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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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Gang hervorruft; außerdem werden die Gleisentwicklungen unbequem. Man kann diese Nachteile mildern oder vermeiden, wenn man den Mutterstrang krümmt.

Bei Weichen gleicher Anordnung wird der Halbmesser des krummen Stranges um so größer, je kleiner der Herzstückwinkel ist. Weichen mit großen Halbmessern werden für G. in erster Linie dort angewandt, wo schnellfahrende Züge aus der geraden Richtung abgelenkt werden sollen (s. Abzweigung auf freier Strecke), Weichen mit kleineren Halbmessern kommen dagegen dort in Frage, wo es auf eine kurze Gleisentwicklung ankommt, also z. B. bei Aufstellgleisen, Verschiebegleisen u. s. w. Bei Kreuzungen und Kreuzungsweichen gewöhnlicher Bauart darf der Herzstückwinkel nicht unter ein gewisses Maß (1 : 10, besser 1 : 9) herabgehen, weil andernfalls die "führungslose Stelle" zu lang wird. Wo man Kreuzungen mit beweglichen Schienen (statt fester Herzstücke) anwendet, kann man den Winkel noch spitzer machen.

Auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen verwendet man im allgemeinen Weichen 1 : 9, ausnahmsweise für Nebengleise solche 1 : 7. Zur Abspaltung von Personengleisen dienen Weichen 1 : 14. In Bayern wird ebenfalls im allgemeinen das Herzstückverhältnis 1 : 9, an solchen Stellen jedoch, wo im regelmäßigen Betriebe Züge abgelenkt werden, das Verhältnis 1 : 10 angewandt. Weichen, die nur beim Rangieren in der Ablenkung befahren werden, erhalten die Neigung 1 : 8. In Ablaufanlagen verwendet man Neigungen 1 : 8 oder 1 : 7. Auf den badischen Staatsbahnen sind Herzstücke 1 : 8, 1 : 10 und 1 : 10·747 üblich, wobei die Neigung durch den doppelten Sinus des halben Winkels ausgedrückt ist.

In Österreich verwendet man auf den StB. Weichen mit der Neigung 1 : 9·5, auf der Südbahn solche mit der Neigung 1 : 16.

In der Schweiz benutzt man in der Regel Weichen mit der Neigung 1 : 9 und 1 : 8, doch kommen auch solche 1 : 11, 1 : 10 und 1 : 7 vor. In Frankreich, wo die Neigung vielfach durch den doppelten Sinus des halben Winkels ausgedrückt wird, ist das Herzstückverhältnis 1 : 14, 1 : 11, 1 : 9 oder 1 : 71/2.

In England ist die Weichenneigung für Personenzuggleise gewöhnlich 1 : 9 oder 1 : 10; zugelassen ist noch 1 : 8. Für Bogenweichen eines Krümmungssinnes (Innenbogenweichen) werden in Ausnahmefällen Neigungen von 1 : 20 angewandt, in der Regel geht man aber auch bei solchen Weichen nicht über 1 : 16 hinaus. Einfache Herzstücke sollen im allgemeinen nicht flacher als 1 : 12, doppelte Herzstücke (bei Kreuzungen) nicht flacher als 1 : 9 sein. In Gütergleisen, die nicht von Lokomotiven befahren werden, liegen häufig Weichen 1 : 6, ausnahmsweise auch 1 : 5·5. Auf den nordamerikanischen Eisenbahnen schwankt der Weichenwinkel etwa zwischen 1 : 4 und 1 : 24. Für die Abzweigung von Weichenstraßen aus Hauptgleisen verwendet man Weichen 1 : 10 bis 1 : 12, zum Anschluß der Nebengleise dagegen Weichen 1 : 7 bis 1 : 9. Es sei hier erwähnt, daß in Amerika Kreuzungen und Kreuzungsweichen mit festen Herzstücken wegen der ausschließlichen Verwendung von Drehgestellwagen nur bei Neigungen angewandt werden, die nicht kleiner sind als 1 : 7. Auf dem neuen Bahnhof der Grand Central Lines in New York ist die Grenze auf 1 : 61/2 festgesetzt. Manche amerikanische Autoren empfehlen sogar, nicht unter 1 : 6 herabzugehen. Bei kleineren Kreuzungswinkeln verwendet man bewegliche Herzstücke (s. Drehscheiben, Gegenkrümmungen, Kreuzungen, Schiebebühnen, Weichen).

Literatur: E. Deharme, Chemins de fer, Superstructure, Paris 1890. - Hb. d. Ing. W. V, 3 sowie V, 4, 1, und V, 4, 2, Leipzig 1907/1913. - Eis. T. d. G. II, 2, Wiesbaden 1908. - J. Frahm, Das englische Eisenbahnwesen, Berlin 1911. - Droege, Freight Terminal and Trains, New York 1912.

Oder.


Gleisverschlingung (overlapping or interlacing of lines; interposition de voie; innesto di binario) nennt man eine Anordnung nach Abb. 286, bei der zwei Gleise auf einer gewissen


Abb. 286.
Strecke so miteinander verschlungen sind, daß immer nur eines von beiden Gleisen benutzt werden kann. G. werden beispielsweise auf doppelgleisigen Hauptbahnen vereinzelt dort angewendet, wo man mit Rücksicht auf die Herstellungskosten eine Brücke oder einen Tunnel vorläufig nur eingleisig ausgeführt hat; ferner benutzt man sie vorübergehend vielfach dann, wenn ein Stück des einen Fahrgleises wegen Umbau eines Bauwerkes oder dgl. eine Zeitlang nicht benutzbar ist. Man kann damit eine Art des eingleisigen Betriebes einrichten, ohne Weichen verwenden zu müssen. Ist die gemeinschaftliche Strecke sehr lang, so dürfte es sich empfehlen, statt einer G. das zu unterbrechende Gleis durch Weichenverbindungen an das Nachbargleis anzuschließen, um die kostspielige Herstellung der vierschienigen Strecke zu ersparen. Neuerdings ist die Anwendung von G. für solche Stadtbahnen empfohlen

Gang hervorruft; außerdem werden die Gleisentwicklungen unbequem. Man kann diese Nachteile mildern oder vermeiden, wenn man den Mutterstrang krümmt.

Bei Weichen gleicher Anordnung wird der Halbmesser des krummen Stranges um so größer, je kleiner der Herzstückwinkel ist. Weichen mit großen Halbmessern werden für G. in erster Linie dort angewandt, wo schnellfahrende Züge aus der geraden Richtung abgelenkt werden sollen (s. Abzweigung auf freier Strecke), Weichen mit kleineren Halbmessern kommen dagegen dort in Frage, wo es auf eine kurze Gleisentwicklung ankommt, also z. B. bei Aufstellgleisen, Verschiebegleisen u. s. w. Bei Kreuzungen und Kreuzungsweichen gewöhnlicher Bauart darf der Herzstückwinkel nicht unter ein gewisses Maß (1 : 10, besser 1 : 9) herabgehen, weil andernfalls die „führungslose Stelle“ zu lang wird. Wo man Kreuzungen mit beweglichen Schienen (statt fester Herzstücke) anwendet, kann man den Winkel noch spitzer machen.

Auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen verwendet man im allgemeinen Weichen 1 : 9, ausnahmsweise für Nebengleise solche 1 : 7. Zur Abspaltung von Personengleisen dienen Weichen 1 : 14. In Bayern wird ebenfalls im allgemeinen das Herzstückverhältnis 1 : 9, an solchen Stellen jedoch, wo im regelmäßigen Betriebe Züge abgelenkt werden, das Verhältnis 1 : 10 angewandt. Weichen, die nur beim Rangieren in der Ablenkung befahren werden, erhalten die Neigung 1 : 8. In Ablaufanlagen verwendet man Neigungen 1 : 8 oder 1 : 7. Auf den badischen Staatsbahnen sind Herzstücke 1 : 8, 1 : 10 und 1 : 10·747 üblich, wobei die Neigung durch den doppelten Sinus des halben Winkels ausgedrückt ist.

In Österreich verwendet man auf den StB. Weichen mit der Neigung 1 : 9·5, auf der Südbahn solche mit der Neigung 1 : 16.

In der Schweiz benutzt man in der Regel Weichen mit der Neigung 1 : 9 und 1 : 8, doch kommen auch solche 1 : 11, 1 : 10 und 1 : 7 vor. In Frankreich, wo die Neigung vielfach durch den doppelten Sinus des halben Winkels ausgedrückt wird, ist das Herzstückverhältnis 1 : 14, 1 : 11, 1 : 9 oder 1 : 71/2.

In England ist die Weichenneigung für Personenzuggleise gewöhnlich 1 : 9 oder 1 : 10; zugelassen ist noch 1 : 8. Für Bogenweichen eines Krümmungssinnes (Innenbogenweichen) werden in Ausnahmefällen Neigungen von 1 : 20 angewandt, in der Regel geht man aber auch bei solchen Weichen nicht über 1 : 16 hinaus. Einfache Herzstücke sollen im allgemeinen nicht flacher als 1 : 12, doppelte Herzstücke (bei Kreuzungen) nicht flacher als 1 : 9 sein. In Gütergleisen, die nicht von Lokomotiven befahren werden, liegen häufig Weichen 1 : 6, ausnahmsweise auch 1 : 5·5. Auf den nordamerikanischen Eisenbahnen schwankt der Weichenwinkel etwa zwischen 1 : 4 und 1 : 24. Für die Abzweigung von Weichenstraßen aus Hauptgleisen verwendet man Weichen 1 : 10 bis 1 : 12, zum Anschluß der Nebengleise dagegen Weichen 1 : 7 bis 1 : 9. Es sei hier erwähnt, daß in Amerika Kreuzungen und Kreuzungsweichen mit festen Herzstücken wegen der ausschließlichen Verwendung von Drehgestellwagen nur bei Neigungen angewandt werden, die nicht kleiner sind als 1 : 7. Auf dem neuen Bahnhof der Grand Central Lines in New York ist die Grenze auf 1 : 61/2 festgesetzt. Manche amerikanische Autoren empfehlen sogar, nicht unter 1 : 6 herabzugehen. Bei kleineren Kreuzungswinkeln verwendet man bewegliche Herzstücke (s. Drehscheiben, Gegenkrümmungen, Kreuzungen, Schiebebühnen, Weichen).

Literatur: E. Deharme, Chemins de fer, Superstructure, Paris 1890. – Hb. d. Ing. W. V, 3 sowie V, 4, 1, und V, 4, 2, Leipzig 1907/1913. – Eis. T. d. G. II, 2, Wiesbaden 1908. – J. Frahm, Das englische Eisenbahnwesen, Berlin 1911. – Droege, Freight Terminal and Trains, New York 1912.

Oder.


Gleisverschlingung (overlapping or interlacing of lines; interposition de voie; innesto di binario) nennt man eine Anordnung nach Abb. 286, bei der zwei Gleise auf einer gewissen


Abb. 286.
Strecke so miteinander verschlungen sind, daß immer nur eines von beiden Gleisen benutzt werden kann. G. werden beispielsweise auf doppelgleisigen Hauptbahnen vereinzelt dort angewendet, wo man mit Rücksicht auf die Herstellungskosten eine Brücke oder einen Tunnel vorläufig nur eingleisig ausgeführt hat; ferner benutzt man sie vorübergehend vielfach dann, wenn ein Stück des einen Fahrgleises wegen Umbau eines Bauwerkes oder dgl. eine Zeitlang nicht benutzbar ist. Man kann damit eine Art des eingleisigen Betriebes einrichten, ohne Weichen verwenden zu müssen. Ist die gemeinschaftliche Strecke sehr lang, so dürfte es sich empfehlen, statt einer G. das zu unterbrechende Gleis durch Weichenverbindungen an das Nachbargleis anzuschließen, um die kostspielige Herstellung der vierschienigen Strecke zu ersparen. Neuerdings ist die Anwendung von G. für solche Stadtbahnen empfohlen

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[352/0362] Gang hervorruft; außerdem werden die Gleisentwicklungen unbequem. Man kann diese Nachteile mildern oder vermeiden, wenn man den Mutterstrang krümmt. Bei Weichen gleicher Anordnung wird der Halbmesser des krummen Stranges um so größer, je kleiner der Herzstückwinkel ist. Weichen mit großen Halbmessern werden für G. in erster Linie dort angewandt, wo schnellfahrende Züge aus der geraden Richtung abgelenkt werden sollen (s. Abzweigung auf freier Strecke), Weichen mit kleineren Halbmessern kommen dagegen dort in Frage, wo es auf eine kurze Gleisentwicklung ankommt, also z. B. bei Aufstellgleisen, Verschiebegleisen u. s. w. Bei Kreuzungen und Kreuzungsweichen gewöhnlicher Bauart darf der Herzstückwinkel nicht unter ein gewisses Maß (1 : 10, besser 1 : 9) herabgehen, weil andernfalls die „führungslose Stelle“ zu lang wird. Wo man Kreuzungen mit beweglichen Schienen (statt fester Herzstücke) anwendet, kann man den Winkel noch spitzer machen. Auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen verwendet man im allgemeinen Weichen 1 : 9, ausnahmsweise für Nebengleise solche 1 : 7. Zur Abspaltung von Personengleisen dienen Weichen 1 : 14. In Bayern wird ebenfalls im allgemeinen das Herzstückverhältnis 1 : 9, an solchen Stellen jedoch, wo im regelmäßigen Betriebe Züge abgelenkt werden, das Verhältnis 1 : 10 angewandt. Weichen, die nur beim Rangieren in der Ablenkung befahren werden, erhalten die Neigung 1 : 8. In Ablaufanlagen verwendet man Neigungen 1 : 8 oder 1 : 7. Auf den badischen Staatsbahnen sind Herzstücke 1 : 8, 1 : 10 und 1 : 10·747 üblich, wobei die Neigung durch den doppelten Sinus des halben Winkels ausgedrückt ist. In Österreich verwendet man auf den StB. Weichen mit der Neigung 1 : 9·5, auf der Südbahn solche mit der Neigung 1 : 16. In der Schweiz benutzt man in der Regel Weichen mit der Neigung 1 : 9 und 1 : 8, doch kommen auch solche 1 : 11, 1 : 10 und 1 : 7 vor. In Frankreich, wo die Neigung vielfach durch den doppelten Sinus des halben Winkels ausgedrückt wird, ist das Herzstückverhältnis 1 : 14, 1 : 11, 1 : 9 oder 1 : 71/2. In England ist die Weichenneigung für Personenzuggleise gewöhnlich 1 : 9 oder 1 : 10; zugelassen ist noch 1 : 8. Für Bogenweichen eines Krümmungssinnes (Innenbogenweichen) werden in Ausnahmefällen Neigungen von 1 : 20 angewandt, in der Regel geht man aber auch bei solchen Weichen nicht über 1 : 16 hinaus. Einfache Herzstücke sollen im allgemeinen nicht flacher als 1 : 12, doppelte Herzstücke (bei Kreuzungen) nicht flacher als 1 : 9 sein. In Gütergleisen, die nicht von Lokomotiven befahren werden, liegen häufig Weichen 1 : 6, ausnahmsweise auch 1 : 5·5. Auf den nordamerikanischen Eisenbahnen schwankt der Weichenwinkel etwa zwischen 1 : 4 und 1 : 24. Für die Abzweigung von Weichenstraßen aus Hauptgleisen verwendet man Weichen 1 : 10 bis 1 : 12, zum Anschluß der Nebengleise dagegen Weichen 1 : 7 bis 1 : 9. Es sei hier erwähnt, daß in Amerika Kreuzungen und Kreuzungsweichen mit festen Herzstücken wegen der ausschließlichen Verwendung von Drehgestellwagen nur bei Neigungen angewandt werden, die nicht kleiner sind als 1 : 7. Auf dem neuen Bahnhof der Grand Central Lines in New York ist die Grenze auf 1 : 61/2 festgesetzt. Manche amerikanische Autoren empfehlen sogar, nicht unter 1 : 6 herabzugehen. Bei kleineren Kreuzungswinkeln verwendet man bewegliche Herzstücke (s. Drehscheiben, Gegenkrümmungen, Kreuzungen, Schiebebühnen, Weichen). Literatur: E. Deharme, Chemins de fer, Superstructure, Paris 1890. – Hb. d. Ing. W. V, 3 sowie V, 4, 1, und V, 4, 2, Leipzig 1907/1913. – Eis. T. d. G. II, 2, Wiesbaden 1908. – J. Frahm, Das englische Eisenbahnwesen, Berlin 1911. – Droege, Freight Terminal and Trains, New York 1912. Oder. Gleisverschlingung (overlapping or interlacing of lines; interposition de voie; innesto di binario) nennt man eine Anordnung nach Abb. 286, bei der zwei Gleise auf einer gewissen [Abbildung Abb. 286. ] Strecke so miteinander verschlungen sind, daß immer nur eines von beiden Gleisen benutzt werden kann. G. werden beispielsweise auf doppelgleisigen Hauptbahnen vereinzelt dort angewendet, wo man mit Rücksicht auf die Herstellungskosten eine Brücke oder einen Tunnel vorläufig nur eingleisig ausgeführt hat; ferner benutzt man sie vorübergehend vielfach dann, wenn ein Stück des einen Fahrgleises wegen Umbau eines Bauwerkes oder dgl. eine Zeitlang nicht benutzbar ist. Man kann damit eine Art des eingleisigen Betriebes einrichten, ohne Weichen verwenden zu müssen. Ist die gemeinschaftliche Strecke sehr lang, so dürfte es sich empfehlen, statt einer G. das zu unterbrechende Gleis durch Weichenverbindungen an das Nachbargleis anzuschließen, um die kostspielige Herstellung der vierschienigen Strecke zu ersparen. Neuerdings ist die Anwendung von G. für solche Stadtbahnen empfohlen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/362>, abgerufen am 13.11.2024.