Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.104. Laß über dich ergehn, was du nicht kanst abhalten, Des Zeitensturmes Wehn, der Schicksalsmächte Walten. Sie haben dir herbei gewehet mancherlei, Und wehen es hinweg, alsob nicht dein es sei. Sie haben selber dich geblasen her, von wannen? Und rasten nicht bis sie dich hauchten auch von dannen. Von deines Lebens Laub ist Blatt auf Blatt entzittert, Und endlich ist der Stamm der morsche selbst zersplittert. 105. Dich trägt Erinnerung zu deiner Kindheit Schwelle, Den vollen lauten Strom zurück zur stillen Quelle. Dort aber angelangt, begehrst du weiter nur Zu dringen, und verlierst im Dunkel bald die Spur. Und nur die Sternenschrift im Dunkeln kanst du lesen:
Du warest eh du warst, und bleibst wann du gewesen. 104. Laß uͤber dich ergehn, was du nicht kanſt abhalten, Des Zeitenſturmes Wehn, der Schickſalsmaͤchte Walten. Sie haben dir herbei gewehet mancherlei, Und wehen es hinweg, alsob nicht dein es ſei. Sie haben ſelber dich geblaſen her, von wannen? Und raſten nicht bis ſie dich hauchten auch von dannen. Von deines Lebens Laub iſt Blatt auf Blatt entzittert, Und endlich iſt der Stamm der morſche ſelbſt zerſplittert. 105. Dich traͤgt Erinnerung zu deiner Kindheit Schwelle, Den vollen lauten Strom zuruͤck zur ſtillen Quelle. Dort aber angelangt, begehrſt du weiter nur Zu dringen, und verlierſt im Dunkel bald die Spur. Und nur die Sternenſchrift im Dunkeln kanſt du leſen:
Du wareſt eh du warſt, und bleibſt wann du geweſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0077" n="67"/> <div n="2"> <head>104.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Laß uͤber dich ergehn, was du nicht kanſt abhalten,</l><lb/> <l>Des Zeitenſturmes Wehn, der Schickſalsmaͤchte Walten.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie haben dir herbei gewehet mancherlei,</l><lb/> <l>Und wehen es hinweg, alsob nicht dein es ſei.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sie haben ſelber dich geblaſen her, von wannen?</l><lb/> <l>Und raſten nicht bis ſie dich hauchten auch von dannen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Von deines Lebens Laub iſt Blatt auf Blatt entzittert,</l><lb/> <l>Und endlich iſt der Stamm der morſche ſelbſt zerſplittert.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>105.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Dich traͤgt Erinnerung zu deiner Kindheit Schwelle,</l><lb/> <l>Den vollen lauten Strom zuruͤck zur ſtillen Quelle.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dort aber angelangt, begehrſt du weiter nur</l><lb/> <l>Zu dringen, und verlierſt im Dunkel bald die Spur.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und nur die Sternenſchrift im Dunkeln kanſt du leſen:</l><lb/> <l>Du wareſt eh du warſt, und bleibſt wann du geweſen.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0077]
104.
Laß uͤber dich ergehn, was du nicht kanſt abhalten,
Des Zeitenſturmes Wehn, der Schickſalsmaͤchte Walten.
Sie haben dir herbei gewehet mancherlei,
Und wehen es hinweg, alsob nicht dein es ſei.
Sie haben ſelber dich geblaſen her, von wannen?
Und raſten nicht bis ſie dich hauchten auch von dannen.
Von deines Lebens Laub iſt Blatt auf Blatt entzittert,
Und endlich iſt der Stamm der morſche ſelbſt zerſplittert.
105.
Dich traͤgt Erinnerung zu deiner Kindheit Schwelle,
Den vollen lauten Strom zuruͤck zur ſtillen Quelle.
Dort aber angelangt, begehrſt du weiter nur
Zu dringen, und verlierſt im Dunkel bald die Spur.
Und nur die Sternenſchrift im Dunkeln kanſt du leſen:
Du wareſt eh du warſt, und bleibſt wann du geweſen.
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