Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
36.
Der Mond am Himmel ist nicht schön im leeren Raum,
Der Mondschein lieblich nicht auf Fluren ohne Baum.
Entweder muß sein Glanz aus lichten Wolken steigen,
Oder gebrochen sanft erscheinen zwischen Zweigen.
So nimmt die Schönheit selbst bald einen Schleier vor,
Bald schauet man zu ihr durch einen auch empor.

37.
Der Sonne kannst du nicht ins Feuerauge schaun,
Zum sanften Monde nur hast du ein solch Vertraun.
Die Blumen aber thun vorm Mond ihr Auge zu,
Und auf vorm Sonnenblick, den Blumen gleichst nicht du.
Wenn deine Unschuld erst ist Blumen gleich vollendet,
Wirst du die Sonne, wie den Mond, sehn ungeblendet.

36.
Der Mond am Himmel iſt nicht ſchoͤn im leeren Raum,
Der Mondſchein lieblich nicht auf Fluren ohne Baum.
Entweder muß ſein Glanz aus lichten Wolken ſteigen,
Oder gebrochen ſanft erſcheinen zwiſchen Zweigen.
So nimmt die Schoͤnheit ſelbſt bald einen Schleier vor,
Bald ſchauet man zu ihr durch einen auch empor.

37.
Der Sonne kannſt du nicht ins Feuerauge ſchaun,
Zum ſanften Monde nur haſt du ein ſolch Vertraun.
Die Blumen aber thun vorm Mond ihr Auge zu,
Und auf vorm Sonnenblick, den Blumen gleichſt nicht du.
Wenn deine Unſchuld erſt iſt Blumen gleich vollendet,
Wirſt du die Sonne, wie den Mond, ſehn ungeblendet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0139" n="129"/>
        <div n="2">
          <head>36.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Der Mond am Himmel i&#x017F;t nicht &#x017F;cho&#x0364;n im leeren Raum,</l><lb/>
              <l>Der Mond&#x017F;chein lieblich nicht auf Fluren ohne Baum.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Entweder muß &#x017F;ein Glanz aus lichten Wolken &#x017F;teigen,</l><lb/>
              <l>Oder gebrochen &#x017F;anft er&#x017F;cheinen zwi&#x017F;chen Zweigen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So nimmt die Scho&#x0364;nheit &#x017F;elb&#x017F;t bald einen Schleier vor,</l><lb/>
              <l>Bald &#x017F;chauet man zu ihr durch einen auch empor.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>37.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Der Sonne kann&#x017F;t du nicht ins Feuerauge &#x017F;chaun,</l><lb/>
              <l>Zum &#x017F;anften Monde nur ha&#x017F;t du ein &#x017F;olch Vertraun.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Blumen aber thun vorm Mond ihr Auge zu,</l><lb/>
              <l>Und auf vorm Sonnenblick, den Blumen gleich&#x017F;t nicht du.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wenn deine Un&#x017F;chuld er&#x017F;t i&#x017F;t Blumen gleich vollendet,</l><lb/>
              <l>Wir&#x017F;t du die Sonne, wie den Mond, &#x017F;ehn ungeblendet.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0139] 36. Der Mond am Himmel iſt nicht ſchoͤn im leeren Raum, Der Mondſchein lieblich nicht auf Fluren ohne Baum. Entweder muß ſein Glanz aus lichten Wolken ſteigen, Oder gebrochen ſanft erſcheinen zwiſchen Zweigen. So nimmt die Schoͤnheit ſelbſt bald einen Schleier vor, Bald ſchauet man zu ihr durch einen auch empor. 37. Der Sonne kannſt du nicht ins Feuerauge ſchaun, Zum ſanften Monde nur haſt du ein ſolch Vertraun. Die Blumen aber thun vorm Mond ihr Auge zu, Und auf vorm Sonnenblick, den Blumen gleichſt nicht du. Wenn deine Unſchuld erſt iſt Blumen gleich vollendet, Wirſt du die Sonne, wie den Mond, ſehn ungeblendet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/139
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/139>, abgerufen am 21.12.2024.