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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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die Sichtbarkeit bei der Signalgebung. Bei Dunkelheit tritt an die Stelle des B. eine Handlaterne, deren Licht zur Unterscheidung von den zahlreichen anderen Lichtern zweckmäßig farbig, u. zw. grün geblendet wird, entsprechend dem dieser Lichtfarbe mehr und mehr zufallenden Signalbegriff: Fahrt frei. Um die Sichtbarkeit des Lichtes zu verbessern, wird die Laterne mit einem drehbaren Bügel und Stab - Stablaterne (Abb. 1) - versehen, der das Emporheben über die Köpfe der auf dem Bahnsteige anwesenden Personen gestattet. - Durch Senken des hoch gehaltenen Stabes oder der Laterne erteilt der mit der Zugabfertigung beauftragte Beamte (Aufsichtsbeamter, Zugabfertiger, Zugführer) den Befehl zur Abfahrt des Zuges. Der B. ist seit dem Jahre 1906 auf den Stationen der Berliner Stadt- und Vorortbahnen und seit dem Jahre 1911 auf sämtlichen Hauptbahnen der preußischhessischen Staatseisenbahnverwaltung für den Personenzugdienst, soweit die Stationen mit Ausfahrsignal versehen sind, in Gebrauch. Er erleichtert und beschleunigt die Zugabfertigung. Da hierbei der Ruf "Abfahren" ganz fortfallen kann, so wird gleichzeitig eine ruhigere Abwicklung des Dienstes erreicht und dem Hasten und Drängen der Reisenden sowie den hieraus entspringenden Gefahren entgegengewirkt. - Vor Abfahrt eines Personenzuges müssen im allgemeinen drei Bedingungen erfüllt sein. Erstens muß festgestellt sein, daß das Fahrgleis für den Zug frei ist, zweitens muß die Abfertigung des Zuges - das Aus- und Einsteigen, Aus- und Einladen u. s. w. - beendet und drittens die Abfahrzeit herangekommen sein. Die erste dieser Bedingungen ist die wichtigste; Irrtümer können hier die schwersten Folgen haben. Ob sie erfüllt ist, zeigen die Ausfahrsignale dem Lokomotivführer und dem Zugführer in zuverlässiger Weise an. Auf Stationen mit Ausfahrsignal genügt daher die Zeichengebung durch B. für die Meldung an den Zug- und Lokomotivführer, daß auch die zweite und dritte Bedingung erfüllt sind und die Abfahrt erfolgen kann.

Der B. hat auch auf anderen deutschen sowie auf österreichischen Bahnen Anwendung gefunden. So ist er seit 1912 auf der Wiener Stadtbahn in Gebrauch, wo gleichzeitig mit seiner Einführung der zweite Zugbegleiter (Stockmann) bei den Stadtbahnzügen aufgelassen wurde.

Breusing.


Beförderungspflicht (convoyance obligation; obligation de transport; obligo di trasporto), die auf Gesetzen oder Verordnungen beruhende Einschränkung der Eisenbahnen in der Freiheit, die Ausführung der Beförderung von Personen oder Gütern abzulehnen (s. Beförderungsvertrag).


Beförderungsvertrag (convoyance contract; contrat de transport; contratto di trasporto), Vereinbarung über die Beförderung von Personen und Gütern auf Eisenbahnen, von Station zu Station. Der B. ist ein Arbeits- oder Werkverbindungsvertrag, demzufolge der eine Teil, die Eisenbahn, sich verpflichtet, die Ausführung der Beförderung unter bestimmten Bedingungen zu bewirken, der andere Vertragsteil (Transportnehmer) dafür den festgesetzten Beförderungspreis (Fahr- oder Frachtgebühr) zu leisten.

Das durch den B. begründete Rechtsverhältnis unterscheidet sich vorweg wesentlich von jenem des gewöhnlichen Fuhrmanns und Frachtführers durch den gesetzlich festgestellten Kontrahierungszwang; während letzterem volle Freiheit bezüglich Eingehung des B. zukommt, besteht für die Eisenbahnen innerhalb gewisser Grenzen eine gesetzliche Beförderungspflicht, derzufolge sie eine ihnen unter den veröffentlichten Bedingungen angebotene Beförderung anzunehmen und auszuführen haben. Die Beförderungspflicht beruht rücksichtlich des internationalen Güterverkehrs auf den Bestimmungen des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (Art. 5) rücksichtlich des innerstaatlichen Personen- und Güterverkehrs auf den Vorschriften der innerstaatlichen Reglements (§ 6 der deutschen Verkehrsordnung und des österr.-ungar. Betriebsreglements, § 5 des schweizerischen Transportreglements, Art. 4 des italienischen Regolamento, Art. 2 des russischen Eisenbahngesetzes vom 12. Juni 1885 u. s. w.). In Frankreich beruht die Beförderungspflicht rücksichtlich der Güter auf der Ordonnance vom 15. November 1846 und Art. 49 des Cahier des charges, rücksichtlich der Personen auf Art. 43 des letzteren. Die Beförderungspflicht erleidet eine Einschränkung durch die Bestimmungen der Betriebsreglements, wonach die Beförderung von Personen, Tieren und Sachen verweigert werden darf, wenn außergewöhnliche Hindernisse oder höhere Gewalt entgegenstehen oder die regelmäßigen Transportmittel nicht ausreichen. Die Beförderungspflicht ist auch weiters dahin eingeschränkt, daß einzelne Personen von der Fahrt ausgeschlossen werden dürfen, daß ferner gewisse Güter zur Beförderung nicht zugelassen werden. Überdies ist die Beförderungspflicht bezüglich einiger Gegenstände insofern beschränkt, als die Beförderung derselben nur unter ganz besonderen Bedingungen gestattet wird.

die Sichtbarkeit bei der Signalgebung. Bei Dunkelheit tritt an die Stelle des B. eine Handlaterne, deren Licht zur Unterscheidung von den zahlreichen anderen Lichtern zweckmäßig farbig, u. zw. grün geblendet wird, entsprechend dem dieser Lichtfarbe mehr und mehr zufallenden Signalbegriff: Fahrt frei. Um die Sichtbarkeit des Lichtes zu verbessern, wird die Laterne mit einem drehbaren Bügel und Stab – Stablaterne (Abb. 1) – versehen, der das Emporheben über die Köpfe der auf dem Bahnsteige anwesenden Personen gestattet. – Durch Senken des hoch gehaltenen Stabes oder der Laterne erteilt der mit der Zugabfertigung beauftragte Beamte (Aufsichtsbeamter, Zugabfertiger, Zugführer) den Befehl zur Abfahrt des Zuges. Der B. ist seit dem Jahre 1906 auf den Stationen der Berliner Stadt- und Vorortbahnen und seit dem Jahre 1911 auf sämtlichen Hauptbahnen der preußischhessischen Staatseisenbahnverwaltung für den Personenzugdienst, soweit die Stationen mit Ausfahrsignal versehen sind, in Gebrauch. Er erleichtert und beschleunigt die Zugabfertigung. Da hierbei der Ruf „Abfahren“ ganz fortfallen kann, so wird gleichzeitig eine ruhigere Abwicklung des Dienstes erreicht und dem Hasten und Drängen der Reisenden sowie den hieraus entspringenden Gefahren entgegengewirkt. – Vor Abfahrt eines Personenzuges müssen im allgemeinen drei Bedingungen erfüllt sein. Erstens muß festgestellt sein, daß das Fahrgleis für den Zug frei ist, zweitens muß die Abfertigung des Zuges – das Aus- und Einsteigen, Aus- und Einladen u. s. w. – beendet und drittens die Abfahrzeit herangekommen sein. Die erste dieser Bedingungen ist die wichtigste; Irrtümer können hier die schwersten Folgen haben. Ob sie erfüllt ist, zeigen die Ausfahrsignale dem Lokomotivführer und dem Zugführer in zuverlässiger Weise an. Auf Stationen mit Ausfahrsignal genügt daher die Zeichengebung durch B. für die Meldung an den Zug- und Lokomotivführer, daß auch die zweite und dritte Bedingung erfüllt sind und die Abfahrt erfolgen kann.

Der B. hat auch auf anderen deutschen sowie auf österreichischen Bahnen Anwendung gefunden. So ist er seit 1912 auf der Wiener Stadtbahn in Gebrauch, wo gleichzeitig mit seiner Einführung der zweite Zugbegleiter (Stockmann) bei den Stadtbahnzügen aufgelassen wurde.

Breusing.


Beförderungspflicht (convoyance obligation; obligation de transport; obligo di trasporto), die auf Gesetzen oder Verordnungen beruhende Einschränkung der Eisenbahnen in der Freiheit, die Ausführung der Beförderung von Personen oder Gütern abzulehnen (s. Beförderungsvertrag).


Beförderungsvertrag (convoyance contract; contrat de transport; contratto di trasporto), Vereinbarung über die Beförderung von Personen und Gütern auf Eisenbahnen, von Station zu Station. Der B. ist ein Arbeits- oder Werkverbindungsvertrag, demzufolge der eine Teil, die Eisenbahn, sich verpflichtet, die Ausführung der Beförderung unter bestimmten Bedingungen zu bewirken, der andere Vertragsteil (Transportnehmer) dafür den festgesetzten Beförderungspreis (Fahr- oder Frachtgebühr) zu leisten.

Das durch den B. begründete Rechtsverhältnis unterscheidet sich vorweg wesentlich von jenem des gewöhnlichen Fuhrmanns und Frachtführers durch den gesetzlich festgestellten Kontrahierungszwang; während letzterem volle Freiheit bezüglich Eingehung des B. zukommt, besteht für die Eisenbahnen innerhalb gewisser Grenzen eine gesetzliche Beförderungspflicht, derzufolge sie eine ihnen unter den veröffentlichten Bedingungen angebotene Beförderung anzunehmen und auszuführen haben. Die Beförderungspflicht beruht rücksichtlich des internationalen Güterverkehrs auf den Bestimmungen des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (Art. 5) rücksichtlich des innerstaatlichen Personen- und Güterverkehrs auf den Vorschriften der innerstaatlichen Reglements (§ 6 der deutschen Verkehrsordnung und des österr.-ungar. Betriebsreglements, § 5 des schweizerischen Transportreglements, Art. 4 des italienischen Regolamento, Art. 2 des russischen Eisenbahngesetzes vom 12. Juni 1885 u. s. w.). In Frankreich beruht die Beförderungspflicht rücksichtlich der Güter auf der Ordonnance vom 15. November 1846 und Art. 49 des Cahier des charges, rücksichtlich der Personen auf Art. 43 des letzteren. Die Beförderungspflicht erleidet eine Einschränkung durch die Bestimmungen der Betriebsreglements, wonach die Beförderung von Personen, Tieren und Sachen verweigert werden darf, wenn außergewöhnliche Hindernisse oder höhere Gewalt entgegenstehen oder die regelmäßigen Transportmittel nicht ausreichen. Die Beförderungspflicht ist auch weiters dahin eingeschränkt, daß einzelne Personen von der Fahrt ausgeschlossen werden dürfen, daß ferner gewisse Güter zur Beförderung nicht zugelassen werden. Überdies ist die Beförderungspflicht bezüglich einiger Gegenstände insofern beschränkt, als die Beförderung derselben nur unter ganz besonderen Bedingungen gestattet wird.

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[106/0115] die Sichtbarkeit bei der Signalgebung. Bei Dunkelheit tritt an die Stelle des B. eine Handlaterne, deren Licht zur Unterscheidung von den zahlreichen anderen Lichtern zweckmäßig farbig, u. zw. grün geblendet wird, entsprechend dem dieser Lichtfarbe mehr und mehr zufallenden Signalbegriff: Fahrt frei. Um die Sichtbarkeit des Lichtes zu verbessern, wird die Laterne mit einem drehbaren Bügel und Stab – Stablaterne (Abb. 1) – versehen, der das Emporheben über die Köpfe der auf dem Bahnsteige anwesenden Personen gestattet. – Durch Senken des hoch gehaltenen Stabes oder der Laterne erteilt der mit der Zugabfertigung beauftragte Beamte (Aufsichtsbeamter, Zugabfertiger, Zugführer) den Befehl zur Abfahrt des Zuges. Der B. ist seit dem Jahre 1906 auf den Stationen der Berliner Stadt- und Vorortbahnen und seit dem Jahre 1911 auf sämtlichen Hauptbahnen der preußischhessischen Staatseisenbahnverwaltung für den Personenzugdienst, soweit die Stationen mit Ausfahrsignal versehen sind, in Gebrauch. Er erleichtert und beschleunigt die Zugabfertigung. Da hierbei der Ruf „Abfahren“ ganz fortfallen kann, so wird gleichzeitig eine ruhigere Abwicklung des Dienstes erreicht und dem Hasten und Drängen der Reisenden sowie den hieraus entspringenden Gefahren entgegengewirkt. – Vor Abfahrt eines Personenzuges müssen im allgemeinen drei Bedingungen erfüllt sein. Erstens muß festgestellt sein, daß das Fahrgleis für den Zug frei ist, zweitens muß die Abfertigung des Zuges – das Aus- und Einsteigen, Aus- und Einladen u. s. w. – beendet und drittens die Abfahrzeit herangekommen sein. Die erste dieser Bedingungen ist die wichtigste; Irrtümer können hier die schwersten Folgen haben. Ob sie erfüllt ist, zeigen die Ausfahrsignale dem Lokomotivführer und dem Zugführer in zuverlässiger Weise an. Auf Stationen mit Ausfahrsignal genügt daher die Zeichengebung durch B. für die Meldung an den Zug- und Lokomotivführer, daß auch die zweite und dritte Bedingung erfüllt sind und die Abfahrt erfolgen kann. Der B. hat auch auf anderen deutschen sowie auf österreichischen Bahnen Anwendung gefunden. So ist er seit 1912 auf der Wiener Stadtbahn in Gebrauch, wo gleichzeitig mit seiner Einführung der zweite Zugbegleiter (Stockmann) bei den Stadtbahnzügen aufgelassen wurde. Breusing. Beförderungspflicht (convoyance obligation; obligation de transport; obligo di trasporto), die auf Gesetzen oder Verordnungen beruhende Einschränkung der Eisenbahnen in der Freiheit, die Ausführung der Beförderung von Personen oder Gütern abzulehnen (s. Beförderungsvertrag). Beförderungsvertrag (convoyance contract; contrat de transport; contratto di trasporto), Vereinbarung über die Beförderung von Personen und Gütern auf Eisenbahnen, von Station zu Station. Der B. ist ein Arbeits- oder Werkverbindungsvertrag, demzufolge der eine Teil, die Eisenbahn, sich verpflichtet, die Ausführung der Beförderung unter bestimmten Bedingungen zu bewirken, der andere Vertragsteil (Transportnehmer) dafür den festgesetzten Beförderungspreis (Fahr- oder Frachtgebühr) zu leisten. Das durch den B. begründete Rechtsverhältnis unterscheidet sich vorweg wesentlich von jenem des gewöhnlichen Fuhrmanns und Frachtführers durch den gesetzlich festgestellten Kontrahierungszwang; während letzterem volle Freiheit bezüglich Eingehung des B. zukommt, besteht für die Eisenbahnen innerhalb gewisser Grenzen eine gesetzliche Beförderungspflicht, derzufolge sie eine ihnen unter den veröffentlichten Bedingungen angebotene Beförderung anzunehmen und auszuführen haben. Die Beförderungspflicht beruht rücksichtlich des internationalen Güterverkehrs auf den Bestimmungen des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (Art. 5) rücksichtlich des innerstaatlichen Personen- und Güterverkehrs auf den Vorschriften der innerstaatlichen Reglements (§ 6 der deutschen Verkehrsordnung und des österr.-ungar. Betriebsreglements, § 5 des schweizerischen Transportreglements, Art. 4 des italienischen Regolamento, Art. 2 des russischen Eisenbahngesetzes vom 12. Juni 1885 u. s. w.). In Frankreich beruht die Beförderungspflicht rücksichtlich der Güter auf der Ordonnance vom 15. November 1846 und Art. 49 des Cahier des charges, rücksichtlich der Personen auf Art. 43 des letzteren. Die Beförderungspflicht erleidet eine Einschränkung durch die Bestimmungen der Betriebsreglements, wonach die Beförderung von Personen, Tieren und Sachen verweigert werden darf, wenn außergewöhnliche Hindernisse oder höhere Gewalt entgegenstehen oder die regelmäßigen Transportmittel nicht ausreichen. Die Beförderungspflicht ist auch weiters dahin eingeschränkt, daß einzelne Personen von der Fahrt ausgeschlossen werden dürfen, daß ferner gewisse Güter zur Beförderung nicht zugelassen werden. Überdies ist die Beförderungspflicht bezüglich einiger Gegenstände insofern beschränkt, als die Beförderung derselben nur unter ganz besonderen Bedingungen gestattet wird.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/115>, abgerufen am 16.07.2024.