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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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Abgesehen von der Beförderungspflicht, besteht ein weiteres wesentliches Merkmal der Beförderung auf Eisenbahnen darin, daß hier mit Rücksicht auf die Massenhaftigkeit der Beförderungsfälle die fallweise Festsetzung des Beförderungspreises und der Bedingungen entfällt und der B. auf Grund der allgemeinen Bedingungen abgeschlossen wird, die im Betriebsreglement (s. d.) und in den gehörig zu veröffentlichenden Tarifen enthalten sind.

Die Beförderung auf Eisenbahnen zerfällt in zwei Hauptgruppen, die besondere Eigentümlichkeiten aufweisen, nämlich einerseits die Beförderung von Personen, dann die hiermit im Zusammenhang stehende Beförderung von Reisegepäck, anderseits die Beförderung von Gütern.

Bei der Beförderung von Personen und Reisegepäck tritt der Transportnehmer anonym auf und erfolgt auch die Ausfolgung des Gepäcks an den Vorzeiger des Gepäckscheins ohne Prüfung der Legitimation.

Bei der Güterbeförderung muß sich dagegen der Transportnehmer durch Namensunterschrift unter dem Frachtbrief nennen, und darf die Eisenbahn nur seinen Weisungen in den Grenzen der Bestimmungen des Frachtvertrags folgen, bis die Abnahme des Gutes, bzw. Einlösung oder Empfangnahme des Frachtbriefs durch den Adressaten erfolgt ist. Der B. wird allerdings sowohl bei der Personen- und Gepäck-, als auch bei der Güterbeförderung schriftlich abgeschlossen (die Vertragsurkunde besteht in der abgestempelten Fahrkarte, dem Gepäckschein, Frachtbrief, Expeditionsausweis u. s. w.), jedoch tritt im Gegensatz zum Frachtgeschäft beim Personenverkehr die Vorstellung eines förmlichen Vertrags, der mit dem einzelnen Reisenden aus Anlaß seiner Beförderung abgeschlossen wird, ganz in den Hintergrund. Der Vertragsabschluß vollzieht sich durch Ausfolgung der Fahrkarte nach vorausgegangenem Erlag des Fahrpreises.

Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Personenbeförderung liegt in der besonders strengen, zumeist durch Sondergesetze geregelten Haftung für die den Reisenden während der Beförderung etwa zustoßenden körperlichen Schäden. Diese Haftpflicht ist für die Bahnverwaltungen von weit einschneidenderen Folgen als jene für das beförderte Gut, die überdies durch reglementarische Bestimmungen mehrfache Einschränkungen in Umfang und Geldwert erleidet.

Literatur: Hilscher, Das österr.-ungar. und internationale Eisenbahntransportrecht. Wien 1902. - C. L. Gasca, L'esercizio delle strade ferrate, libro II, Torino 1910.

v. Röll.


Begegnen der Züge, die Vorbeifahrt eines Zuges an einem Zuge der entgegengesetzten Fahrrichtung auf zwei- oder mehrgleisiger Bahn, im Gegensatz zum "Kreuzen" oder "Ausweichen von Zügen" bei eingleisigem Betrieb (s. Zugkreuzung). Wenn die Fahrwege beim B. auch getrennt voneinander verlaufen, so sind doch auch hier gewisse Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. So darf die Durchfahrt eines Zuges durch den Bahnhof einer zweigleisigen Bahn entweder überhaupt nicht oder nur unter Anwendung besonderer Vorsichtsmaßregeln zugelassen werden, wenn das Fahrgleis des Zuges von Reisenden eines ihm begegnenden, im Bahnhof haltenden Zuges überschritten werden muß. Durch Herstellung schienenfreier Zugänge zu den Bahnsteigen sucht man diese Betriebserschwerung zu beseitigen. - Bei Beförderung explosionsgefährlicher Gegenstände müssen diese gegen den Funkenauswurf der Lokomotiven des eigenen und der begegnenden Züge möglichst geschützt werden. - Nach § 31 der Technischen Vereinbarungen des VDEV. genügt für die freie Strecke einer zweigleisigen Bahn ein Gleisabstand von 3·5 m. Da aber der nach § 30 für die Hauptgleise frei zu haltende Raum eine größere Breite als 3·5 m, nämlich eine solche von 4·0 m hat, so ist die Sicherheit gegen das Berühren etwa überragender Teile bei der Begegnung zweier Züge geringer als bei der Fahrt eines Zuges auf eingleisiger Bahn und innerhalb der Bahnhöfe, wo infolge größeren Gleisabstandes die Umgrenzung des lichten Raumes auch durch Fahrzeuge im Nachbargleise nicht beschränkt wird. Die Breite der Wagen darf nach § 116 der Technischen Vereinbarungen 3·15 m betragen. Zwischen zwei sich begegnenden Zügen bleibt hiernach ein Spielraum bei 3·5 m Gleisabstand von 3·50 - 3·15 = 0·35 m, während der Spielraum zwischen der Umgrenzung der Wagen und der Umgrenzung des lichten Raumes 2·0 - 1·575 = 0·425 m beträgt. Da beim Begegnen der Züge mit der Möglichkeit des Vorkommens von Unregelmäßigkeiten bei beiden Zügen gerechnet werden muß und für beide Züge zusammen nur ein Spielraum von 0·35 m zur Verfügung steht, so nehmen die Gefahren, die aus dem Öffnen von Wagentüren, Begehen der Laufbretter, ferner durch Hinauslehnen des Körpers aus dem Wagen, aus Überschreitungen des vorgeschriebenen Lademaßes u. s. w. entstehen können, bei dem Begegnen von Zügen einen erheblich höheren Grad an, als bei der Vorüberfahrt an den neben den Gleisen befindlichen festen Gegenständen. - Diesem Umstände muß besonders auch dann Rechnung getragen werden, wenn es sich um

Abgesehen von der Beförderungspflicht, besteht ein weiteres wesentliches Merkmal der Beförderung auf Eisenbahnen darin, daß hier mit Rücksicht auf die Massenhaftigkeit der Beförderungsfälle die fallweise Festsetzung des Beförderungspreises und der Bedingungen entfällt und der B. auf Grund der allgemeinen Bedingungen abgeschlossen wird, die im Betriebsreglement (s. d.) und in den gehörig zu veröffentlichenden Tarifen enthalten sind.

Die Beförderung auf Eisenbahnen zerfällt in zwei Hauptgruppen, die besondere Eigentümlichkeiten aufweisen, nämlich einerseits die Beförderung von Personen, dann die hiermit im Zusammenhang stehende Beförderung von Reisegepäck, anderseits die Beförderung von Gütern.

Bei der Beförderung von Personen und Reisegepäck tritt der Transportnehmer anonym auf und erfolgt auch die Ausfolgung des Gepäcks an den Vorzeiger des Gepäckscheins ohne Prüfung der Legitimation.

Bei der Güterbeförderung muß sich dagegen der Transportnehmer durch Namensunterschrift unter dem Frachtbrief nennen, und darf die Eisenbahn nur seinen Weisungen in den Grenzen der Bestimmungen des Frachtvertrags folgen, bis die Abnahme des Gutes, bzw. Einlösung oder Empfangnahme des Frachtbriefs durch den Adressaten erfolgt ist. Der B. wird allerdings sowohl bei der Personen- und Gepäck-, als auch bei der Güterbeförderung schriftlich abgeschlossen (die Vertragsurkunde besteht in der abgestempelten Fahrkarte, dem Gepäckschein, Frachtbrief, Expeditionsausweis u. s. w.), jedoch tritt im Gegensatz zum Frachtgeschäft beim Personenverkehr die Vorstellung eines förmlichen Vertrags, der mit dem einzelnen Reisenden aus Anlaß seiner Beförderung abgeschlossen wird, ganz in den Hintergrund. Der Vertragsabschluß vollzieht sich durch Ausfolgung der Fahrkarte nach vorausgegangenem Erlag des Fahrpreises.

Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Personenbeförderung liegt in der besonders strengen, zumeist durch Sondergesetze geregelten Haftung für die den Reisenden während der Beförderung etwa zustoßenden körperlichen Schäden. Diese Haftpflicht ist für die Bahnverwaltungen von weit einschneidenderen Folgen als jene für das beförderte Gut, die überdies durch reglementarische Bestimmungen mehrfache Einschränkungen in Umfang und Geldwert erleidet.

Literatur: Hilscher, Das österr.-ungar. und internationale Eisenbahntransportrecht. Wien 1902. – C. L. Gasca, L'esercizio delle strade ferrate, libro II, Torino 1910.

v. Röll.


Begegnen der Züge, die Vorbeifahrt eines Zuges an einem Zuge der entgegengesetzten Fahrrichtung auf zwei- oder mehrgleisiger Bahn, im Gegensatz zum „Kreuzen“ oder „Ausweichen von Zügen“ bei eingleisigem Betrieb (s. Zugkreuzung). Wenn die Fahrwege beim B. auch getrennt voneinander verlaufen, so sind doch auch hier gewisse Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. So darf die Durchfahrt eines Zuges durch den Bahnhof einer zweigleisigen Bahn entweder überhaupt nicht oder nur unter Anwendung besonderer Vorsichtsmaßregeln zugelassen werden, wenn das Fahrgleis des Zuges von Reisenden eines ihm begegnenden, im Bahnhof haltenden Zuges überschritten werden muß. Durch Herstellung schienenfreier Zugänge zu den Bahnsteigen sucht man diese Betriebserschwerung zu beseitigen. – Bei Beförderung explosionsgefährlicher Gegenstände müssen diese gegen den Funkenauswurf der Lokomotiven des eigenen und der begegnenden Züge möglichst geschützt werden. – Nach § 31 der Technischen Vereinbarungen des VDEV. genügt für die freie Strecke einer zweigleisigen Bahn ein Gleisabstand von 3·5 m. Da aber der nach § 30 für die Hauptgleise frei zu haltende Raum eine größere Breite als 3·5 m, nämlich eine solche von 4·0 m hat, so ist die Sicherheit gegen das Berühren etwa überragender Teile bei der Begegnung zweier Züge geringer als bei der Fahrt eines Zuges auf eingleisiger Bahn und innerhalb der Bahnhöfe, wo infolge größeren Gleisabstandes die Umgrenzung des lichten Raumes auch durch Fahrzeuge im Nachbargleise nicht beschränkt wird. Die Breite der Wagen darf nach § 116 der Technischen Vereinbarungen 3·15 m betragen. Zwischen zwei sich begegnenden Zügen bleibt hiernach ein Spielraum bei 3·5 m Gleisabstand von 3·50 – 3·15 = 0·35 m, während der Spielraum zwischen der Umgrenzung der Wagen und der Umgrenzung des lichten Raumes 2·0 – 1·575 = 0·425 m beträgt. Da beim Begegnen der Züge mit der Möglichkeit des Vorkommens von Unregelmäßigkeiten bei beiden Zügen gerechnet werden muß und für beide Züge zusammen nur ein Spielraum von 0·35 m zur Verfügung steht, so nehmen die Gefahren, die aus dem Öffnen von Wagentüren, Begehen der Laufbretter, ferner durch Hinauslehnen des Körpers aus dem Wagen, aus Überschreitungen des vorgeschriebenen Lademaßes u. s. w. entstehen können, bei dem Begegnen von Zügen einen erheblich höheren Grad an, als bei der Vorüberfahrt an den neben den Gleisen befindlichen festen Gegenständen. – Diesem Umstände muß besonders auch dann Rechnung getragen werden, wenn es sich um

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[107/0116] Abgesehen von der Beförderungspflicht, besteht ein weiteres wesentliches Merkmal der Beförderung auf Eisenbahnen darin, daß hier mit Rücksicht auf die Massenhaftigkeit der Beförderungsfälle die fallweise Festsetzung des Beförderungspreises und der Bedingungen entfällt und der B. auf Grund der allgemeinen Bedingungen abgeschlossen wird, die im Betriebsreglement (s. d.) und in den gehörig zu veröffentlichenden Tarifen enthalten sind. Die Beförderung auf Eisenbahnen zerfällt in zwei Hauptgruppen, die besondere Eigentümlichkeiten aufweisen, nämlich einerseits die Beförderung von Personen, dann die hiermit im Zusammenhang stehende Beförderung von Reisegepäck, anderseits die Beförderung von Gütern. Bei der Beförderung von Personen und Reisegepäck tritt der Transportnehmer anonym auf und erfolgt auch die Ausfolgung des Gepäcks an den Vorzeiger des Gepäckscheins ohne Prüfung der Legitimation. Bei der Güterbeförderung muß sich dagegen der Transportnehmer durch Namensunterschrift unter dem Frachtbrief nennen, und darf die Eisenbahn nur seinen Weisungen in den Grenzen der Bestimmungen des Frachtvertrags folgen, bis die Abnahme des Gutes, bzw. Einlösung oder Empfangnahme des Frachtbriefs durch den Adressaten erfolgt ist. Der B. wird allerdings sowohl bei der Personen- und Gepäck-, als auch bei der Güterbeförderung schriftlich abgeschlossen (die Vertragsurkunde besteht in der abgestempelten Fahrkarte, dem Gepäckschein, Frachtbrief, Expeditionsausweis u. s. w.), jedoch tritt im Gegensatz zum Frachtgeschäft beim Personenverkehr die Vorstellung eines förmlichen Vertrags, der mit dem einzelnen Reisenden aus Anlaß seiner Beförderung abgeschlossen wird, ganz in den Hintergrund. Der Vertragsabschluß vollzieht sich durch Ausfolgung der Fahrkarte nach vorausgegangenem Erlag des Fahrpreises. Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Personenbeförderung liegt in der besonders strengen, zumeist durch Sondergesetze geregelten Haftung für die den Reisenden während der Beförderung etwa zustoßenden körperlichen Schäden. Diese Haftpflicht ist für die Bahnverwaltungen von weit einschneidenderen Folgen als jene für das beförderte Gut, die überdies durch reglementarische Bestimmungen mehrfache Einschränkungen in Umfang und Geldwert erleidet. Literatur: Hilscher, Das österr.-ungar. und internationale Eisenbahntransportrecht. Wien 1902. – C. L. Gasca, L'esercizio delle strade ferrate, libro II, Torino 1910. v. Röll. Begegnen der Züge, die Vorbeifahrt eines Zuges an einem Zuge der entgegengesetzten Fahrrichtung auf zwei- oder mehrgleisiger Bahn, im Gegensatz zum „Kreuzen“ oder „Ausweichen von Zügen“ bei eingleisigem Betrieb (s. Zugkreuzung). Wenn die Fahrwege beim B. auch getrennt voneinander verlaufen, so sind doch auch hier gewisse Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. So darf die Durchfahrt eines Zuges durch den Bahnhof einer zweigleisigen Bahn entweder überhaupt nicht oder nur unter Anwendung besonderer Vorsichtsmaßregeln zugelassen werden, wenn das Fahrgleis des Zuges von Reisenden eines ihm begegnenden, im Bahnhof haltenden Zuges überschritten werden muß. Durch Herstellung schienenfreier Zugänge zu den Bahnsteigen sucht man diese Betriebserschwerung zu beseitigen. – Bei Beförderung explosionsgefährlicher Gegenstände müssen diese gegen den Funkenauswurf der Lokomotiven des eigenen und der begegnenden Züge möglichst geschützt werden. – Nach § 31 der Technischen Vereinbarungen des VDEV. genügt für die freie Strecke einer zweigleisigen Bahn ein Gleisabstand von 3·5 m. Da aber der nach § 30 für die Hauptgleise frei zu haltende Raum eine größere Breite als 3·5 m, nämlich eine solche von 4·0 m hat, so ist die Sicherheit gegen das Berühren etwa überragender Teile bei der Begegnung zweier Züge geringer als bei der Fahrt eines Zuges auf eingleisiger Bahn und innerhalb der Bahnhöfe, wo infolge größeren Gleisabstandes die Umgrenzung des lichten Raumes auch durch Fahrzeuge im Nachbargleise nicht beschränkt wird. Die Breite der Wagen darf nach § 116 der Technischen Vereinbarungen 3·15 m betragen. Zwischen zwei sich begegnenden Zügen bleibt hiernach ein Spielraum bei 3·5 m Gleisabstand von 3·50 – 3·15 = 0·35 m, während der Spielraum zwischen der Umgrenzung der Wagen und der Umgrenzung des lichten Raumes 2·0 – 1·575 = 0·425 m beträgt. Da beim Begegnen der Züge mit der Möglichkeit des Vorkommens von Unregelmäßigkeiten bei beiden Zügen gerechnet werden muß und für beide Züge zusammen nur ein Spielraum von 0·35 m zur Verfügung steht, so nehmen die Gefahren, die aus dem Öffnen von Wagentüren, Begehen der Laufbretter, ferner durch Hinauslehnen des Körpers aus dem Wagen, aus Überschreitungen des vorgeschriebenen Lademaßes u. s. w. entstehen können, bei dem Begegnen von Zügen einen erheblich höheren Grad an, als bei der Vorüberfahrt an den neben den Gleisen befindlichen festen Gegenständen. – Diesem Umstände muß besonders auch dann Rechnung getragen werden, wenn es sich um

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/116>, abgerufen am 22.12.2024.