Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
87.
Ein Wunder wird der Mensch empfangen und gezeugt,
Ein Wunder lebt er, wird geboren und gesäugt.
Ein Wunder wächst er, hört und sieht, und fühlt sein Wunder,
Ein Wunder, daß er denkt, und was er denkt ein Wunder.
Ein Wunder steht er da in aller Wunder Mitte,
Und Wunder gehn ihm vor und nach auf Tritt und Schritte.
An Wunder wird er so allmählich unwillkührlich
Gewöhnet, daß sie ihm erscheinen ganz natürlich.
Und wunderbar erscheint ihm Ungewohntes nur,
Der unverwundert sieht das Wunder der Natur.

87.
Ein Wunder wird der Menſch empfangen und gezeugt,
Ein Wunder lebt er, wird geboren und geſaͤugt.
Ein Wunder waͤchſt er, hoͤrt und ſieht, und fuͤhlt ſein Wunder,
Ein Wunder, daß er denkt, und was er denkt ein Wunder.
Ein Wunder ſteht er da in aller Wunder Mitte,
Und Wunder gehn ihm vor und nach auf Tritt und Schritte.
An Wunder wird er ſo allmaͤhlich unwillkuͤhrlich
Gewoͤhnet, daß ſie ihm erſcheinen ganz natuͤrlich.
Und wunderbar erſcheint ihm Ungewohntes nur,
Der unverwundert ſieht das Wunder der Natur.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0297" n="287"/>
        <div n="2">
          <head>87.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein Wunder wird der Men&#x017F;ch empfangen und gezeugt,</l><lb/>
              <l>Ein Wunder lebt er, wird geboren und ge&#x017F;a&#x0364;ugt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ein Wunder wa&#x0364;ch&#x017F;t er, ho&#x0364;rt und &#x017F;ieht, und fu&#x0364;hlt &#x017F;ein Wunder,</l><lb/>
              <l>Ein Wunder, daß er denkt, und was er denkt ein Wunder.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ein Wunder &#x017F;teht er da in aller Wunder Mitte,</l><lb/>
              <l>Und Wunder gehn ihm vor und nach auf Tritt und Schritte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>An Wunder wird er &#x017F;o allma&#x0364;hlich unwillku&#x0364;hrlich</l><lb/>
              <l>Gewo&#x0364;hnet, daß &#x017F;ie ihm er&#x017F;cheinen ganz natu&#x0364;rlich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und wunderbar er&#x017F;cheint ihm Ungewohntes nur,</l><lb/>
              <l>Der unverwundert &#x017F;ieht das Wunder der Natur.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0297] 87. Ein Wunder wird der Menſch empfangen und gezeugt, Ein Wunder lebt er, wird geboren und geſaͤugt. Ein Wunder waͤchſt er, hoͤrt und ſieht, und fuͤhlt ſein Wunder, Ein Wunder, daß er denkt, und was er denkt ein Wunder. Ein Wunder ſteht er da in aller Wunder Mitte, Und Wunder gehn ihm vor und nach auf Tritt und Schritte. An Wunder wird er ſo allmaͤhlich unwillkuͤhrlich Gewoͤhnet, daß ſie ihm erſcheinen ganz natuͤrlich. Und wunderbar erſcheint ihm Ungewohntes nur, Der unverwundert ſieht das Wunder der Natur.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/297
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/297>, abgerufen am 21.12.2024.