Die Demuth ist wol gut daß sie ein Herz erringe; Doch hüte dich daß dich dazu nicht Hochmuth bringe.
Nicht falscher Demuth Schein ist es wovor ich warne, Den künstlich Hochmuth webt, daß er die Welt umgarne;
Wirkliche Demuth auch, die dir im Herzen sprießt, Gib Acht ob sie in sich nicht wahren Hochmuth schließt;
Der, wenn er sich gelähmt sieht außen, und sich schämt Mislungenen Erfolgs, zur Demuth sich bequemt.
Wie die Begierde, die, verzweifelnd an Erjagung Begehrter Güter, sich zurückzieht in Entsagung.
Doch ist es nicht genug, das Ziel erreicht zu haben, Wenn, statt auf ebnem Weg, auch über Stock und Graben?
Du danke Gott daß doch die Feinde sind geschlagen, Und herrsche so daß sie ihr Joch geduldig tragen.
73.
Die Demuth iſt wol gut daß ſie ein Herz erringe; Doch huͤte dich daß dich dazu nicht Hochmuth bringe.
Nicht falſcher Demuth Schein iſt es wovor ich warne, Den kuͤnſtlich Hochmuth webt, daß er die Welt umgarne;
Wirkliche Demuth auch, die dir im Herzen ſprießt, Gib Acht ob ſie in ſich nicht wahren Hochmuth ſchließt;
Der, wenn er ſich gelaͤhmt ſieht außen, und ſich ſchaͤmt Mislungenen Erfolgs, zur Demuth ſich bequemt.
Wie die Begierde, die, verzweifelnd an Erjagung Begehrter Guͤter, ſich zuruͤckzieht in Entſagung.
Doch iſt es nicht genug, das Ziel erreicht zu haben, Wenn, ſtatt auf ebnem Weg, auch uͤber Stock und Graben?
Du danke Gott daß doch die Feinde ſind geſchlagen, Und herrſche ſo daß ſie ihr Joch geduldig tragen.
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73.
Die Demuth iſt wol gut daß ſie ein Herz erringe;
Doch huͤte dich daß dich dazu nicht Hochmuth bringe.
Nicht falſcher Demuth Schein iſt es wovor ich warne,
Den kuͤnſtlich Hochmuth webt, daß er die Welt umgarne;
Wirkliche Demuth auch, die dir im Herzen ſprießt,
Gib Acht ob ſie in ſich nicht wahren Hochmuth ſchließt;
Der, wenn er ſich gelaͤhmt ſieht außen, und ſich ſchaͤmt
Mislungenen Erfolgs, zur Demuth ſich bequemt.
Wie die Begierde, die, verzweifelnd an Erjagung
Begehrter Guͤter, ſich zuruͤckzieht in Entſagung.
Doch iſt es nicht genug, das Ziel erreicht zu haben,
Wenn, ſtatt auf ebnem Weg, auch uͤber Stock und Graben?
Du danke Gott daß doch die Feinde ſind geſchlagen,
Und herrſche ſo daß ſie ihr Joch geduldig tragen.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/287>, abgerufen am 22.02.2025.
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