Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Theil. XIX. Capitul.
vorprediget, sie meynen, es wäre Zeit genug, wenn
ihm der Tod auf der Zunge sässe; sie verbieten al-
len Leuten daß sie ihm von einigen ominösen Vor-
bothen seines Todes nichts sagen sollen, welches
doch bey einigen ruchlosen Gemüthern wohl nöthig
wäre. Sie schwatzen ihm, insonderheit wenn es
eine Person höhern Standes, biß an die Pforten
der Ewigkeit, von lauter solchen Sachen vor, die sei-
nem Temperament und seinem Fleisch und Blut
angenehm sind, und werden sehr verdrüßlich, wenn
andere von gottseligen Dingen, oder vom Tode und
der Ewigkeit anfangen wollen zu reden.

Das XIX. Capitul.
Von Begräbnissen.

§. 1.

EJn ehrliches und Standes-mäßiges Be-
gräbniß, und die persönliche Gegenwart
dabey, ist die letzte Liebes-Pflicht, so die
Hinterlassenen dem Verstorbenen leisten
können. Von Rechts wegen solte es nicht allein
mit allen Umständen harmoniren, darinnen sich der
Verstorbene befunden, und in denen die Hinterlas-
senen sich befinden, sondern vornemlich nach den
Regeln der göttlichen und weltlichen Gesetze einge-
richtet seyn, und Verstand und Tugend dabey her-
vor leuchten, jedoch die lasterhafften Neigungen des

Ver-

I. Theil. XIX. Capitul.
vorprediget, ſie meynen, es waͤre Zeit genug, wenn
ihm der Tod auf der Zunge ſaͤſſe; ſie verbieten al-
len Leuten daß ſie ihm von einigen ominöſen Vor-
bothen ſeines Todes nichts ſagen ſollen, welches
doch bey einigen ruchloſen Gemuͤthern wohl noͤthig
waͤre. Sie ſchwatzen ihm, inſonderheit wenn es
eine Perſon hoͤhern Standes, biß an die Pforten
der Ewigkeit, von lauter ſolchen Sachen vor, die ſei-
nem Temperament und ſeinem Fleiſch und Blut
angenehm ſind, und werden ſehr verdruͤßlich, wenn
andere von gottſeligen Dingen, oder vom Tode und
der Ewigkeit anfangen wollen zu reden.

Das XIX. Capitul.
Von Begraͤbniſſen.

§. 1.

EJn ehrliches und Standes-maͤßiges Be-
graͤbniß, und die perſoͤnliche Gegenwart
dabey, iſt die letzte Liebes-Pflicht, ſo die
Hinterlaſſenen dem Verſtorbenen leiſten
koͤnnen. Von Rechts wegen ſolte es nicht allein
mit allen Umſtaͤnden harmoniren, darinnen ſich der
Verſtorbene befunden, und in denen die Hinterlaſ-
ſenen ſich befinden, ſondern vornemlich nach den
Regeln der goͤttlichen und weltlichen Geſetze einge-
richtet ſeyn, und Verſtand und Tugend dabey her-
vor leuchten, jedoch die laſterhafften Neigungen des

Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0682" n="662"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">XIX.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
vorprediget, &#x017F;ie meynen, es wa&#x0364;re Zeit genug, wenn<lb/>
ihm der Tod auf der Zunge &#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; &#x017F;ie verbieten al-<lb/>
len Leuten daß &#x017F;ie ihm von einigen <hi rendition="#aq">ominö&#x017F;</hi>en Vor-<lb/>
bothen &#x017F;eines Todes nichts &#x017F;agen &#x017F;ollen, welches<lb/>
doch bey einigen ruchlo&#x017F;en Gemu&#x0364;thern wohl no&#x0364;thig<lb/>
wa&#x0364;re. Sie &#x017F;chwatzen ihm, in&#x017F;onderheit wenn es<lb/>
eine Per&#x017F;on ho&#x0364;hern Standes, biß an die Pforten<lb/>
der Ewigkeit, von lauter &#x017F;olchen Sachen vor, die &#x017F;ei-<lb/>
nem <hi rendition="#aq">Temperament</hi> und &#x017F;einem Flei&#x017F;ch und Blut<lb/>
angenehm &#x017F;ind, und werden &#x017F;ehr verdru&#x0364;ßlich, wenn<lb/>
andere von gott&#x017F;eligen Dingen, oder vom Tode und<lb/>
der Ewigkeit anfangen wollen zu reden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XIX.</hi> Capitul.<lb/>
Von Begra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;en.</hi> </head><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">§. 1.</hi> </p><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>Jn ehrliches und Standes-ma&#x0364;ßiges Be-<lb/>
gra&#x0364;bniß, und die per&#x017F;o&#x0364;nliche Gegenwart<lb/>
dabey, i&#x017F;t die letzte Liebes-Pflicht, &#x017F;o die<lb/>
Hinterla&#x017F;&#x017F;enen dem Ver&#x017F;torbenen lei&#x017F;ten<lb/>
ko&#x0364;nnen. Von Rechts wegen &#x017F;olte es nicht allein<lb/>
mit allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden <hi rendition="#aq">harmoni</hi>ren, darinnen &#x017F;ich der<lb/>
Ver&#x017F;torbene befunden, und in denen die Hinterla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen &#x017F;ich befinden, &#x017F;ondern vornemlich nach den<lb/>
Regeln der go&#x0364;ttlichen und weltlichen Ge&#x017F;etze einge-<lb/>
richtet &#x017F;eyn, und Ver&#x017F;tand und Tugend dabey her-<lb/>
vor leuchten, jedoch die la&#x017F;terhafften Neigungen des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[662/0682] I. Theil. XIX. Capitul. vorprediget, ſie meynen, es waͤre Zeit genug, wenn ihm der Tod auf der Zunge ſaͤſſe; ſie verbieten al- len Leuten daß ſie ihm von einigen ominöſen Vor- bothen ſeines Todes nichts ſagen ſollen, welches doch bey einigen ruchloſen Gemuͤthern wohl noͤthig waͤre. Sie ſchwatzen ihm, inſonderheit wenn es eine Perſon hoͤhern Standes, biß an die Pforten der Ewigkeit, von lauter ſolchen Sachen vor, die ſei- nem Temperament und ſeinem Fleiſch und Blut angenehm ſind, und werden ſehr verdruͤßlich, wenn andere von gottſeligen Dingen, oder vom Tode und der Ewigkeit anfangen wollen zu reden. Das XIX. Capitul. Von Begraͤbniſſen. §. 1. EJn ehrliches und Standes-maͤßiges Be- graͤbniß, und die perſoͤnliche Gegenwart dabey, iſt die letzte Liebes-Pflicht, ſo die Hinterlaſſenen dem Verſtorbenen leiſten koͤnnen. Von Rechts wegen ſolte es nicht allein mit allen Umſtaͤnden harmoniren, darinnen ſich der Verſtorbene befunden, und in denen die Hinterlaſ- ſenen ſich befinden, ſondern vornemlich nach den Regeln der goͤttlichen und weltlichen Geſetze einge- richtet ſeyn, und Verſtand und Tugend dabey her- vor leuchten, jedoch die laſterhafften Neigungen des Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/682
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/682>, abgerufen am 21.12.2024.