Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite




Der fünf und neunzigste Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.

Allein was für einen artigen Vorschlag hast du
für dich und deine alte Witwe zu eurer bey-
der Lebensart ausgedacht! Bey meiner Seele,
Bruder, ich bin sehr dafür eingenommen. Es
fehlet nur eines und das wird mit der Zeit kom-
men: unter den Abgeordneten des Königreichs
zu sitzen und einer von den Richtern zu seyn. Du
bist bereits mit einem Schreiber versehen, der so
gut ist, als du ihn brauchen wirst; denn du ver-
stehst die Rechte und sie Gewissenssachen: du
kannst ein guter Lord Canzler unter euch seyn!
- - Jch würde ein ungemeines Vergnügen ha-
ben, wenn ich dich in der Sache eines unehlich
gebohrnen Kindes, nach deinen neuen Begriffen
und alten wieder erinnerten Vorstellungen, das
Urtheil sprechen hörte.

Aber Scherz beyseite gesetzt - - Jm Herzen
ist alles dunkel und traurig, beym Jupiter! ob
die Feder und das Gesicht gleich ein leichtfertiges
Ansehen annimmt - - Wo du, bey dem allen,
so leicht Buße thun und dich bessern kannst, als
du zu können glaubest; wenn du so deine alten
Sünden und eingewurzelten Gewohnheiten abzu-
schütteln vermögend bist; wenn dein alter Herr

einen




Der fuͤnf und neunzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.

Allein was fuͤr einen artigen Vorſchlag haſt du
fuͤr dich und deine alte Witwe zu eurer bey-
der Lebensart ausgedacht! Bey meiner Seele,
Bruder, ich bin ſehr dafuͤr eingenommen. Es
fehlet nur eines und das wird mit der Zeit kom-
men: unter den Abgeordneten des Koͤnigreichs
zu ſitzen und einer von den Richtern zu ſeyn. Du
biſt bereits mit einem Schreiber verſehen, der ſo
gut iſt, als du ihn brauchen wirſt; denn du ver-
ſtehſt die Rechte und ſie Gewiſſensſachen: du
kannſt ein guter Lord Canzler unter euch ſeyn!
‒ ‒ Jch wuͤrde ein ungemeines Vergnuͤgen ha-
ben, wenn ich dich in der Sache eines unehlich
gebohrnen Kindes, nach deinen neuen Begriffen
und alten wieder erinnerten Vorſtellungen, das
Urtheil ſprechen hoͤrte.

Aber Scherz beyſeite geſetzt ‒ ‒ Jm Herzen
iſt alles dunkel und traurig, beym Jupiter! ob
die Feder und das Geſicht gleich ein leichtfertiges
Anſehen annimmt ‒ ‒ Wo du, bey dem allen,
ſo leicht Buße thun und dich beſſern kannſt, als
du zu koͤnnen glaubeſt; wenn du ſo deine alten
Suͤnden und eingewurzelten Gewohnheiten abzu-
ſchuͤtteln vermoͤgend biſt; wenn dein alter Herr

einen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0723" n="717"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der fu&#x0364;nf und neunzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>llein was fu&#x0364;r einen artigen Vor&#x017F;chlag ha&#x017F;t du<lb/>
fu&#x0364;r dich und deine alte Witwe zu eurer bey-<lb/>
der Lebensart ausgedacht! Bey meiner Seele,<lb/>
Bruder, ich bin &#x017F;ehr dafu&#x0364;r eingenommen. Es<lb/>
fehlet nur eines und das wird mit der Zeit kom-<lb/>
men: unter den Abgeordneten des Ko&#x0364;nigreichs<lb/>
zu &#x017F;itzen und einer von den Richtern zu &#x017F;eyn. Du<lb/>
bi&#x017F;t bereits mit einem Schreiber ver&#x017F;ehen, der &#x017F;o<lb/>
gut i&#x017F;t, als du ihn brauchen wir&#x017F;t; denn du ver-<lb/>
&#x017F;teh&#x017F;t die Rechte und &#x017F;ie Gewi&#x017F;&#x017F;ens&#x017F;achen: du<lb/>
kann&#x017F;t ein guter Lord Canzler unter euch &#x017F;eyn!<lb/>
&#x2012; &#x2012; Jch wu&#x0364;rde ein ungemeines Vergnu&#x0364;gen ha-<lb/>
ben, wenn ich dich in der Sache eines unehlich<lb/>
gebohrnen Kindes, nach deinen neuen Begriffen<lb/>
und alten wieder erinnerten Vor&#x017F;tellungen, das<lb/>
Urtheil &#x017F;prechen ho&#x0364;rte.</p><lb/>
          <p>Aber Scherz bey&#x017F;eite ge&#x017F;etzt &#x2012; &#x2012; Jm Herzen<lb/>
i&#x017F;t alles dunkel und traurig, beym Jupiter! ob<lb/>
die Feder und das Ge&#x017F;icht gleich ein leichtfertiges<lb/>
An&#x017F;ehen annimmt &#x2012; &#x2012; Wo du, bey dem allen,<lb/>
&#x017F;o leicht Buße thun und dich be&#x017F;&#x017F;ern kann&#x017F;t, als<lb/>
du zu ko&#x0364;nnen glaube&#x017F;t; wenn du &#x017F;o deine alten<lb/>
Su&#x0364;nden und eingewurzelten Gewohnheiten abzu-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tteln vermo&#x0364;gend bi&#x017F;t; wenn dein alter Herr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[717/0723] Der fuͤnf und neunzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford. Allein was fuͤr einen artigen Vorſchlag haſt du fuͤr dich und deine alte Witwe zu eurer bey- der Lebensart ausgedacht! Bey meiner Seele, Bruder, ich bin ſehr dafuͤr eingenommen. Es fehlet nur eines und das wird mit der Zeit kom- men: unter den Abgeordneten des Koͤnigreichs zu ſitzen und einer von den Richtern zu ſeyn. Du biſt bereits mit einem Schreiber verſehen, der ſo gut iſt, als du ihn brauchen wirſt; denn du ver- ſtehſt die Rechte und ſie Gewiſſensſachen: du kannſt ein guter Lord Canzler unter euch ſeyn! ‒ ‒ Jch wuͤrde ein ungemeines Vergnuͤgen ha- ben, wenn ich dich in der Sache eines unehlich gebohrnen Kindes, nach deinen neuen Begriffen und alten wieder erinnerten Vorſtellungen, das Urtheil ſprechen hoͤrte. Aber Scherz beyſeite geſetzt ‒ ‒ Jm Herzen iſt alles dunkel und traurig, beym Jupiter! ob die Feder und das Geſicht gleich ein leichtfertiges Anſehen annimmt ‒ ‒ Wo du, bey dem allen, ſo leicht Buße thun und dich beſſern kannſt, als du zu koͤnnen glaubeſt; wenn du ſo deine alten Suͤnden und eingewurzelten Gewohnheiten abzu- ſchuͤtteln vermoͤgend biſt; wenn dein alter Herr einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/723
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/723>, abgerufen am 30.12.2024.