Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.22. Wag' es wenn du's vermagst, von beiden Lebenssfären Die hier für Schein, die dort für Wahrheit zu erklären! Und sieh die Wirklichkeit für einen Schatten an, Der dort vom fernen Licht sich streckt zu dir heran! Dagegen laß nur auch dem andern seinen Glauben, Der diese Wirklichkeit sich nicht will lassen rauben, Und selbst das Ewige für einen Schatten hält, Der von dem Sinnlichen hinaus ins Leere fällt. Du kannst den Schatten hier nicht leugnen, der dich neckt, Und er dort jenen nicht, der ihm ein Grauen weckt. Ihr theilet beide gleich die Welt in Licht und Schatten, Und tauscht die Namen nur, wer will's euch nicht gestatten? 22. Wag' es wenn du's vermagſt, von beiden Lebensſfaͤren Die hier fuͤr Schein, die dort fuͤr Wahrheit zu erklaͤren! Und ſieh die Wirklichkeit fuͤr einen Schatten an, Der dort vom fernen Licht ſich ſtreckt zu dir heran! Dagegen laß nur auch dem andern ſeinen Glauben, Der dieſe Wirklichkeit ſich nicht will laſſen rauben, Und ſelbſt das Ewige fuͤr einen Schatten haͤlt, Der von dem Sinnlichen hinaus ins Leere faͤllt. Du kannſt den Schatten hier nicht leugnen, der dich neckt, Und er dort jenen nicht, der ihm ein Grauen weckt. Ihr theilet beide gleich die Welt in Licht und Schatten, Und tauſcht die Namen nur, wer will's euch nicht geſtatten? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0023" n="13"/> <div n="2"> <head>22.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wag' es wenn du's vermagſt, von beiden Lebensſfaͤren</l><lb/> <l>Die hier fuͤr Schein, die dort fuͤr Wahrheit zu erklaͤren!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und ſieh die Wirklichkeit fuͤr einen Schatten an,</l><lb/> <l>Der dort vom fernen Licht ſich ſtreckt zu dir heran!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Dagegen laß nur auch dem andern ſeinen Glauben,</l><lb/> <l>Der dieſe Wirklichkeit ſich nicht will laſſen rauben,</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und ſelbſt das Ewige fuͤr einen Schatten haͤlt,</l><lb/> <l>Der von dem Sinnlichen hinaus ins Leere faͤllt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Du kannſt den Schatten hier nicht leugnen, der dich neckt,</l><lb/> <l>Und er dort jenen nicht, der ihm ein Grauen weckt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ihr theilet beide gleich die Welt in Licht und Schatten,</l><lb/> <l>Und tauſcht die Namen nur, wer will's euch nicht geſtatten?</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [13/0023]
22.
Wag' es wenn du's vermagſt, von beiden Lebensſfaͤren
Die hier fuͤr Schein, die dort fuͤr Wahrheit zu erklaͤren!
Und ſieh die Wirklichkeit fuͤr einen Schatten an,
Der dort vom fernen Licht ſich ſtreckt zu dir heran!
Dagegen laß nur auch dem andern ſeinen Glauben,
Der dieſe Wirklichkeit ſich nicht will laſſen rauben,
Und ſelbſt das Ewige fuͤr einen Schatten haͤlt,
Der von dem Sinnlichen hinaus ins Leere faͤllt.
Du kannſt den Schatten hier nicht leugnen, der dich neckt,
Und er dort jenen nicht, der ihm ein Grauen weckt.
Ihr theilet beide gleich die Welt in Licht und Schatten,
Und tauſcht die Namen nur, wer will's euch nicht geſtatten?
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/23>, abgerufen am 22.02.2025. |