Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
In nächster Zukunft scheint das goldne Glück zu liegen,
Und wird sie Gegenwart, so sehn wirs weiter fliegen.
Dein ganzes Leben ist verfallen dem Geschick,
Gewinnen mußt du's neu in jedem Augenblick.
Aus jedem Plätzchen läßt ein Paradies sich machen,
Und neugeschaffen fühlt sich täglich dein Erwachen.
Und neugeboren schläft die Welt in jedem Kinde,
Ihr Alter fühlt sich jung in jedem Frühlingswinde.
Das Alles ist ein Hauch, ein Schatten und ein Traum,
Doch kann das Ewige nicht anders stehn im Raum.

15.
Nicht Pyramiden, die Jahrtausenden getrotzt,
Daran die Gegenwart wie Moos am Stamm schmarotzt;
Von Elefante nicht die Wunder noch Ellore,
Und nicht am Kaukasus Alanen-Hunnenthore;
Noch eine Mauer, die ein Weltreich weit umzirkte,
Spricht so vom Riesengeist, womit die Urzeit wirkte,
6*
In naͤchſter Zukunft ſcheint das goldne Gluͤck zu liegen,
Und wird ſie Gegenwart, ſo ſehn wirs weiter fliegen.
Dein ganzes Leben iſt verfallen dem Geſchick,
Gewinnen mußt du's neu in jedem Augenblick.
Aus jedem Plaͤtzchen laͤßt ein Paradies ſich machen,
Und neugeſchaffen fuͤhlt ſich taͤglich dein Erwachen.
Und neugeboren ſchlaͤft die Welt in jedem Kinde,
Ihr Alter fuͤhlt ſich jung in jedem Fruͤhlingswinde.
Das Alles iſt ein Hauch, ein Schatten und ein Traum,
Doch kann das Ewige nicht anders ſtehn im Raum.

15.
Nicht Pyramiden, die Jahrtauſenden getrotzt,
Daran die Gegenwart wie Moos am Stamm ſchmarotzt;
Von Elefante nicht die Wunder noch Ellore,
Und nicht am Kaukaſus Alanen-Hunnenthore;
Noch eine Mauer, die ein Weltreich weit umzirkte,
Spricht ſo vom Rieſengeiſt, womit die Urzeit wirkte,
6*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0133" n="123"/>
            <lg n="5">
              <l>In na&#x0364;ch&#x017F;ter Zukunft &#x017F;cheint das goldne Glu&#x0364;ck zu liegen,</l><lb/>
              <l>Und wird &#x017F;ie Gegenwart, &#x017F;o &#x017F;ehn wirs weiter fliegen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Dein ganzes Leben i&#x017F;t verfallen dem Ge&#x017F;chick,</l><lb/>
              <l>Gewinnen mußt du's neu in jedem Augenblick.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Aus jedem Pla&#x0364;tzchen la&#x0364;ßt ein Paradies &#x017F;ich machen,</l><lb/>
              <l>Und neuge&#x017F;chaffen fu&#x0364;hlt &#x017F;ich ta&#x0364;glich dein Erwachen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Und neugeboren &#x017F;chla&#x0364;ft die Welt in jedem Kinde,</l><lb/>
              <l>Ihr Alter fu&#x0364;hlt &#x017F;ich jung in jedem Fru&#x0364;hlingswinde.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Das Alles i&#x017F;t ein Hauch, ein Schatten und ein Traum,</l><lb/>
              <l>Doch kann das Ewige nicht anders &#x017F;tehn im Raum.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>15.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Nicht Pyramiden, die Jahrtau&#x017F;enden getrotzt,</l><lb/>
              <l>Daran die Gegenwart wie Moos am Stamm &#x017F;chmarotzt;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Von Elefante nicht die Wunder noch Ellore,</l><lb/>
              <l>Und nicht am Kauka&#x017F;us Alanen-Hunnenthore;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Noch eine Mauer, die ein Weltreich weit umzirkte,</l><lb/>
              <l>Spricht &#x017F;o vom Rie&#x017F;engei&#x017F;t, womit die Urzeit wirkte,</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">6*</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0133] In naͤchſter Zukunft ſcheint das goldne Gluͤck zu liegen, Und wird ſie Gegenwart, ſo ſehn wirs weiter fliegen. Dein ganzes Leben iſt verfallen dem Geſchick, Gewinnen mußt du's neu in jedem Augenblick. Aus jedem Plaͤtzchen laͤßt ein Paradies ſich machen, Und neugeſchaffen fuͤhlt ſich taͤglich dein Erwachen. Und neugeboren ſchlaͤft die Welt in jedem Kinde, Ihr Alter fuͤhlt ſich jung in jedem Fruͤhlingswinde. Das Alles iſt ein Hauch, ein Schatten und ein Traum, Doch kann das Ewige nicht anders ſtehn im Raum. 15. Nicht Pyramiden, die Jahrtauſenden getrotzt, Daran die Gegenwart wie Moos am Stamm ſchmarotzt; Von Elefante nicht die Wunder noch Ellore, Und nicht am Kaukaſus Alanen-Hunnenthore; Noch eine Mauer, die ein Weltreich weit umzirkte, Spricht ſo vom Rieſengeiſt, womit die Urzeit wirkte, 6*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/133
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/133>, abgerufen am 21.11.2024.