12. Die gemeine Birke, Betula verrucosa Ehrhard. (B. alba auctorum*)).
Schon die untenstehende Anmerkung läßt errathen, daß der aller Welt bekannte weißstämmige Baum der Wissenschaft kritische Bedenken verursacht. Gerade die Birke ist ein Jedermann in jedem Alterszustande vollständig bekanntes Gewächs und doch zugleich für die Wissenschaft ein Gegenstand des Zweifels und der Unsicherheit. Unter dem geringsten Maaß botanischen Wissens des Anfängers hatte bisher Betula alba sein unangefochtenes Plätzchen und jetzt beginnt dieser alte ehrwürdige Linne'sche Name aus den Büchern zu verschwinden, weil man immer mehr erkennen zu müssen glaubt, daß Linne unter diesem Namen nicht eine sondern mehrere hin- länglich von einander unterscheidbare Birkenarten zusammenwarf und man nicht weiß, welcher dieser Arten der Linne'sche Namen ausschließend zu- zutheilen sei.
Die Birken sind durch zahlreiche Arten in der kälteren gemäßigten Zone vertreten, von denen nach der neueren Auffassung höchstens fünf auf Deutschland kommen, von denen 2 niedere Sträucher sind.
Um die scharfe Unterscheidung unserer Birkenarten zu erschweren kommt noch hinzu, daß wenigstens die baumartigen Birken außerordentlich veränderlich sind, sowohl nach den einzelnen Individiuen wie nach den verschiedenen Zuständen ihrer Entwicklung und forstlichen Behandlung. Bei der Buche, den Eichen, dem Hornbaum, Hopfenbuche und den Erlen- arten war dies anders; sie bleiben sich immer gleich und sind daher leicht erkannt worden.
In Folgendem halten wir B. verrucosa Ehrh., die gemeine Birke als herrschende deutsche Birkenart fest.
*) Dies "auctorum" bedeutet, daß die gemeine Birke seit langer Zeit unter dem Namen B. alba unkritisch mit anderen Arten zusammen vermengt worden ist und zwar von den verschiedensten Verfassern (auctores) botanischer Schriften. Eigentlich hat Linne den Namen B. alba gegeben, aber ebenfalls Verschiedenartiges darunter zusammenfassend, was erst Ehrhard davon ausschied und so eine reine B. alba herstellte. Ehrhard hat also den Linne'schen Begriff B. alba verbessert (emendirt) und daher pflegt man in solchen Fällen richtiger zu citiren: ex emendatione mit Beibehaltung des Namens des ersten Namengebers; also hier: B. alba Linne ex emend. Ehrhardi.
12. Die gemeine Birke, Betula verrucosa Ehrhard. (B. alba auctorum*)).
Schon die untenſtehende Anmerkung läßt errathen, daß der aller Welt bekannte weißſtämmige Baum der Wiſſenſchaft kritiſche Bedenken verurſacht. Gerade die Birke iſt ein Jedermann in jedem Alterszuſtande vollſtändig bekanntes Gewächs und doch zugleich für die Wiſſenſchaft ein Gegenſtand des Zweifels und der Unſicherheit. Unter dem geringſten Maaß botaniſchen Wiſſens des Anfängers hatte bisher Betula alba ſein unangefochtenes Plätzchen und jetzt beginnt dieſer alte ehrwürdige Linné’ſche Name aus den Büchern zu verſchwinden, weil man immer mehr erkennen zu müſſen glaubt, daß Linné unter dieſem Namen nicht eine ſondern mehrere hin- länglich von einander unterſcheidbare Birkenarten zuſammenwarf und man nicht weiß, welcher dieſer Arten der Linné’ſche Namen ausſchließend zu- zutheilen ſei.
Die Birken ſind durch zahlreiche Arten in der kälteren gemäßigten Zone vertreten, von denen nach der neueren Auffaſſung höchſtens fünf auf Deutſchland kommen, von denen 2 niedere Sträucher ſind.
Um die ſcharfe Unterſcheidung unſerer Birkenarten zu erſchweren kommt noch hinzu, daß wenigſtens die baumartigen Birken außerordentlich veränderlich ſind, ſowohl nach den einzelnen Individiuen wie nach den verſchiedenen Zuſtänden ihrer Entwicklung und forſtlichen Behandlung. Bei der Buche, den Eichen, dem Hornbaum, Hopfenbuche und den Erlen- arten war dies anders; ſie bleiben ſich immer gleich und ſind daher leicht erkannt worden.
In Folgendem halten wir B. verrucosa Ehrh., die gemeine Birke als herrſchende deutſche Birkenart feſt.
*) Dies „auctorum“ bedeutet, daß die gemeine Birke ſeit langer Zeit unter dem Namen B. alba unkritiſch mit anderen Arten zuſammen vermengt worden iſt und zwar von den verſchiedenſten Verfaſſern (auctores) botaniſcher Schriften. Eigentlich hat Linné den Namen B. alba gegeben, aber ebenfalls Verſchiedenartiges darunter zuſammenfaſſend, was erſt Ehrhard davon ausſchied und ſo eine reine B. alba herſtellte. Ehrhard hat alſo den Linné’ſchen Begriff B. alba verbeſſert (emendirt) und daher pflegt man in ſolchen Fällen richtiger zu citiren: ex emendatione mit Beibehaltung des Namens des erſten Namengebers; alſo hier: B. alba Linné ex emend. Ehrhardi.
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12. Die gemeine Birke, Betula verrucosa Ehrhard.
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bekannte weißſtämmige Baum der Wiſſenſchaft kritiſche Bedenken verurſacht.
Gerade die Birke iſt ein Jedermann in jedem Alterszuſtande vollſtändig
bekanntes Gewächs und doch zugleich für die Wiſſenſchaft ein Gegenſtand des
Zweifels und der Unſicherheit. Unter dem geringſten Maaß botaniſchen
Wiſſens des Anfängers hatte bisher Betula alba ſein unangefochtenes
Plätzchen und jetzt beginnt dieſer alte ehrwürdige Linné’ſche Name aus
den Büchern zu verſchwinden, weil man immer mehr erkennen zu müſſen
glaubt, daß Linné unter dieſem Namen nicht eine ſondern mehrere hin-
länglich von einander unterſcheidbare Birkenarten zuſammenwarf und man
nicht weiß, welcher dieſer Arten der Linné’ſche Namen ausſchließend zu-
zutheilen ſei.
Die Birken ſind durch zahlreiche Arten in der kälteren gemäßigten
Zone vertreten, von denen nach der neueren Auffaſſung höchſtens fünf auf
Deutſchland kommen, von denen 2 niedere Sträucher ſind.
Um die ſcharfe Unterſcheidung unſerer Birkenarten zu erſchweren
kommt noch hinzu, daß wenigſtens die baumartigen Birken außerordentlich
veränderlich ſind, ſowohl nach den einzelnen Individiuen wie nach den
verſchiedenen Zuſtänden ihrer Entwicklung und forſtlichen Behandlung.
Bei der Buche, den Eichen, dem Hornbaum, Hopfenbuche und den Erlen-
arten war dies anders; ſie bleiben ſich immer gleich und ſind daher leicht
erkannt worden.
In Folgendem halten wir B. verrucosa Ehrh., die gemeine Birke
als herrſchende deutſche Birkenart feſt.
*) Dies „auctorum“ bedeutet, daß die gemeine Birke ſeit langer Zeit unter dem
Namen B. alba unkritiſch mit anderen Arten zuſammen vermengt worden iſt und zwar
von den verſchiedenſten Verfaſſern (auctores) botaniſcher Schriften. Eigentlich hat Linné
den Namen B. alba gegeben, aber ebenfalls Verſchiedenartiges darunter zuſammenfaſſend,
was erſt Ehrhard davon ausſchied und ſo eine reine B. alba herſtellte. Ehrhard hat alſo
den Linné’ſchen Begriff B. alba verbeſſert (emendirt) und daher pflegt man in ſolchen
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Namengebers; alſo hier: B. alba Linné ex emend. Ehrhardi.
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/468>, abgerufen am 23.02.2025.
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