Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.14. Die heil'ge Brahmastadt, gleich einer Lotosblüte, In welcher Brahma wohnt, o Mensch, ist dein Gemüte. Fünf Thore hat die Stadt an ihren Außenwerken, Das sind die Sinne, die die Welt von außen merken. Die Fäden des Geruchs, die Fasern der Empfindung Erhalten mit der Welt den Lotos in Verbindung. Im Richtweg des Geschmacks, im Schneckengang des Ohres, Die Brahmamitte bleibt bewußt des offnen Thores. Am liebsten aber steigt auf seinem Lotosglanz Der Gott ins Aug' empor und schaut die Schöpfung ganz. Da wird die Schöpfung hell, vom Lotosglanz bethaut, Und fühlet freudig, daß ihr Schöpfer sie beschaut. Solang' er innen wacht, wacht außen Welt in Wonne; Was hier die Sinnen macht, das machet dort die Sonne. Und hat durchs Aug' er sich die Welt beschaut mit Ruh, Steigt er ins Herz hinab, und macht die Fenster zu. 14. Die heil'ge Brahmaſtadt, gleich einer Lotosbluͤte, In welcher Brahma wohnt, o Menſch, iſt dein Gemuͤte. Fuͤnf Thore hat die Stadt an ihren Außenwerken, Das ſind die Sinne, die die Welt von außen merken. Die Faͤden des Geruchs, die Faſern der Empfindung Erhalten mit der Welt den Lotos in Verbindung. Im Richtweg des Geſchmacks, im Schneckengang des Ohres, Die Brahmamitte bleibt bewußt des offnen Thores. Am liebſten aber ſteigt auf ſeinem Lotosglanz Der Gott ins Aug' empor und ſchaut die Schoͤpfung ganz. Da wird die Schoͤpfung hell, vom Lotosglanz bethaut, Und fuͤhlet freudig, daß ihr Schoͤpfer ſie beſchaut. Solang' er innen wacht, wacht außen Welt in Wonne; Was hier die Sinnen macht, das machet dort die Sonne. Und hat durchs Aug' er ſich die Welt beſchaut mit Ruh, Steigt er ins Herz hinab, und macht die Fenſter zu. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0022" n="12"/> <div n="2"> <head>14.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die heil'ge Brahmaſtadt, gleich einer Lotosbluͤte,</l><lb/> <l>In welcher Brahma wohnt, o Menſch, iſt dein Gemuͤte.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Fuͤnf Thore hat die Stadt an ihren Außenwerken,</l><lb/> <l>Das ſind die Sinne, die die Welt von außen merken.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Faͤden des Geruchs, die Faſern der Empfindung</l><lb/> <l>Erhalten mit der Welt den Lotos in Verbindung.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Im Richtweg des Geſchmacks, im Schneckengang des Ohres,</l><lb/> <l>Die Brahmamitte bleibt bewußt des offnen Thores.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Am liebſten aber ſteigt auf ſeinem Lotosglanz</l><lb/> <l>Der Gott ins Aug' empor und ſchaut die Schoͤpfung ganz.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da wird die Schoͤpfung hell, vom Lotosglanz bethaut,</l><lb/> <l> Und fuͤhlet freudig, daß ihr Schoͤpfer ſie beſchaut.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Solang' er innen wacht, wacht außen Welt in Wonne;</l><lb/> <l>Was hier die Sinnen macht, das machet dort die Sonne.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und hat durchs Aug' er ſich die Welt beſchaut mit Ruh,</l><lb/> <l>Steigt er ins Herz hinab, und macht die Fenſter zu.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0022]
14.
Die heil'ge Brahmaſtadt, gleich einer Lotosbluͤte,
In welcher Brahma wohnt, o Menſch, iſt dein Gemuͤte.
Fuͤnf Thore hat die Stadt an ihren Außenwerken,
Das ſind die Sinne, die die Welt von außen merken.
Die Faͤden des Geruchs, die Faſern der Empfindung
Erhalten mit der Welt den Lotos in Verbindung.
Im Richtweg des Geſchmacks, im Schneckengang des Ohres,
Die Brahmamitte bleibt bewußt des offnen Thores.
Am liebſten aber ſteigt auf ſeinem Lotosglanz
Der Gott ins Aug' empor und ſchaut die Schoͤpfung ganz.
Da wird die Schoͤpfung hell, vom Lotosglanz bethaut,
Und fuͤhlet freudig, daß ihr Schoͤpfer ſie beſchaut.
Solang' er innen wacht, wacht außen Welt in Wonne;
Was hier die Sinnen macht, das machet dort die Sonne.
Und hat durchs Aug' er ſich die Welt beſchaut mit Ruh,
Steigt er ins Herz hinab, und macht die Fenſter zu.
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