Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.So wirst du hier als Mann ins Weltgetriebe greifen, Und dort in stiller Brust der Welt Geheimnis reifen. Drum soll einander Held und Dichter nicht beneiden, Denn nur verschieden ist die Welt verklärt in Beiden. 120. Vom Thurme wird erzählt, den einst die Menschen bauten, Als sie auf eigne mehr dan Gottes Kraft vertrauten; Wie Gott, aufdaß er sie im kühnen Bauwerk irrte, Die Sprachen wunderbar der Bauenden verwirrte; Sodaß nach manchem Streit sie endlich räthlich fanden, Auseinander zu gehn, weil sie sich nicht verstanden: Da griff zu guter Letz jeder nach seinem Sack, Und alle zogen sie nun ab mit Sack und Pack; Davon, wie vielfach nun gesprochen und geschrieben
Die Sprachen seien, ist in jeder Sack geblieben: So wirſt du hier als Mann ins Weltgetriebe greifen, Und dort in ſtiller Bruſt der Welt Geheimnis reifen. Drum ſoll einander Held und Dichter nicht beneiden, Denn nur verſchieden iſt die Welt verklaͤrt in Beiden. 120. Vom Thurme wird erzaͤhlt, den einſt die Menſchen bauten, Als ſie auf eigne mehr dan Gottes Kraft vertrauten; Wie Gott, aufdaß er ſie im kuͤhnen Bauwerk irrte, Die Sprachen wunderbar der Bauenden verwirrte; Sodaß nach manchem Streit ſie endlich raͤthlich fanden, Auseinander zu gehn, weil ſie ſich nicht verſtanden: Da griff zu guter Letz jeder nach ſeinem Sack, Und alle zogen ſie nun ab mit Sack und Pack; Davon, wie vielfach nun geſprochen und geſchrieben
Die Sprachen ſeien, iſt in jeder Sack geblieben: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0087" n="77"/> </l> <lg n="5"> <l>So wirſt du hier als Mann ins Weltgetriebe greifen,</l><lb/> <l>Und dort in ſtiller Bruſt der Welt Geheimnis reifen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Drum ſoll einander Held und Dichter nicht beneiden,</l><lb/> <l>Denn nur verſchieden iſt die Welt verklaͤrt in Beiden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>120.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Vom Thurme wird erzaͤhlt, den einſt die Menſchen bauten,</l><lb/> <l>Als ſie auf eigne mehr dan Gottes Kraft vertrauten;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie Gott, aufdaß er ſie im kuͤhnen Bauwerk irrte,</l><lb/> <l>Die Sprachen wunderbar der Bauenden verwirrte;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sodaß nach manchem Streit ſie endlich raͤthlich fanden,</l><lb/> <l>Auseinander zu gehn, weil ſie ſich nicht verſtanden:</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Da griff zu guter Letz jeder nach ſeinem Sack,</l><lb/> <l>Und alle zogen ſie nun ab mit Sack und Pack;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Davon, wie vielfach nun geſprochen und geſchrieben</l><lb/> <l>Die Sprachen ſeien, iſt in jeder Sack geblieben:</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0087]
So wirſt du hier als Mann ins Weltgetriebe greifen,
Und dort in ſtiller Bruſt der Welt Geheimnis reifen.
Drum ſoll einander Held und Dichter nicht beneiden,
Denn nur verſchieden iſt die Welt verklaͤrt in Beiden.
120.
Vom Thurme wird erzaͤhlt, den einſt die Menſchen bauten,
Als ſie auf eigne mehr dan Gottes Kraft vertrauten;
Wie Gott, aufdaß er ſie im kuͤhnen Bauwerk irrte,
Die Sprachen wunderbar der Bauenden verwirrte;
Sodaß nach manchem Streit ſie endlich raͤthlich fanden,
Auseinander zu gehn, weil ſie ſich nicht verſtanden:
Da griff zu guter Letz jeder nach ſeinem Sack,
Und alle zogen ſie nun ab mit Sack und Pack;
Davon, wie vielfach nun geſprochen und geſchrieben
Die Sprachen ſeien, iſt in jeder Sack geblieben:
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