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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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Staatsgarantie wurde 1913 mit 17·47 Mill., 1914 mit 51·24 Mill. in Anspruch genommen.


Parlamentszüge (parliamentary oder cheap trains), in England üblicher Ausdruck für Personenzüge mit niedrigen Tarifsätzen, zu deren Einlegung die Eisenbahngesellschaften durch Ges. vom 9. August 1844 gezwungen wurden. Bei der Ausbildung des Personenfahrplans hatten die englischen Eisenbahnen den Verkehr III. Klasse, als den weniger ertragsreichen, anfangs sehr vernachlässigt zu gunsten des höhere Einnahmen versprechenden Verkehrs der oberen Wagenklassen. Hiergegen schritt die Regierung von Aufsichts wegen ein. Sie legte den Eisenbahnen durch Gesetz die Verpflichtung auf, auf jeder Bahn in beiden Richtungen täglich mindestens einen Zug mit einer Wagenklasse zum Preise von höchstens 1 Penny (8·5 Pf.) f. d. Meile = 5·33 Pf/km zu fahren. Anfangs beschränkten sich die Eisenbahnen auf diesen einen oder auf die wenigen für den Arbeiterverkehr unumgänglich notwendigen Züge III. Klasse. Zuerst bei der Midland-Eisenbahngesellschaft und bald darauf auch bei den anderen größeren Verwaltungen griff dann aber eine andere Auffassung über die Ertragsfähigkeit des Personenverkehrs in den verschiedenen Wagenklassen Platz. Die Folge davon war, daß seit dem Jahre 1872 auch ohne gesetzlichen Zwang eine Weiterentwicklung des Verkehrs in der III. Klasse stattgefunden hat. Im Jahre 1883 ist dann durch die Cheap trains - Akte das Gesetz über die P. wieder aufgehoben (s. Großbritanniens und Irlands Eisenbahnen, Bd. V, S. 379). Seitdem bildet der Verkehr in der III. Klasse die Haupteinnahmequelle für die englischen Eisenbahnen im Personenverkehr (s. Fahrplan und Personentarife).

Breusing.


Passagiersteuer s. Fahrkartensteuer, Transportsteuer.


Passive Resistenz, Obstruktion, Kampfmittel der Eisenbahnerorganisationen zur Durchsetzung ihrer Forderungen.

Die Idee dieser Bewegung soll dem Kopf eines italienischen Bahnbeamten namens Scalzotto entsprungen sein und geht darauf hinaus, durch eine möglichst genaue, schikanöse und langsame Ausführung der einzelnen Obliegenheiten einer großen Zahl von Betriebsbeamten, immer jedoch in den Grenzen der bestehenden Vorschriften, den regelrechten Fortgang des Betriebs - soweit als nur angängig - zu verlangsamen und, wenn möglich, ganz zum Stillstand zu bringen.

Die erste derartige Obstruktionsbewegung setzte in Italien im Februar 1905 ein und hat von dort den Weg in andere europäische Länder gefunden. Die italienischen Eisenbahner hatten den Erfolg zu verzeichnen, daß die Regierung ihre Entlassung einreichte.

Infolge des Rücktritts der Regierung beschloß das Aktionskomitee der Eisenbahnbediensteten, die Obstruktion aufzugeben.

Der Senat hatte sich fast einstimmig scharf gegen die Obstruktion ausgesprochen und eine von der Regierung genehmigte Tagesordnung angenommen, wonach das Haus vertraut, daß die Regierung durch ein wirksames Eingreifen der mißlichen Lage ein Ende bereiten und Mittel finden werde, um die Wiederholung ähnlicher Vorfälle in einem öffentlichen Betrieb zu verhindern.

Die italienische Regierung brachte daraufhin einen entsprechenden Gesetzentwurf ein (s. Italienische Eisenbahnen).

In Österreich trat Oktober 1905 das auf böhmischen Linien der österreichischen Staatsbahnen beim Verschubdienst verwendete Personal in einen Lohnkampf, bei dem sich dieses der Kampfform bediente, für die sich seither die Bezeichnung P. eingebürgert hat.

Im Oktober 1907 brach auf der Nordwestbahn und auf der Staatseisenbahngesellschaft die P. aus, welcher Bewegung sich auch die Bediensteten der Aspangbahn anschlössen.

Die Bewegung nahm einen größeren Umfang an als im Jahre 1905, da sich die Beamten der niederen Kategorien der Bewegung anschlossen.

Unter Einflußnahme der Regierung wurde eine Einigung erzielt und die P. am 15. Oktober eingestellt.

1908 traten die Beamten der verstaatlichten Nordbahn in die P. Die Unterbeamten und Diener hielten sich von der Bewegung ferne.

Dieser Umstand sowie die Hinausgabe eines Erlasses, mit dem die P. als schweres, selbst mit Entlassung zu bestrafendes Dienstvergehen bezeichnet wurde und der die schärfsten Maßregeln gegen die in dieser Bewegung verharrenden Beamten androhte, führte, ohne daß die aufgestellten Forderungen zugestanden worden wären, am 26. Oktober die Einstellung der Resistenzbewegung herbei.

1910 machte sich auf den Linien der Südbahn in der Zeit vom 15. bis 21. September eine Resistenzbewegung geltend.

Die letzte Resistenzbewegung war jene der Eisenbahn- und Postangestellten in Triest im Februar 1911.

In Ungarn traten bei den Staatsbahnen wiederholt Fälle von P. auf und sah sich die Regierung veranlaßt, in die Dienstpragmatik für die Staatsbahnbediensteten eine Bestimmung aufzunehmen, wonach ebenso wie der Streik auch die P. sowie die Teilnahme an den darauf abzielenden Verabredungen und Versammlungen oder das Anstiften und Aufwiegeln hierzu mit sofortiger Entlassung bestraft wird.

Staatsgarantie wurde 1913 mit 17·47 Mill., 1914 mit 51·24 Mill. in Anspruch genommen.


Parlamentszüge (parliamentary oder cheap trains), in England üblicher Ausdruck für Personenzüge mit niedrigen Tarifsätzen, zu deren Einlegung die Eisenbahngesellschaften durch Ges. vom 9. August 1844 gezwungen wurden. Bei der Ausbildung des Personenfahrplans hatten die englischen Eisenbahnen den Verkehr III. Klasse, als den weniger ertragsreichen, anfangs sehr vernachlässigt zu gunsten des höhere Einnahmen versprechenden Verkehrs der oberen Wagenklassen. Hiergegen schritt die Regierung von Aufsichts wegen ein. Sie legte den Eisenbahnen durch Gesetz die Verpflichtung auf, auf jeder Bahn in beiden Richtungen täglich mindestens einen Zug mit einer Wagenklasse zum Preise von höchstens 1 Penny (8·5 Pf.) f. d. Meile = 5·33 Pf/km zu fahren. Anfangs beschränkten sich die Eisenbahnen auf diesen einen oder auf die wenigen für den Arbeiterverkehr unumgänglich notwendigen Züge III. Klasse. Zuerst bei der Midland-Eisenbahngesellschaft und bald darauf auch bei den anderen größeren Verwaltungen griff dann aber eine andere Auffassung über die Ertragsfähigkeit des Personenverkehrs in den verschiedenen Wagenklassen Platz. Die Folge davon war, daß seit dem Jahre 1872 auch ohne gesetzlichen Zwang eine Weiterentwicklung des Verkehrs in der III. Klasse stattgefunden hat. Im Jahre 1883 ist dann durch die Cheap trains – Akte das Gesetz über die P. wieder aufgehoben (s. Großbritanniens und Irlands Eisenbahnen, Bd. V, S. 379). Seitdem bildet der Verkehr in der III. Klasse die Haupteinnahmequelle für die englischen Eisenbahnen im Personenverkehr (s. Fahrplan und Personentarife).

Breusing.


Passagiersteuer s. Fahrkartensteuer, Transportsteuer.


Passive Resistenz, Obstruktion, Kampfmittel der Eisenbahnerorganisationen zur Durchsetzung ihrer Forderungen.

Die Idee dieser Bewegung soll dem Kopf eines italienischen Bahnbeamten namens Scalzotto entsprungen sein und geht darauf hinaus, durch eine möglichst genaue, schikanöse und langsame Ausführung der einzelnen Obliegenheiten einer großen Zahl von Betriebsbeamten, immer jedoch in den Grenzen der bestehenden Vorschriften, den regelrechten Fortgang des Betriebs – soweit als nur angängig – zu verlangsamen und, wenn möglich, ganz zum Stillstand zu bringen.

Die erste derartige Obstruktionsbewegung setzte in Italien im Februar 1905 ein und hat von dort den Weg in andere europäische Länder gefunden. Die italienischen Eisenbahner hatten den Erfolg zu verzeichnen, daß die Regierung ihre Entlassung einreichte.

Infolge des Rücktritts der Regierung beschloß das Aktionskomitee der Eisenbahnbediensteten, die Obstruktion aufzugeben.

Der Senat hatte sich fast einstimmig scharf gegen die Obstruktion ausgesprochen und eine von der Regierung genehmigte Tagesordnung angenommen, wonach das Haus vertraut, daß die Regierung durch ein wirksames Eingreifen der mißlichen Lage ein Ende bereiten und Mittel finden werde, um die Wiederholung ähnlicher Vorfälle in einem öffentlichen Betrieb zu verhindern.

Die italienische Regierung brachte daraufhin einen entsprechenden Gesetzentwurf ein (s. Italienische Eisenbahnen).

In Österreich trat Oktober 1905 das auf böhmischen Linien der österreichischen Staatsbahnen beim Verschubdienst verwendete Personal in einen Lohnkampf, bei dem sich dieses der Kampfform bediente, für die sich seither die Bezeichnung P. eingebürgert hat.

Im Oktober 1907 brach auf der Nordwestbahn und auf der Staatseisenbahngesellschaft die P. aus, welcher Bewegung sich auch die Bediensteten der Aspangbahn anschlössen.

Die Bewegung nahm einen größeren Umfang an als im Jahre 1905, da sich die Beamten der niederen Kategorien der Bewegung anschlossen.

Unter Einflußnahme der Regierung wurde eine Einigung erzielt und die P. am 15. Oktober eingestellt.

1908 traten die Beamten der verstaatlichten Nordbahn in die P. Die Unterbeamten und Diener hielten sich von der Bewegung ferne.

Dieser Umstand sowie die Hinausgabe eines Erlasses, mit dem die P. als schweres, selbst mit Entlassung zu bestrafendes Dienstvergehen bezeichnet wurde und der die schärfsten Maßregeln gegen die in dieser Bewegung verharrenden Beamten androhte, führte, ohne daß die aufgestellten Forderungen zugestanden worden wären, am 26. Oktober die Einstellung der Resistenzbewegung herbei.

1910 machte sich auf den Linien der Südbahn in der Zeit vom 15. bis 21. September eine Resistenzbewegung geltend.

Die letzte Resistenzbewegung war jene der Eisenbahn- und Postangestellten in Triest im Februar 1911.

In Ungarn traten bei den Staatsbahnen wiederholt Fälle von P. auf und sah sich die Regierung veranlaßt, in die Dienstpragmatik für die Staatsbahnbediensteten eine Bestimmung aufzunehmen, wonach ebenso wie der Streik auch die P. sowie die Teilnahme an den darauf abzielenden Verabredungen und Versammlungen oder das Anstiften und Aufwiegeln hierzu mit sofortiger Entlassung bestraft wird.

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[469/0487] Staatsgarantie wurde 1913 mit 17·47 Mill., 1914 mit 51·24 Mill. in Anspruch genommen. Parlamentszüge (parliamentary oder cheap trains), in England üblicher Ausdruck für Personenzüge mit niedrigen Tarifsätzen, zu deren Einlegung die Eisenbahngesellschaften durch Ges. vom 9. August 1844 gezwungen wurden. Bei der Ausbildung des Personenfahrplans hatten die englischen Eisenbahnen den Verkehr III. Klasse, als den weniger ertragsreichen, anfangs sehr vernachlässigt zu gunsten des höhere Einnahmen versprechenden Verkehrs der oberen Wagenklassen. Hiergegen schritt die Regierung von Aufsichts wegen ein. Sie legte den Eisenbahnen durch Gesetz die Verpflichtung auf, auf jeder Bahn in beiden Richtungen täglich mindestens einen Zug mit einer Wagenklasse zum Preise von höchstens 1 Penny (8·5 Pf.) f. d. Meile = 5·33 Pf/km zu fahren. Anfangs beschränkten sich die Eisenbahnen auf diesen einen oder auf die wenigen für den Arbeiterverkehr unumgänglich notwendigen Züge III. Klasse. Zuerst bei der Midland-Eisenbahngesellschaft und bald darauf auch bei den anderen größeren Verwaltungen griff dann aber eine andere Auffassung über die Ertragsfähigkeit des Personenverkehrs in den verschiedenen Wagenklassen Platz. Die Folge davon war, daß seit dem Jahre 1872 auch ohne gesetzlichen Zwang eine Weiterentwicklung des Verkehrs in der III. Klasse stattgefunden hat. Im Jahre 1883 ist dann durch die Cheap trains – Akte das Gesetz über die P. wieder aufgehoben (s. Großbritanniens und Irlands Eisenbahnen, Bd. V, S. 379). Seitdem bildet der Verkehr in der III. Klasse die Haupteinnahmequelle für die englischen Eisenbahnen im Personenverkehr (s. Fahrplan und Personentarife). Breusing. Passagiersteuer s. Fahrkartensteuer, Transportsteuer. Passive Resistenz, Obstruktion, Kampfmittel der Eisenbahnerorganisationen zur Durchsetzung ihrer Forderungen. Die Idee dieser Bewegung soll dem Kopf eines italienischen Bahnbeamten namens Scalzotto entsprungen sein und geht darauf hinaus, durch eine möglichst genaue, schikanöse und langsame Ausführung der einzelnen Obliegenheiten einer großen Zahl von Betriebsbeamten, immer jedoch in den Grenzen der bestehenden Vorschriften, den regelrechten Fortgang des Betriebs – soweit als nur angängig – zu verlangsamen und, wenn möglich, ganz zum Stillstand zu bringen. Die erste derartige Obstruktionsbewegung setzte in Italien im Februar 1905 ein und hat von dort den Weg in andere europäische Länder gefunden. Die italienischen Eisenbahner hatten den Erfolg zu verzeichnen, daß die Regierung ihre Entlassung einreichte. Infolge des Rücktritts der Regierung beschloß das Aktionskomitee der Eisenbahnbediensteten, die Obstruktion aufzugeben. Der Senat hatte sich fast einstimmig scharf gegen die Obstruktion ausgesprochen und eine von der Regierung genehmigte Tagesordnung angenommen, wonach das Haus vertraut, daß die Regierung durch ein wirksames Eingreifen der mißlichen Lage ein Ende bereiten und Mittel finden werde, um die Wiederholung ähnlicher Vorfälle in einem öffentlichen Betrieb zu verhindern. Die italienische Regierung brachte daraufhin einen entsprechenden Gesetzentwurf ein (s. Italienische Eisenbahnen). In Österreich trat Oktober 1905 das auf böhmischen Linien der österreichischen Staatsbahnen beim Verschubdienst verwendete Personal in einen Lohnkampf, bei dem sich dieses der Kampfform bediente, für die sich seither die Bezeichnung P. eingebürgert hat. Im Oktober 1907 brach auf der Nordwestbahn und auf der Staatseisenbahngesellschaft die P. aus, welcher Bewegung sich auch die Bediensteten der Aspangbahn anschlössen. Die Bewegung nahm einen größeren Umfang an als im Jahre 1905, da sich die Beamten der niederen Kategorien der Bewegung anschlossen. Unter Einflußnahme der Regierung wurde eine Einigung erzielt und die P. am 15. Oktober eingestellt. 1908 traten die Beamten der verstaatlichten Nordbahn in die P. Die Unterbeamten und Diener hielten sich von der Bewegung ferne. Dieser Umstand sowie die Hinausgabe eines Erlasses, mit dem die P. als schweres, selbst mit Entlassung zu bestrafendes Dienstvergehen bezeichnet wurde und der die schärfsten Maßregeln gegen die in dieser Bewegung verharrenden Beamten androhte, führte, ohne daß die aufgestellten Forderungen zugestanden worden wären, am 26. Oktober die Einstellung der Resistenzbewegung herbei. 1910 machte sich auf den Linien der Südbahn in der Zeit vom 15. bis 21. September eine Resistenzbewegung geltend. Die letzte Resistenzbewegung war jene der Eisenbahn- und Postangestellten in Triest im Februar 1911. In Ungarn traten bei den Staatsbahnen wiederholt Fälle von P. auf und sah sich die Regierung veranlaßt, in die Dienstpragmatik für die Staatsbahnbediensteten eine Bestimmung aufzunehmen, wonach ebenso wie der Streik auch die P. sowie die Teilnahme an den darauf abzielenden Verabredungen und Versammlungen oder das Anstiften und Aufwiegeln hierzu mit sofortiger Entlassung bestraft wird.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/487>, abgerufen am 22.12.2024.