Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.9. Es kann dir freilich nicht auf dieser Welt gefallen, Da deine Seele wohnt in schönern Himmelshallen. Der Abstand ist zu weit, die Kluft wird niemals voll, Die aufgähnt zwischen dem was ist, und werden soll. Die Worte die du hörst, die Mienen die du siehst, Sind lauter Widerspruch mit dem wovor du kniest, Der Menschheit schönem Bild, wie es muß einst auf Erden Gewesen seyn, und wie es muß einst wieder werden. Wes ganzes Streben ist auf dieses Ziel gerichtet, Ist von der Welt getrennt, und ist ihr doch verpflichtet, Will ihr mit Liebeszorn, was sie nicht will, aufdringen, Fühlt daß ers muß, und fühlt daß es ihm muß mislingen. 9. Es kann dir freilich nicht auf dieſer Welt gefallen, Da deine Seele wohnt in ſchoͤnern Himmelshallen. Der Abſtand iſt zu weit, die Kluft wird niemals voll, Die aufgaͤhnt zwiſchen dem was iſt, und werden ſoll. Die Worte die du hoͤrſt, die Mienen die du ſiehſt, Sind lauter Widerſpruch mit dem wovor du knieſt, Der Menſchheit ſchoͤnem Bild, wie es muß einſt auf Erden Geweſen ſeyn, und wie es muß einſt wieder werden. Wes ganzes Streben iſt auf dieſes Ziel gerichtet, Iſt von der Welt getrennt, und iſt ihr doch verpflichtet, Will ihr mit Liebeszorn, was ſie nicht will, aufdringen, Fuͤhlt daß ers muß, und fuͤhlt daß es ihm muß mislingen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0106" n="96"/> <div n="2"> <head>9.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es kann dir freilich nicht auf dieſer Welt gefallen,</l><lb/> <l>Da deine Seele wohnt in ſchoͤnern Himmelshallen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der Abſtand iſt zu weit, die Kluft wird niemals voll,</l><lb/> <l>Die aufgaͤhnt zwiſchen dem was iſt, und werden ſoll.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Worte die du hoͤrſt, die Mienen die du ſiehſt,</l><lb/> <l>Sind lauter Widerſpruch mit dem wovor du knieſt,</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Menſchheit ſchoͤnem Bild, wie es muß einſt auf Erden</l><lb/> <l>Geweſen ſeyn, und wie es muß einſt wieder werden.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wes ganzes Streben iſt auf dieſes Ziel gerichtet,</l><lb/> <l>Iſt von der Welt getrennt, und iſt ihr doch verpflichtet,</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Will ihr mit Liebeszorn, was ſie nicht will, aufdringen,</l><lb/> <l>Fuͤhlt daß ers muß, und fuͤhlt daß es ihm muß mislingen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [96/0106]
9.
Es kann dir freilich nicht auf dieſer Welt gefallen,
Da deine Seele wohnt in ſchoͤnern Himmelshallen.
Der Abſtand iſt zu weit, die Kluft wird niemals voll,
Die aufgaͤhnt zwiſchen dem was iſt, und werden ſoll.
Die Worte die du hoͤrſt, die Mienen die du ſiehſt,
Sind lauter Widerſpruch mit dem wovor du knieſt,
Der Menſchheit ſchoͤnem Bild, wie es muß einſt auf Erden
Geweſen ſeyn, und wie es muß einſt wieder werden.
Wes ganzes Streben iſt auf dieſes Ziel gerichtet,
Iſt von der Welt getrennt, und iſt ihr doch verpflichtet,
Will ihr mit Liebeszorn, was ſie nicht will, aufdringen,
Fuͤhlt daß ers muß, und fuͤhlt daß es ihm muß mislingen.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/106>, abgerufen am 25.07.2024. |