Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



samen Ungewisheiten zu kämpfen hat, die na-
türlicher Weise aus den Gedanken entstehen
müssen, daß es sich selbst gegen ihre Pflicht
und Einsichten in die Gewalt eines Mannes
begeben hat, der ein Bösewicht ist? Muß nicht
die Empfindung ihrer Unbedachtsamkeit, ihre
hofnungsvollesten Aussichten verdunkeln? Muß
die nicht alsdann am stärksten auf ein nach-
denkendes Gemüth würken, wenn ihre Hof-
nungen die schönsten sind? Selbst ihre Ver-
gnügungen, wenn ja der Mann besser werden
sollte, als sie hoffet, verlieren ungemein: So
wie bei Menschen, welche bei dem Besitz übel
erworbener Güter, es alsdann auf die empfind-
lichste Weise erfahren müssen, (wo anders
thr Gewissen einer Ueberlegung fähig, und
nicht ganz unempfindlich geworden ist) wenn
sie nach der Erfüllung aller ihrer Wünsche
(doch ich glaube nicht, daß alle Wünsche sol-
cher Leute erfüllet werden können) sich hinsetzen,
in der Hofnung, ihr unrecht erworbenes Gut
zu geniessen; und dann finden, daß ihre eignen
Betrachtungen, ihnen zur grössesten Marter
werden.

Jch wünsche daß Sie nie u. s. w.

Th. III. S. 474. am Ende, nach den Wor-
ten: selbst gar nicht mächtig.

"Was meinest du? - - Der kleine Teufel,
"die Sally sagte, es wäre ihr nicht möglich, zu
"leben, wenn ich auf sie zürnete, und wollte

"in



ſamen Ungewisheiten zu kaͤmpfen hat, die na-
tuͤrlicher Weiſe aus den Gedanken entſtehen
muͤſſen, daß es ſich ſelbſt gegen ihre Pflicht
und Einſichten in die Gewalt eines Mannes
begeben hat, der ein Boͤſewicht iſt? Muß nicht
die Empfindung ihrer Unbedachtſamkeit, ihre
hofnungsvolleſten Ausſichten verdunkeln? Muß
die nicht alsdann am ſtaͤrkſten auf ein nach-
denkendes Gemuͤth wuͤrken, wenn ihre Hof-
nungen die ſchoͤnſten ſind? Selbſt ihre Ver-
gnuͤgungen, wenn ja der Mann beſſer werden
ſollte, als ſie hoffet, verlieren ungemein: So
wie bei Menſchen, welche bei dem Beſitz uͤbel
erworbener Guͤter, es alsdann auf die empfind-
lichſte Weiſe erfahren muͤſſen, (wo anders
thr Gewiſſen einer Ueberlegung faͤhig, und
nicht ganz unempfindlich geworden iſt) wenn
ſie nach der Erfuͤllung aller ihrer Wuͤnſche
(doch ich glaube nicht, daß alle Wuͤnſche ſol-
cher Leute erfuͤllet werden koͤnnen) ſich hinſetzen,
in der Hofnung, ihr unrecht erworbenes Gut
zu genieſſen; und dann finden, daß ihre eignen
Betrachtungen, ihnen zur groͤſſeſten Marter
werden.

Jch wuͤnſche daß Sie nie u. ſ. w.

Th. III. S. 474. am Ende, nach den Wor-
ten: ſelbſt gar nicht maͤchtig.

„Was meineſt du? ‒ ‒ Der kleine Teufel,
„die Sally ſagte, es waͤre ihr nicht moͤglich, zu
„leben, wenn ich auf ſie zuͤrnete, und wollte

„in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0112" n="104"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;amen Ungewisheiten zu ka&#x0364;mpfen hat, die na-<lb/>
tu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e aus den Gedanken ent&#x017F;tehen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß es &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gegen ihre Pflicht<lb/>
und Ein&#x017F;ichten in die Gewalt eines Mannes<lb/>
begeben hat, der ein Bo&#x0364;&#x017F;ewicht i&#x017F;t? Muß nicht<lb/>
die Empfindung ihrer Unbedacht&#x017F;amkeit, ihre<lb/>
hofnungsvolle&#x017F;ten Aus&#x017F;ichten verdunkeln? Muß<lb/>
die nicht alsdann am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten auf ein nach-<lb/>
denkendes Gemu&#x0364;th wu&#x0364;rken, wenn ihre Hof-<lb/>
nungen die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten &#x017F;ind? Selb&#x017F;t ihre Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gungen, wenn ja der Mann be&#x017F;&#x017F;er werden<lb/>
&#x017F;ollte, als &#x017F;ie hoffet, verlieren ungemein: So<lb/>
wie bei Men&#x017F;chen, welche bei dem Be&#x017F;itz u&#x0364;bel<lb/>
erworbener Gu&#x0364;ter, es alsdann auf die empfind-<lb/>
lich&#x017F;te Wei&#x017F;e erfahren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, (wo anders<lb/>
thr Gewi&#x017F;&#x017F;en einer Ueberlegung fa&#x0364;hig, und<lb/>
nicht ganz unempfindlich geworden i&#x017F;t) wenn<lb/>
&#x017F;ie nach der Erfu&#x0364;llung aller ihrer Wu&#x0364;n&#x017F;che<lb/>
(doch ich glaube nicht, daß alle Wu&#x0364;n&#x017F;che &#x017F;ol-<lb/>
cher Leute erfu&#x0364;llet werden ko&#x0364;nnen) &#x017F;ich hin&#x017F;etzen,<lb/>
in der Hofnung, ihr unrecht erworbenes Gut<lb/>
zu genie&#x017F;&#x017F;en; und dann finden, daß ihre eignen<lb/>
Betrachtungen, ihnen zur gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Marter<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Jch wu&#x0364;n&#x017F;che daß Sie nie u. &#x017F;. w.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 474. am Ende, nach den Wor-<lb/>
ten: <hi rendition="#fr">&#x017F;elb&#x017F;t gar nicht ma&#x0364;chtig.</hi></head><lb/>
          <p>&#x201E;Was meine&#x017F;t du? &#x2012; &#x2012; Der kleine Teufel,<lb/>
&#x201E;die <hi rendition="#fr">Sally</hi> &#x017F;agte, es wa&#x0364;re ihr nicht mo&#x0364;glich, zu<lb/>
&#x201E;leben, wenn ich auf &#x017F;ie zu&#x0364;rnete, und wollte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;in</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0112] ſamen Ungewisheiten zu kaͤmpfen hat, die na- tuͤrlicher Weiſe aus den Gedanken entſtehen muͤſſen, daß es ſich ſelbſt gegen ihre Pflicht und Einſichten in die Gewalt eines Mannes begeben hat, der ein Boͤſewicht iſt? Muß nicht die Empfindung ihrer Unbedachtſamkeit, ihre hofnungsvolleſten Ausſichten verdunkeln? Muß die nicht alsdann am ſtaͤrkſten auf ein nach- denkendes Gemuͤth wuͤrken, wenn ihre Hof- nungen die ſchoͤnſten ſind? Selbſt ihre Ver- gnuͤgungen, wenn ja der Mann beſſer werden ſollte, als ſie hoffet, verlieren ungemein: So wie bei Menſchen, welche bei dem Beſitz uͤbel erworbener Guͤter, es alsdann auf die empfind- lichſte Weiſe erfahren muͤſſen, (wo anders thr Gewiſſen einer Ueberlegung faͤhig, und nicht ganz unempfindlich geworden iſt) wenn ſie nach der Erfuͤllung aller ihrer Wuͤnſche (doch ich glaube nicht, daß alle Wuͤnſche ſol- cher Leute erfuͤllet werden koͤnnen) ſich hinſetzen, in der Hofnung, ihr unrecht erworbenes Gut zu genieſſen; und dann finden, daß ihre eignen Betrachtungen, ihnen zur groͤſſeſten Marter werden. Jch wuͤnſche daß Sie nie u. ſ. w. Th. III. S. 474. am Ende, nach den Wor- ten: ſelbſt gar nicht maͤchtig. „Was meineſt du? ‒ ‒ Der kleine Teufel, „die Sally ſagte, es waͤre ihr nicht moͤglich, zu „leben, wenn ich auf ſie zuͤrnete, und wollte „in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/112
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/112>, abgerufen am 23.11.2024.