ſcheint zu machen, Und durſtig, ſchlaͤfrig auch, und ſelbſt vom Schlaf erwachen. Wenn zu gewohnter Zeit ſich Hunger eingefunden Und Durſt, und Schlaͤfrigkeit, zaͤhlſt du villeicht die Stunden. Wer aber zaͤhlte ſie, wann ich im Schlummer lag, Erwach' und hoͤre den gewohnten Glockenſchlag? Drum iſt Gewohnheit nicht ein Aeußerliches nur, Wie unſer Sprichwort ſpricht: die andere Natur. Mach von der einen Joch dich durch die andre frei, Nicht mache, daß ſie ſelbſt ein zweites Joch dir ſei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0086" n="76"/> <div n="2"> <head>74.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Gewohnheit iſt ſo ſtark, daß ſelber die Natur</l><lb/> <l>Zu thun ſcheint, was ſie thut, oft aus Gewohnheit nur;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Daß die gewohnte Zeit dich hungrig ſcheint zu machen,</l><lb/> <l>Und durſtig, ſchlaͤfrig auch, und ſelbſt vom Schlaf erwachen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wenn zu gewohnter Zeit ſich Hunger eingefunden</l><lb/> <l>Und Durſt, und Schlaͤfrigkeit, zaͤhlſt du villeicht die Stunden.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wer aber zaͤhlte ſie, wann ich im Schlummer lag,</l><lb/> <l>Erwach' und hoͤre den gewohnten Glockenſchlag?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Drum iſt Gewohnheit nicht ein Aeußerliches nur,</l><lb/> <l>Wie unſer Sprichwort ſpricht: die andere Natur.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Mach von der einen Joch dich durch die andre frei,</l><lb/> <l>Nicht mache, daß ſie ſelbſt ein zweites Joch dir ſei.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
74.
Gewohnheit iſt ſo ſtark, daß ſelber die Natur
Zu thun ſcheint, was ſie thut, oft aus Gewohnheit nur;
Daß die gewohnte Zeit dich hungrig ſcheint zu machen,
Und durſtig, ſchlaͤfrig auch, und ſelbſt vom Schlaf erwachen.
Wenn zu gewohnter Zeit ſich Hunger eingefunden
Und Durſt, und Schlaͤfrigkeit, zaͤhlſt du villeicht die Stunden.
Wer aber zaͤhlte ſie, wann ich im Schlummer lag,
Erwach' und hoͤre den gewohnten Glockenſchlag?
Drum iſt Gewohnheit nicht ein Aeußerliches nur,
Wie unſer Sprichwort ſpricht: die andere Natur.
Mach von der einen Joch dich durch die andre frei,
Nicht mache, daß ſie ſelbſt ein zweites Joch dir ſei.
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