Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.37. Wer nicht, was im Verstand sich ewig widerspricht, Zugleich kann denken, denkt den Ew'gen ewig nicht. Drum magst du, statt dir selbst zum Schrecken oder Spott Aus All und Eins und Nichts zu schaffen einen Gott, Ihn lieber denken dir mit Mund und Angesicht, Wie er bläst Odem ein und Schöpfungsworte spricht. Dann aber mußt du ihm auch geben einen Ort, Und die Unendlichkeit des Raumes räumen fort. Die Erde mußt du fest in ihre Mitte bannen, Umher das Firmament, das goldbeschlagne, spannen; Daß dir die Sonn' am Tag bescheine deinen Raum, Und Mond und Stern bei Nacht bescheine deinen Traum. Wenn so dein Sinn zurück sich wiegt in sel'ge Kindheit, Wol mögen Schauende beneiden deine Blindheit. 37. Wer nicht, was im Verſtand ſich ewig widerſpricht, Zugleich kann denken, denkt den Ew'gen ewig nicht. Drum magſt du, ſtatt dir ſelbſt zum Schrecken oder Spott Aus All und Eins und Nichts zu ſchaffen einen Gott, Ihn lieber denken dir mit Mund und Angeſicht, Wie er blaͤſt Odem ein und Schoͤpfungsworte ſpricht. Dann aber mußt du ihm auch geben einen Ort, Und die Unendlichkeit des Raumes raͤumen fort. Die Erde mußt du feſt in ihre Mitte bannen, Umher das Firmament, das goldbeſchlagne, ſpannen; Daß dir die Sonn' am Tag beſcheine deinen Raum, Und Mond und Stern bei Nacht beſcheine deinen Traum. Wenn ſo dein Sinn zuruͤck ſich wiegt in ſel'ge Kindheit, Wol moͤgen Schauende beneiden deine Blindheit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0261" n="251"/> <div n="2"> <head>37.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wer nicht, was im Verſtand ſich ewig widerſpricht,</l><lb/> <l>Zugleich kann denken, denkt den Ew'gen ewig nicht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Drum magſt du, ſtatt dir ſelbſt zum Schrecken oder Spott</l><lb/> <l>Aus All und Eins und Nichts zu ſchaffen einen Gott,</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ihn lieber denken dir mit Mund und Angeſicht,</l><lb/> <l>Wie er blaͤſt Odem ein und Schoͤpfungsworte ſpricht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dann aber mußt du ihm auch geben einen Ort,</l><lb/> <l>Und die Unendlichkeit des Raumes raͤumen fort.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Die Erde mußt du feſt in ihre Mitte bannen,</l><lb/> <l>Umher das Firmament, das goldbeſchlagne, ſpannen;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Daß dir die Sonn' am Tag beſcheine deinen Raum,</l><lb/> <l>Und Mond und Stern bei Nacht beſcheine deinen Traum.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wenn ſo dein Sinn zuruͤck ſich wiegt in ſel'ge Kindheit,</l><lb/> <l>Wol moͤgen Schauende beneiden deine Blindheit.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [251/0261]
37.
Wer nicht, was im Verſtand ſich ewig widerſpricht,
Zugleich kann denken, denkt den Ew'gen ewig nicht.
Drum magſt du, ſtatt dir ſelbſt zum Schrecken oder Spott
Aus All und Eins und Nichts zu ſchaffen einen Gott,
Ihn lieber denken dir mit Mund und Angeſicht,
Wie er blaͤſt Odem ein und Schoͤpfungsworte ſpricht.
Dann aber mußt du ihm auch geben einen Ort,
Und die Unendlichkeit des Raumes raͤumen fort.
Die Erde mußt du feſt in ihre Mitte bannen,
Umher das Firmament, das goldbeſchlagne, ſpannen;
Daß dir die Sonn' am Tag beſcheine deinen Raum,
Und Mond und Stern bei Nacht beſcheine deinen Traum.
Wenn ſo dein Sinn zuruͤck ſich wiegt in ſel'ge Kindheit,
Wol moͤgen Schauende beneiden deine Blindheit.
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