Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.38. Sowahr in dir er ist, der diese Welt erhält, Sowahr auch ist er in, nicht außerhalb der Welt. Doch in ihm ist die Welt, sowahr in ihm du bist, Der nicht in dir noch Welt, nur in sich selber ist. Solang du denken nicht die Widersprüche kannst, O denke nicht, daß du durch Denken Gott gewannst. 39. Das sagt dir dein Gefühl, daß du kannst sündigen; Warum du's kannst, wer kann dir das verkündigen? Die Weisen sagen dir: du kannsts, um frei zu seyn. Doch warum räumte Gott dir diese Freiheit ein? Weil dich, sein Bild, er nicht zum Werkzeug wollt' erniedern. Doch darauf kann sogleich der schlichte Sinn erwiedern: 38. Sowahr in dir er iſt, der dieſe Welt erhaͤlt, Sowahr auch iſt er in, nicht außerhalb der Welt. Doch in ihm iſt die Welt, ſowahr in ihm du biſt, Der nicht in dir noch Welt, nur in ſich ſelber iſt. Solang du denken nicht die Widerſpruͤche kannſt, O denke nicht, daß du durch Denken Gott gewannſt. 39. Das ſagt dir dein Gefuͤhl, daß du kannſt ſuͤndigen; Warum du's kannſt, wer kann dir das verkuͤndigen? Die Weiſen ſagen dir: du kannſts, um frei zu ſeyn. Doch warum raͤumte Gott dir dieſe Freiheit ein? Weil dich, ſein Bild, er nicht zum Werkzeug wollt' erniedern. Doch darauf kann ſogleich der ſchlichte Sinn erwiedern: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0262" n="252"/> <div n="2"> <head>38.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sowahr in dir er iſt, der dieſe Welt erhaͤlt,</l><lb/> <l>Sowahr auch iſt er in, nicht außerhalb der Welt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Doch in ihm iſt die Welt, ſowahr in ihm du biſt,</l><lb/> <l>Der nicht in dir noch Welt, nur in ſich ſelber iſt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Solang du denken nicht die Widerſpruͤche kannſt,</l><lb/> <l>O denke nicht, daß du durch Denken Gott gewannſt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>39.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Das ſagt dir dein Gefuͤhl, daß du kannſt ſuͤndigen;</l><lb/> <l>Warum du's kannſt, wer kann dir das verkuͤndigen?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Weiſen ſagen dir: du kannſts, um frei zu ſeyn.</l><lb/> <l>Doch warum raͤumte Gott dir dieſe Freiheit ein?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Weil dich, ſein Bild, er nicht zum Werkzeug wollt' erniedern.</l><lb/> <l>Doch darauf kann ſogleich der ſchlichte Sinn erwiedern:</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0262]
38.
Sowahr in dir er iſt, der dieſe Welt erhaͤlt,
Sowahr auch iſt er in, nicht außerhalb der Welt.
Doch in ihm iſt die Welt, ſowahr in ihm du biſt,
Der nicht in dir noch Welt, nur in ſich ſelber iſt.
Solang du denken nicht die Widerſpruͤche kannſt,
O denke nicht, daß du durch Denken Gott gewannſt.
39.
Das ſagt dir dein Gefuͤhl, daß du kannſt ſuͤndigen;
Warum du's kannſt, wer kann dir das verkuͤndigen?
Die Weiſen ſagen dir: du kannſts, um frei zu ſeyn.
Doch warum raͤumte Gott dir dieſe Freiheit ein?
Weil dich, ſein Bild, er nicht zum Werkzeug wollt' erniedern.
Doch darauf kann ſogleich der ſchlichte Sinn erwiedern:
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