Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



ren die Mädgen genöthiget, ernsthafte Minen
anzunehmen, und böse zu thun, weil die Alten
die Sache höchst wichtig machten. Aber Zorn und
Mitleiden saß nur so leicht auf der Oberfläche
ihres Herzens, daß sie genöthiget waren, den
Mund einzuziehen, um das Lächeln zu unter-
drücken, welches ich dann und wann zu erha-
schen suchte. Die Aeltern, welche selbst Ro-
sen (das ist zu sagen, Töchter) von ihrem eignen
Stocke gehabt, und wissen, wie die Manns-
personen auf dergleichen Kleinigkeiten gesteuert
sind, würden es freilich sehr ungerne gesehen
haben, wenn jemand sie in der Knospe gebro-
chen, und nicht einmal, mit ihrer Erlaub-
niß, Frau Rosenstrauch,
zu der Mutter ge-
sagt hätte.

Der nächste Punct u. s. w.

Th. VI. S. 239. L. 7. nach den Worten:
geplündert habe.

Und wie kann ich ihr eine grosse Beleidi-
gung zufügen, da sie so leicht mit ein par Zau-
ber-Formeln wieder gut zu machen stehet: Jch
Robert nehme dich Clarissa zur Frau,
und ich Clarissa nehme dich Robert
zum Mann;
nebst dem übrigen Taschenspie-
ler-Geschwätz, welches alle das Unrecht, das
himmelschreiende Unrecht! das ich der Fräulein
Harlowe
angethan habe, in lauter Güte und
Gewogenheit gegen die Frau Lovelace ver-
wandeln wird?

Sollte



ren die Maͤdgen genoͤthiget, ernſthafte Minen
anzunehmen, und boͤſe zu thun, weil die Alten
die Sache hoͤchſt wichtig machten. Aber Zorn und
Mitleiden ſaß nur ſo leicht auf der Oberflaͤche
ihres Herzens, daß ſie genoͤthiget waren, den
Mund einzuziehen, um das Laͤcheln zu unter-
druͤcken, welches ich dann und wann zu erha-
ſchen ſuchte. Die Aeltern, welche ſelbſt Ro-
ſen (das iſt zu ſagen, Toͤchter) von ihrem eignen
Stocke gehabt, und wiſſen, wie die Manns-
perſonen auf dergleichen Kleinigkeiten geſteuert
ſind, wuͤrden es freilich ſehr ungerne geſehen
haben, wenn jemand ſie in der Knospe gebro-
chen, und nicht einmal, mit ihrer Erlaub-
niß, Frau Roſenſtrauch,
zu der Mutter ge-
ſagt haͤtte.

Der naͤchſte Punct u. ſ. w.

Th. VI. S. 239. L. 7. nach den Worten:
gepluͤndert habe.

Und wie kann ich ihr eine groſſe Beleidi-
gung zufuͤgen, da ſie ſo leicht mit ein par Zau-
ber-Formeln wieder gut zu machen ſtehet: Jch
Robert nehme dich Clariſſa zur Frau,
und ich Clariſſa nehme dich Robert
zum Mann;
nebſt dem uͤbrigen Taſchenſpie-
ler-Geſchwaͤtz, welches alle das Unrecht, das
himmelſchreiende Unrecht! das ich der Fraͤulein
Harlowe
angethan habe, in lauter Guͤte und
Gewogenheit gegen die Frau Lovelace ver-
wandeln wird?

Sollte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0218" n="210"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ren die Ma&#x0364;dgen geno&#x0364;thiget, ern&#x017F;thafte Minen<lb/>
anzunehmen, und bo&#x0364;&#x017F;e zu thun, weil die Alten<lb/>
die Sache ho&#x0364;ch&#x017F;t wichtig machten. Aber Zorn und<lb/>
Mitleiden &#x017F;aß nur &#x017F;o leicht auf der Oberfla&#x0364;che<lb/>
ihres Herzens, daß &#x017F;ie geno&#x0364;thiget waren, den<lb/>
Mund einzuziehen, um das La&#x0364;cheln zu unter-<lb/>
dru&#x0364;cken, welches ich dann und wann zu erha-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;uchte. Die <hi rendition="#fr">Aeltern,</hi> welche &#x017F;elb&#x017F;t Ro-<lb/>
&#x017F;en (das i&#x017F;t zu &#x017F;agen, To&#x0364;chter) von ihrem eignen<lb/>
Stocke gehabt, und wi&#x017F;&#x017F;en, wie die Manns-<lb/>
per&#x017F;onen auf dergleichen Kleinigkeiten ge&#x017F;teuert<lb/>
&#x017F;ind, wu&#x0364;rden es freilich &#x017F;ehr ungerne ge&#x017F;ehen<lb/>
haben, wenn jemand &#x017F;ie in der Knospe gebro-<lb/>
chen, und nicht einmal, <hi rendition="#fr">mit ihrer Erlaub-<lb/>
niß, Frau Ro&#x017F;en&#x017F;trauch,</hi> zu der Mutter ge-<lb/>
&#x017F;agt ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Der na&#x0364;ch&#x017F;te Punct u. &#x017F;. w.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Th. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 239. L. 7. nach den Worten:<lb/><hi rendition="#fr">geplu&#x0364;ndert habe.</hi></head><lb/>
          <p>Und wie kann ich ihr eine gro&#x017F;&#x017F;e Beleidi-<lb/>
gung zufu&#x0364;gen, da &#x017F;ie &#x017F;o leicht mit ein par Zau-<lb/>
ber-Formeln wieder gut zu machen &#x017F;tehet: <hi rendition="#fr">Jch<lb/>
Robert nehme dich Clari&#x017F;&#x017F;a zur Frau,<lb/>
und ich Clari&#x017F;&#x017F;a nehme dich Robert<lb/>
zum Mann;</hi> neb&#x017F;t dem u&#x0364;brigen Ta&#x017F;chen&#x017F;pie-<lb/>
ler-Ge&#x017F;chwa&#x0364;tz, welches alle das Unrecht, das<lb/>
himmel&#x017F;chreiende Unrecht! das ich der <hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein<lb/>
Harlowe</hi> angethan habe, in lauter Gu&#x0364;te und<lb/>
Gewogenheit gegen die <hi rendition="#fr">Frau Lovelace</hi> ver-<lb/>
wandeln wird?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sollte</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0218] ren die Maͤdgen genoͤthiget, ernſthafte Minen anzunehmen, und boͤſe zu thun, weil die Alten die Sache hoͤchſt wichtig machten. Aber Zorn und Mitleiden ſaß nur ſo leicht auf der Oberflaͤche ihres Herzens, daß ſie genoͤthiget waren, den Mund einzuziehen, um das Laͤcheln zu unter- druͤcken, welches ich dann und wann zu erha- ſchen ſuchte. Die Aeltern, welche ſelbſt Ro- ſen (das iſt zu ſagen, Toͤchter) von ihrem eignen Stocke gehabt, und wiſſen, wie die Manns- perſonen auf dergleichen Kleinigkeiten geſteuert ſind, wuͤrden es freilich ſehr ungerne geſehen haben, wenn jemand ſie in der Knospe gebro- chen, und nicht einmal, mit ihrer Erlaub- niß, Frau Roſenſtrauch, zu der Mutter ge- ſagt haͤtte. Der naͤchſte Punct u. ſ. w. Th. VI. S. 239. L. 7. nach den Worten: gepluͤndert habe. Und wie kann ich ihr eine groſſe Beleidi- gung zufuͤgen, da ſie ſo leicht mit ein par Zau- ber-Formeln wieder gut zu machen ſtehet: Jch Robert nehme dich Clariſſa zur Frau, und ich Clariſſa nehme dich Robert zum Mann; nebſt dem uͤbrigen Taſchenſpie- ler-Geſchwaͤtz, welches alle das Unrecht, das himmelſchreiende Unrecht! das ich der Fraͤulein Harlowe angethan habe, in lauter Guͤte und Gewogenheit gegen die Frau Lovelace ver- wandeln wird? Sollte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/218
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/218>, abgerufen am 21.12.2024.