Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837."Ich sehe zu, was ist unmittelbar gegeben, "Wie es entwickelnd sich vermittelt." -- Das ists eben! Wo ist unmittelbar gegebnes denn zu Haus? Was du vermitteln willst, das setzest du voraus. 58. Du hast den Geistern der Geschicht' ihr Recht gethan, Wenn du sie alle nimmst als Fortschritt' auf der Bahn, Die wahre Seit' erkennst an den Einseitigkeiten, Und gleichst in Einsicht aus der Ansicht Streitigkeiten. Dein Irrthum ist allein, daß du zur Offenbarheit Auf deinem Standpunkt glaubst gelangt die ganze Wahrheit. Doch dir geschiht dein Recht, wie ihnen ihrs geschehn, Wenn wir die Wahrheit auch in deinem Irrthum sehn. „Ich ſehe zu, was iſt unmittelbar gegeben, „Wie es entwickelnd ſich vermittelt.“ — Das iſts eben! Wo iſt unmittelbar gegebnes denn zu Haus? Was du vermitteln willſt, das ſetzeſt du voraus. 58. Du haſt den Geiſtern der Geſchicht' ihr Recht gethan, Wenn du ſie alle nimmſt als Fortſchritt' auf der Bahn, Die wahre Seit' erkennſt an den Einſeitigkeiten, Und gleichſt in Einſicht aus der Anſicht Streitigkeiten. Dein Irrthum iſt allein, daß du zur Offenbarheit Auf deinem Standpunkt glaubſt gelangt die ganze Wahrheit. Doch dir geſchiht dein Recht, wie ihnen ihrs geſchehn, Wenn wir die Wahrheit auch in deinem Irrthum ſehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0165" n="155"/> <lg n="3"> <l>„Ich ſehe zu, was iſt unmittelbar gegeben,</l><lb/> <l>„Wie es entwickelnd ſich vermittelt.“ — Das iſts eben!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wo iſt unmittelbar gegebnes denn zu Haus?</l><lb/> <l>Was du vermitteln willſt, das ſetzeſt du voraus.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>58.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du haſt den Geiſtern der Geſchicht' ihr Recht gethan,</l><lb/> <l>Wenn du ſie alle nimmſt als Fortſchritt' auf der Bahn,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die wahre Seit' erkennſt an den Einſeitigkeiten,</l><lb/> <l>Und gleichſt in Einſicht aus der Anſicht Streitigkeiten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Dein Irrthum iſt allein, daß du zur Offenbarheit</l><lb/> <l>Auf deinem Standpunkt glaubſt gelangt die ganze Wahrheit.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Doch dir geſchiht dein Recht, wie ihnen ihrs geſchehn,</l><lb/> <l>Wenn wir die Wahrheit auch in deinem Irrthum ſehn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [155/0165]
„Ich ſehe zu, was iſt unmittelbar gegeben,
„Wie es entwickelnd ſich vermittelt.“ — Das iſts eben!
Wo iſt unmittelbar gegebnes denn zu Haus?
Was du vermitteln willſt, das ſetzeſt du voraus.
58.
Du haſt den Geiſtern der Geſchicht' ihr Recht gethan,
Wenn du ſie alle nimmſt als Fortſchritt' auf der Bahn,
Die wahre Seit' erkennſt an den Einſeitigkeiten,
Und gleichſt in Einſicht aus der Anſicht Streitigkeiten.
Dein Irrthum iſt allein, daß du zur Offenbarheit
Auf deinem Standpunkt glaubſt gelangt die ganze Wahrheit.
Doch dir geſchiht dein Recht, wie ihnen ihrs geſchehn,
Wenn wir die Wahrheit auch in deinem Irrthum ſehn.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/165>, abgerufen am 25.07.2024. |