Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. verhältnissmässig jungen Datums. Damit mögen sich diejenigen aus-einandersetzen, die der mykenischen Kunst ein bestimmtes, und zwar ein möglichst hohes Alter zuweisen zu können glauben. Jedenfalls lässt sich auch in diesem Falle ebensowenig wie in dem In der Entwicklungsgeschichte des Pflanzenornaments wird also 2. Der Dipylon-Stil. Die natürliche Fortentwicklung der mykenischen Ornamentik erlitt 56) Z. B. auf der Vase aus Ormidia, Perrot III. 699, Fig. 507. 57) Layard, Ninive I. Taf. 84 No. 13.
B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. verhältnissmässig jungen Datums. Damit mögen sich diejenigen aus-einandersetzen, die der mykenischen Kunst ein bestimmtes, und zwar ein möglichst hohes Alter zuweisen zu können glauben. Jedenfalls lässt sich auch in diesem Falle ebensowenig wie in dem In der Entwicklungsgeschichte des Pflanzenornaments wird also 2. Der Dipylon-Stil. Die natürliche Fortentwicklung der mykenischen Ornamentik erlitt 56) Z. B. auf der Vase aus Ormidia, Perrot III. 699, Fig. 507. 57) Layard, Ninive I. Taf. 84 No. 13.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0176" n="150"/><fw place="top" type="header">B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.</fw><lb/> verhältnissmässig jungen Datums. Damit mögen sich diejenigen aus-<lb/> einandersetzen, die der mykenischen Kunst ein bestimmtes, und zwar<lb/> ein möglichst hohes Alter zuweisen zu können glauben.</p><lb/> <p>Jedenfalls lässt sich auch in diesem Falle ebensowenig wie in dem<lb/> früher erörterten (S. 128) erweisen, dass die epochemachende Erfin-<lb/> dung der Wellenranke auf kyprischem Boden vollzogen worden wäre.<lb/> Die Blüthenmotive auf kyprischen Vasen sind zumeist ohne Verbin-<lb/> dung, nach Art von Streumustern in den Raum hineingesetzt. Wo<lb/> Verbindungen auftreten, gehen dieselben über das von den Egyptern<lb/> und allenfalls von den Mesopotamiern Erreichte nicht hinaus. Gegen-<lb/> über den egyptischen Vorbildern liesse sich als Fortschritt höchstens<lb/> das Ueberschneiden zweier in der gleichen Richtung verlaufenden<lb/> Bogenreihen anführen, das sich auf kyprischen Vasen des öfteren<lb/> findet<note place="foot" n="56)">Z. B. auf der Vase aus Ormidia, Perrot III. 699, Fig. 507.</note> — ein Motiv, das gegenüber der einfachen Bogenreihe ver-<lb/> mehrte Lebendigkeit und Abwechslung bedeutet. Ob dieser Fortschritt<lb/> aber auf Rechnung kyprischen Kunstgeistes zu setzen ist, bleibt vor-<lb/> läufig zweifelhaft; anscheinend am frühesten begegnet es uns in Mesopo-<lb/> tamien<note place="foot" n="57)">Layard, Ninive I. Taf. 84 No. 13.</note>, und seine Fundstätten aus der ersten Hälfte des letzten<lb/> Jahrtausend v. Ch. liegen weit über die Kultursphäre des Mittelmeeres<lb/> zerstreut („Kyrenische“ Vasen, Kamiros auf Rhodos, anderseits Vulci<lb/> in Italien).</p><lb/> <p>In der Entwicklungsgeschichte des Pflanzenornaments wird also<lb/> der griechisch kyprischen Kunst kein selbständiger Platz einzuräumen<lb/> sein. Sie zehrt vom Erbe der altorientalischen Kunstvölker, der Egypter<lb/> und Mesopotamier, verwendet phönikische Varianten wie den Palmetten-<lb/> baum, und übernimmt die wenigen vorkommenden Keime späterer<lb/> fruchtbarer Entwicklung von den Griechen, angefangen von der „my-<lb/> kenischen“ Zeit. Insofern ist diese Kunst in der That eine „griechisch“-<lb/> kyprische.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">2. Der Dipylon-Stil.</hi> </head><lb/> <p>Die natürliche Fortentwicklung der mykenischen Ornamentik erlitt<lb/> eine gewaltsame Störung und Unterbrechung durch das Eindringen<lb/> eines „geometrischen“ Stils, des <hi rendition="#i">Dipylon-Stils</hi>. Dieser Stil <hi rendition="#g">ist nicht<lb/> der geometrische Stil schlechtweg</hi>, kann auch keineswegs als<lb/> Muster eines reingeometrischen Stils gelten. Namentlich in Bezug<lb/> auf die Gesammtdekoration fehlt ihm die Naivetät der primitiven Stile.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0176]
B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
verhältnissmässig jungen Datums. Damit mögen sich diejenigen aus-
einandersetzen, die der mykenischen Kunst ein bestimmtes, und zwar
ein möglichst hohes Alter zuweisen zu können glauben.
Jedenfalls lässt sich auch in diesem Falle ebensowenig wie in dem
früher erörterten (S. 128) erweisen, dass die epochemachende Erfin-
dung der Wellenranke auf kyprischem Boden vollzogen worden wäre.
Die Blüthenmotive auf kyprischen Vasen sind zumeist ohne Verbin-
dung, nach Art von Streumustern in den Raum hineingesetzt. Wo
Verbindungen auftreten, gehen dieselben über das von den Egyptern
und allenfalls von den Mesopotamiern Erreichte nicht hinaus. Gegen-
über den egyptischen Vorbildern liesse sich als Fortschritt höchstens
das Ueberschneiden zweier in der gleichen Richtung verlaufenden
Bogenreihen anführen, das sich auf kyprischen Vasen des öfteren
findet 56) — ein Motiv, das gegenüber der einfachen Bogenreihe ver-
mehrte Lebendigkeit und Abwechslung bedeutet. Ob dieser Fortschritt
aber auf Rechnung kyprischen Kunstgeistes zu setzen ist, bleibt vor-
läufig zweifelhaft; anscheinend am frühesten begegnet es uns in Mesopo-
tamien 57), und seine Fundstätten aus der ersten Hälfte des letzten
Jahrtausend v. Ch. liegen weit über die Kultursphäre des Mittelmeeres
zerstreut („Kyrenische“ Vasen, Kamiros auf Rhodos, anderseits Vulci
in Italien).
In der Entwicklungsgeschichte des Pflanzenornaments wird also
der griechisch kyprischen Kunst kein selbständiger Platz einzuräumen
sein. Sie zehrt vom Erbe der altorientalischen Kunstvölker, der Egypter
und Mesopotamier, verwendet phönikische Varianten wie den Palmetten-
baum, und übernimmt die wenigen vorkommenden Keime späterer
fruchtbarer Entwicklung von den Griechen, angefangen von der „my-
kenischen“ Zeit. Insofern ist diese Kunst in der That eine „griechisch“-
kyprische.
2. Der Dipylon-Stil.
Die natürliche Fortentwicklung der mykenischen Ornamentik erlitt
eine gewaltsame Störung und Unterbrechung durch das Eindringen
eines „geometrischen“ Stils, des Dipylon-Stils. Dieser Stil ist nicht
der geometrische Stil schlechtweg, kann auch keineswegs als
Muster eines reingeometrischen Stils gelten. Namentlich in Bezug
auf die Gesammtdekoration fehlt ihm die Naivetät der primitiven Stile.
56) Z. B. auf der Vase aus Ormidia, Perrot III. 699, Fig. 507.
57) Layard, Ninive I. Taf. 84 No. 13.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |