Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.43. Laß uns im Augenblick ein Gottesbild aufrichten, Um es im Augenblick im nächsten zu vernichten. Denn jedes Bild ist falsch, das bleiben will und dauern, Und jedes wahr, das hin vorm Urbild sinkt mit Schauern. Dort seh' ich aufgethan den ew'gen Vaterschoß, Dem alles gröste klein und kleinstes auch ist groß. Sieh, wie im Menschengeist geordnete Gedanken, So kreisen Welten dort in selbstgesetzten Schranken. Ein All Unzähliger, von denen jed's ein All, Ein Punkt im Ganzen ist, in sich ein Lebensball. Die Alle, wie sie rings in Rangordnungen schweben, Entwickeln auch in sich ein ranggeordnet Leben. Da ringen überall Rangordnungen des Lebens In ungehemmtem Trieb des Immeraufwertsstrebens. Und wo Natur den Geist nun auf als Krone setzt, Da kehrt das Einzelste zurück zum Ganzen jetzt. 43. Laß uns im Augenblick ein Gottesbild aufrichten, Um es im Augenblick im naͤchſten zu vernichten. Denn jedes Bild iſt falſch, das bleiben will und dauern, Und jedes wahr, das hin vorm Urbild ſinkt mit Schauern. Dort ſeh' ich aufgethan den ew'gen Vaterſchoß, Dem alles groͤſte klein und kleinſtes auch iſt groß. Sieh, wie im Menſchengeiſt geordnete Gedanken, So kreiſen Welten dort in ſelbſtgeſetzten Schranken. Ein All Unzaͤhliger, von denen jed's ein All, Ein Punkt im Ganzen iſt, in ſich ein Lebensball. Die Alle, wie ſie rings in Rangordnungen ſchweben, Entwickeln auch in ſich ein ranggeordnet Leben. Da ringen uͤberall Rangordnungen des Lebens In ungehemmtem Trieb des Immeraufwertsſtrebens. Und wo Natur den Geiſt nun auf als Krone ſetzt, Da kehrt das Einzelſte zuruͤck zum Ganzen jetzt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0267" n="257"/> <div n="2"> <head>43.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Laß uns im Augenblick ein Gottesbild aufrichten,</l><lb/> <l>Um es im Augenblick im naͤchſten zu vernichten.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Denn jedes Bild iſt falſch, das bleiben will und dauern,</l><lb/> <l>Und jedes wahr, das hin vorm Urbild ſinkt mit Schauern.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Dort ſeh' ich aufgethan den ew'gen Vaterſchoß,</l><lb/> <l>Dem alles groͤſte klein und kleinſtes auch iſt groß.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sieh, wie im Menſchengeiſt geordnete Gedanken,</l><lb/> <l>So kreiſen Welten dort in ſelbſtgeſetzten Schranken.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ein All Unzaͤhliger, von denen jed's ein All,</l><lb/> <l>Ein Punkt im Ganzen iſt, in ſich ein Lebensball.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Die Alle, wie ſie rings in Rangordnungen ſchweben,</l><lb/> <l>Entwickeln auch in ſich ein ranggeordnet Leben.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Da ringen uͤberall Rangordnungen des Lebens</l><lb/> <l>In ungehemmtem Trieb des Immeraufwertsſtrebens.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und wo Natur den Geiſt nun auf als Krone ſetzt,</l><lb/> <l>Da kehrt das Einzelſte zuruͤck zum Ganzen jetzt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [257/0267]
43.
Laß uns im Augenblick ein Gottesbild aufrichten,
Um es im Augenblick im naͤchſten zu vernichten.
Denn jedes Bild iſt falſch, das bleiben will und dauern,
Und jedes wahr, das hin vorm Urbild ſinkt mit Schauern.
Dort ſeh' ich aufgethan den ew'gen Vaterſchoß,
Dem alles groͤſte klein und kleinſtes auch iſt groß.
Sieh, wie im Menſchengeiſt geordnete Gedanken,
So kreiſen Welten dort in ſelbſtgeſetzten Schranken.
Ein All Unzaͤhliger, von denen jed's ein All,
Ein Punkt im Ganzen iſt, in ſich ein Lebensball.
Die Alle, wie ſie rings in Rangordnungen ſchweben,
Entwickeln auch in ſich ein ranggeordnet Leben.
Da ringen uͤberall Rangordnungen des Lebens
In ungehemmtem Trieb des Immeraufwertsſtrebens.
Und wo Natur den Geiſt nun auf als Krone ſetzt,
Da kehrt das Einzelſte zuruͤck zum Ganzen jetzt.
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