Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Mag meine Seele, die sich wie mit Flammendochten
Mit lichter Harmonie des Weltalls hat durchflochten,
Mag meine Seele, rein durchtönt vom Schöpfungswort,
Mit ihm vereinigt seyn in Andacht fort und fort!

65.
Wer Alles mag in Gott, in Allem Gott betrachten,
Hat keinen Grund ein Ding groß oder klein zu achten.
Wie sollte scheinen ihm ein Allergröstes groß,
Da es ein Kleinstes ist vorm Einziggroßen bloß?
Wie dürfte gelten ihm das Allerkleinste klein,
Da mit dem Grösten es hat Gottes Geist gemein?
Nach deiner Einsicht nur erhebest du zumeist
Das, was am klarsten dir abspiegelt Gottes Geist.
Je höher aber selbst wird deine Einsicht steigen,
Je klarer wird der Geist in Allem dir sich zeigen.
Des Bösen Schein ists, was des Guten Glanz verhält;
Zerstör das Bös' in dir, so siehst du gut die Welt.

Mag meine Seele, die ſich wie mit Flammendochten
Mit lichter Harmonie des Weltalls hat durchflochten,
Mag meine Seele, rein durchtoͤnt vom Schoͤpfungswort,
Mit ihm vereinigt ſeyn in Andacht fort und fort!

65.
Wer Alles mag in Gott, in Allem Gott betrachten,
Hat keinen Grund ein Ding groß oder klein zu achten.
Wie ſollte ſcheinen ihm ein Allergroͤſtes groß,
Da es ein Kleinſtes iſt vorm Einziggroßen bloß?
Wie duͤrfte gelten ihm das Allerkleinſte klein,
Da mit dem Groͤſten es hat Gottes Geiſt gemein?
Nach deiner Einſicht nur erhebeſt du zumeiſt
Das, was am klarſten dir abſpiegelt Gottes Geiſt.
Je hoͤher aber ſelbſt wird deine Einſicht ſteigen,
Je klarer wird der Geiſt in Allem dir ſich zeigen.
Des Boͤſen Schein iſts, was des Guten Glanz verhaͤlt;
Zerſtoͤr das Boͤſ' in dir, ſo ſiehſt du gut die Welt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0176" n="166"/>
            <lg n="9">
              <l>Mag meine Seele, die &#x017F;ich wie mit Flammendochten</l><lb/>
              <l>Mit lichter Harmonie des Weltalls hat durchflochten,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Mag meine Seele, rein durchto&#x0364;nt vom Scho&#x0364;pfungswort,</l><lb/>
              <l>Mit ihm vereinigt &#x017F;eyn in Andacht fort und fort!</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>65.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wer Alles mag in Gott, in Allem Gott betrachten,</l><lb/>
              <l>Hat keinen Grund ein Ding groß oder klein zu achten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Wie &#x017F;ollte &#x017F;cheinen ihm ein Allergro&#x0364;&#x017F;tes groß,</l><lb/>
              <l>Da es ein Klein&#x017F;tes i&#x017F;t vorm Einziggroßen bloß?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wie du&#x0364;rfte gelten ihm das Allerklein&#x017F;te klein,</l><lb/>
              <l>Da mit dem Gro&#x0364;&#x017F;ten es hat Gottes Gei&#x017F;t gemein?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nach deiner Ein&#x017F;icht nur erhebe&#x017F;t du zumei&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Das, was am klar&#x017F;ten dir ab&#x017F;piegelt Gottes Gei&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Je ho&#x0364;her aber &#x017F;elb&#x017F;t wird deine Ein&#x017F;icht &#x017F;teigen,</l><lb/>
              <l>Je klarer wird der Gei&#x017F;t in Allem dir &#x017F;ich zeigen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Des Bo&#x0364;&#x017F;en Schein i&#x017F;ts, was des Guten Glanz verha&#x0364;lt;</l><lb/>
              <l>Zer&#x017F;to&#x0364;r das Bo&#x0364;&#x017F;' in dir, &#x017F;o &#x017F;ieh&#x017F;t du gut die Welt.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0176] Mag meine Seele, die ſich wie mit Flammendochten Mit lichter Harmonie des Weltalls hat durchflochten, Mag meine Seele, rein durchtoͤnt vom Schoͤpfungswort, Mit ihm vereinigt ſeyn in Andacht fort und fort! 65. Wer Alles mag in Gott, in Allem Gott betrachten, Hat keinen Grund ein Ding groß oder klein zu achten. Wie ſollte ſcheinen ihm ein Allergroͤſtes groß, Da es ein Kleinſtes iſt vorm Einziggroßen bloß? Wie duͤrfte gelten ihm das Allerkleinſte klein, Da mit dem Groͤſten es hat Gottes Geiſt gemein? Nach deiner Einſicht nur erhebeſt du zumeiſt Das, was am klarſten dir abſpiegelt Gottes Geiſt. Je hoͤher aber ſelbſt wird deine Einſicht ſteigen, Je klarer wird der Geiſt in Allem dir ſich zeigen. Des Boͤſen Schein iſts, was des Guten Glanz verhaͤlt; Zerſtoͤr das Boͤſ' in dir, ſo ſiehſt du gut die Welt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/176
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/176>, abgerufen am 03.12.2024.