Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.82. Fühl' einen Augenblick nur wahrhaft, daß du bist; So fühlst du auch, daß, was dies fühlet, ewig ist. Und fehlt der Mittelpunkt in deiner Seele Kreisen, So kann kein Denker dir Unsterblichkeit beweisen. 83. Empfindung ist vom Ding ein Zeichen, von Empfindung Ein Zeichen war das Wort in erster Spracherfindung. Nun ist ein Zeichen vom Begriff das Wort allein, Und die Empfindung fügt sich nur nothdürftig drein. Des Dinges Leben hat sich aus dem Wort verloren, Wie die Empfindung zum Begriff sich umgeboren. Wenn er zu höherer Empfindung sich erhebt, Dann ist mit dem Begriff wieder das Wort belebt. Kein todtes Zeichen ist, kein Bild vom Ding das Wort, Es ist im Geist das Ding, des Geistes Zauberhort. 82. Fuͤhl' einen Augenblick nur wahrhaft, daß du biſt; So fuͤhlſt du auch, daß, was dies fuͤhlet, ewig iſt. Und fehlt der Mittelpunkt in deiner Seele Kreiſen, So kann kein Denker dir Unſterblichkeit beweiſen. 83. Empfindung iſt vom Ding ein Zeichen, von Empfindung Ein Zeichen war das Wort in erſter Spracherfindung. Nun iſt ein Zeichen vom Begriff das Wort allein, Und die Empfindung fuͤgt ſich nur nothduͤrftig drein. Des Dinges Leben hat ſich aus dem Wort verloren, Wie die Empfindung zum Begriff ſich umgeboren. Wenn er zu hoͤherer Empfindung ſich erhebt, Dann iſt mit dem Begriff wieder das Wort belebt. Kein todtes Zeichen iſt, kein Bild vom Ding das Wort, Es iſt im Geiſt das Ding, des Geiſtes Zauberhort. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0293" n="283"/> <div n="2"> <head>82.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Fuͤhl' einen Augenblick nur wahrhaft, daß du biſt;</l><lb/> <l>So fuͤhlſt du auch, daß, was dies fuͤhlet, ewig iſt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und fehlt der Mittelpunkt in deiner Seele Kreiſen,</l><lb/> <l>So kann kein Denker dir Unſterblichkeit beweiſen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>83.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Empfindung iſt vom Ding ein Zeichen, von Empfindung</l><lb/> <l>Ein Zeichen war das Wort in erſter Spracherfindung.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nun iſt ein Zeichen vom Begriff das Wort allein,</l><lb/> <l>Und die Empfindung fuͤgt ſich nur nothduͤrftig drein.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Des Dinges Leben hat ſich aus dem Wort verloren,</l><lb/> <l>Wie die Empfindung zum Begriff ſich umgeboren.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wenn er zu hoͤherer Empfindung ſich erhebt,</l><lb/> <l>Dann iſt mit dem Begriff wieder das Wort belebt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Kein todtes Zeichen iſt, kein Bild vom Ding das Wort,</l><lb/> <l>Es iſt im Geiſt das Ding, des Geiſtes Zauberhort.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [283/0293]
82.
Fuͤhl' einen Augenblick nur wahrhaft, daß du biſt;
So fuͤhlſt du auch, daß, was dies fuͤhlet, ewig iſt.
Und fehlt der Mittelpunkt in deiner Seele Kreiſen,
So kann kein Denker dir Unſterblichkeit beweiſen.
83.
Empfindung iſt vom Ding ein Zeichen, von Empfindung
Ein Zeichen war das Wort in erſter Spracherfindung.
Nun iſt ein Zeichen vom Begriff das Wort allein,
Und die Empfindung fuͤgt ſich nur nothduͤrftig drein.
Des Dinges Leben hat ſich aus dem Wort verloren,
Wie die Empfindung zum Begriff ſich umgeboren.
Wenn er zu hoͤherer Empfindung ſich erhebt,
Dann iſt mit dem Begriff wieder das Wort belebt.
Kein todtes Zeichen iſt, kein Bild vom Ding das Wort,
Es iſt im Geiſt das Ding, des Geiſtes Zauberhort.
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