Zu demjenigen, was den Wellenschlag verstärken oder schwächen hilft, gehört auch noch die Länge, Breite und Tiefe der bewegten Wasserfläche. Durch eine größere Länge und Breite bekommen die Wel- len mehr Raum sich auszudehnen, ohne daß sie weitere Hindernisse fänden, als die, welche ihnen das Wasser selbst entgegen setzt. Durch die Tiefe des Wassers entsteht bei den Wellen eine derselben proportionirte Höhe, so daß bei größerer Tiefe auch höhere Wellen zum Vorschein kommen. Die Ursach ist: die Windstöße, die von oben nieder wir- ken, können bei hohem Wasserstande, ungehinderter und tiefer eindringen als bei flachem; denn im letz- tern Falle erreicht der Windstoß sehr bald den Grund. Weil nun solcher gemeiniglich vielfältige Erhöhungen und Vertiefungen hat, ferner auch bald mehr spitzig, bald mehr rundlich u. s. w. ge- bildet ist, so bekommen dadurch die Windstöße sehr häufig ganz niedrige Reflexionsflächen; die Stöße prallen demnach unordentlich und entgegengesetzt durch einander, und so geschieht es leicht, daß ein Stoß die Wirkung des andern aufhebt, ehe sie noch wirklich sich genugsam äußern kann. Bei tiefem Wasser ist dieß aber nicht der Fall. Der Stoß wird also, da er nicht geschwächt ist, das Wasser mit seiner vollen Kraft heben, und es so aufthürmen können, daß daraus jene fürchterlichen Wasserberge entstehn; dieß alles weiset die Erfah- rung an Seen und Küsten sehr augenscheinlich aus.
Von
§. 30.
Zu demjenigen, was den Wellenſchlag verſtaͤrken oder ſchwaͤchen hilft, gehoͤrt auch noch die Laͤnge, Breite und Tiefe der bewegten Waſſerflaͤche. Durch eine groͤßere Laͤnge und Breite bekommen die Wel- len mehr Raum ſich auszudehnen, ohne daß ſie weitere Hinderniſſe faͤnden, als die, welche ihnen das Waſſer ſelbſt entgegen ſetzt. Durch die Tiefe des Waſſers entſteht bei den Wellen eine derſelben proportionirte Hoͤhe, ſo daß bei groͤßerer Tiefe auch hoͤhere Wellen zum Vorſchein kommen. Die Urſach iſt: die Windſtoͤße, die von oben nieder wir- ken, koͤnnen bei hohem Waſſerſtande, ungehinderter und tiefer eindringen als bei flachem; denn im letz- tern Falle erreicht der Windſtoß ſehr bald den Grund. Weil nun ſolcher gemeiniglich vielfaͤltige Erhoͤhungen und Vertiefungen hat, ferner auch bald mehr ſpitzig, bald mehr rundlich u. ſ. w. ge- bildet iſt, ſo bekommen dadurch die Windſtoͤße ſehr haͤufig ganz niedrige Reflexionsflaͤchen; die Stoͤße prallen demnach unordentlich und entgegengeſetzt durch einander, und ſo geſchieht es leicht, daß ein Stoß die Wirkung des andern aufhebt, ehe ſie noch wirklich ſich genugſam aͤußern kann. Bei tiefem Waſſer iſt dieß aber nicht der Fall. Der Stoß wird alſo, da er nicht geſchwaͤcht iſt, das Waſſer mit ſeiner vollen Kraft heben, und es ſo aufthuͤrmen koͤnnen, daß daraus jene fuͤrchterlichen Waſſerberge entſtehn; dieß alles weiſet die Erfah- rung an Seen und Kuͤſten ſehr augenſcheinlich aus.
Von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0064"n="54"/><divn="3"><head>§. 30.</head><lb/><p>Zu demjenigen, was den Wellenſchlag verſtaͤrken<lb/>
oder ſchwaͤchen hilft, gehoͤrt auch noch die Laͤnge,<lb/>
Breite und Tiefe der bewegten Waſſerflaͤche. Durch<lb/>
eine groͤßere Laͤnge und Breite bekommen die Wel-<lb/>
len mehr Raum ſich auszudehnen, ohne daß ſie<lb/>
weitere Hinderniſſe faͤnden, als die, welche ihnen<lb/>
das Waſſer ſelbſt entgegen ſetzt. Durch die Tiefe<lb/>
des Waſſers entſteht bei den Wellen eine derſelben<lb/>
proportionirte Hoͤhe, ſo daß bei groͤßerer Tiefe<lb/>
auch hoͤhere Wellen zum Vorſchein kommen. Die<lb/>
Urſach iſt: die Windſtoͤße, die von oben nieder wir-<lb/>
ken, koͤnnen bei hohem Waſſerſtande, ungehinderter<lb/>
und tiefer eindringen als bei flachem; denn im letz-<lb/>
tern Falle erreicht der Windſtoß ſehr bald den<lb/>
Grund. Weil nun ſolcher gemeiniglich vielfaͤltige<lb/>
Erhoͤhungen und Vertiefungen hat, ferner auch<lb/>
bald mehr ſpitzig, bald mehr rundlich u. ſ. w. ge-<lb/>
bildet iſt, ſo bekommen dadurch die Windſtoͤße ſehr<lb/>
haͤufig ganz niedrige Reflexionsflaͤchen; die Stoͤße<lb/>
prallen demnach unordentlich und entgegengeſetzt<lb/>
durch einander, und ſo geſchieht es leicht, daß ein<lb/>
Stoß die Wirkung des andern aufhebt, ehe ſie<lb/>
noch wirklich ſich genugſam aͤußern kann. Bei<lb/>
tiefem Waſſer iſt dieß aber nicht der Fall. Der<lb/>
Stoß wird alſo, da er nicht geſchwaͤcht iſt, das<lb/>
Waſſer mit ſeiner vollen Kraft heben, und es ſo<lb/>
aufthuͤrmen koͤnnen, daß daraus jene fuͤrchterlichen<lb/>
Waſſerberge entſtehn; dieß alles weiſet die Erfah-<lb/>
rung an Seen und Kuͤſten ſehr augenſcheinlich<lb/>
aus.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Von</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[54/0064]
§. 30.
Zu demjenigen, was den Wellenſchlag verſtaͤrken
oder ſchwaͤchen hilft, gehoͤrt auch noch die Laͤnge,
Breite und Tiefe der bewegten Waſſerflaͤche. Durch
eine groͤßere Laͤnge und Breite bekommen die Wel-
len mehr Raum ſich auszudehnen, ohne daß ſie
weitere Hinderniſſe faͤnden, als die, welche ihnen
das Waſſer ſelbſt entgegen ſetzt. Durch die Tiefe
des Waſſers entſteht bei den Wellen eine derſelben
proportionirte Hoͤhe, ſo daß bei groͤßerer Tiefe
auch hoͤhere Wellen zum Vorſchein kommen. Die
Urſach iſt: die Windſtoͤße, die von oben nieder wir-
ken, koͤnnen bei hohem Waſſerſtande, ungehinderter
und tiefer eindringen als bei flachem; denn im letz-
tern Falle erreicht der Windſtoß ſehr bald den
Grund. Weil nun ſolcher gemeiniglich vielfaͤltige
Erhoͤhungen und Vertiefungen hat, ferner auch
bald mehr ſpitzig, bald mehr rundlich u. ſ. w. ge-
bildet iſt, ſo bekommen dadurch die Windſtoͤße ſehr
haͤufig ganz niedrige Reflexionsflaͤchen; die Stoͤße
prallen demnach unordentlich und entgegengeſetzt
durch einander, und ſo geſchieht es leicht, daß ein
Stoß die Wirkung des andern aufhebt, ehe ſie
noch wirklich ſich genugſam aͤußern kann. Bei
tiefem Waſſer iſt dieß aber nicht der Fall. Der
Stoß wird alſo, da er nicht geſchwaͤcht iſt, das
Waſſer mit ſeiner vollen Kraft heben, und es ſo
aufthuͤrmen koͤnnen, daß daraus jene fuͤrchterlichen
Waſſerberge entſtehn; dieß alles weiſet die Erfah-
rung an Seen und Kuͤſten ſehr augenſcheinlich
aus.
Von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Riemann, Johann Friedrich: Praktische Anweisung zum Teichbau. Für Förster, Oekonomen und solche Personen, die sich weniger mit Mathematik abgeben. Leipzig, 1798, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riemann_teichbau_1798/64>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.