hier, oder nach diesem für unsere Missethaten gestraft werden müssen: so ist es besser hier, als nach diesem. Jst mir denn nicht daran gele- gen, daß ich gedenke, meine Strafe sey nicht allein schon angegangen, sondern auch vollendet: indem das, was ich gelitten habe, und noch leide, nicht zu beschreiben ist?
Jch will nur ein Beyspiel anführen, wie mir vergolten ist - - Jch, der ich auf eine unmensch- liche Art dem Frauenzimmer, das ihres gleichen nicht hat, auf eine ganze Woche den Verlust der Sinne verurfachte, bin hier mit dem Verlust mei- ner eignen Sinne gestraft worden - - Als eine Vorbereitung zu - - Wer weiß, was? - - Wann, o wann werde ich eine frohe Stunde haben?
Jch werde, als ausnehmend schwach, gehal- ten: und ausnehmend schwach bin ich auch. Der hinterlassene Brief von dem lieben Kinde liegt mir fest im Sinne. Alle ihre trefflichen Vorzüge kommen mir stündlich in die Gedanken.
Dennoch darf ich diesen traurigen Gedanken nicht nachhängen. Jch finde, daß mein Kopf wieder wunderlich arbeitet. - - Weg, Feder!
Freytags, den 15ten Sept.
Jch fange wieder an mit einem frohern Muth, hoffe ich - - Mowbray und Tourville haben eben itzo - -
Aber was Mowbray und Tourville! - - Was ist die Welt? - - Was ist ein jeder in derselben?
J[unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]
U u 4
hier, oder nach dieſem fuͤr unſere Miſſethaten geſtraft werden muͤſſen: ſo iſt es beſſer hier, als nach dieſem. Jſt mir denn nicht daran gele- gen, daß ich gedenke, meine Strafe ſey nicht allein ſchon angegangen, ſondern auch vollendet: indem das, was ich gelitten habe, und noch leide, nicht zu beſchreiben iſt?
Jch will nur ein Beyſpiel anfuͤhren, wie mir vergolten iſt ‒ ‒ Jch, der ich auf eine unmenſch- liche Art dem Frauenzimmer, das ihres gleichen nicht hat, auf eine ganze Woche den Verluſt der Sinne verurfachte, bin hier mit dem Verluſt mei- ner eignen Sinne geſtraft worden ‒ ‒ Als eine Vorbereitung zu ‒ ‒ Wer weiß, was? ‒ ‒ Wann, o wann werde ich eine frohe Stunde haben?
Jch werde, als ausnehmend ſchwach, gehal- ten: und ausnehmend ſchwach bin ich auch. Der hinterlaſſene Brief von dem lieben Kinde liegt mir feſt im Sinne. Alle ihre trefflichen Vorzuͤge kommen mir ſtuͤndlich in die Gedanken.
Dennoch darf ich dieſen traurigen Gedanken nicht nachhaͤngen. Jch finde, daß mein Kopf wieder wunderlich arbeitet. ‒ ‒ Weg, Feder!
Freytags, den 15ten Sept.
Jch fange wieder an mit einem frohern Muth, hoffe ich ‒ ‒ Mowbray und Tourville haben eben itzo ‒ ‒
Aber was Mowbray und Tourville! ‒ ‒ Was iſt die Welt? ‒ ‒ Was iſt ein jeder in derſelben?
J[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]
U u 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0685"n="679"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><hirendition="#fr">hier,</hi> oder <hirendition="#fr">nach dieſem</hi> fuͤr unſere Miſſethaten<lb/>
geſtraft werden muͤſſen: ſo iſt es beſſer <hirendition="#fr">hier,</hi> als<lb/><hirendition="#fr">nach dieſem.</hi> Jſt mir denn nicht daran gele-<lb/>
gen, daß ich gedenke, meine Strafe ſey nicht allein<lb/>ſchon angegangen, ſondern auch vollendet: indem<lb/>
das, was ich gelitten habe, und noch leide, nicht zu<lb/>
beſchreiben iſt?</p><lb/><p>Jch will nur ein Beyſpiel anfuͤhren, wie mir<lb/><hirendition="#fr">vergolten</hi> iſt ‒‒ Jch, der ich auf eine unmenſch-<lb/>
liche Art dem Frauenzimmer, das ihres gleichen<lb/>
nicht hat, auf eine ganze Woche den Verluſt der<lb/>
Sinne verurfachte, bin hier mit dem Verluſt mei-<lb/>
ner eignen Sinne geſtraft worden ‒‒ Als eine<lb/>
Vorbereitung zu ‒‒ Wer weiß, was? ‒‒<lb/>
Wann, o wann werde ich eine frohe Stunde<lb/>
haben?</p><lb/><p>Jch werde, als ausnehmend ſchwach, gehal-<lb/>
ten: und ausnehmend ſchwach <hirendition="#fr">bin</hi> ich auch.<lb/>
Der hinterlaſſene Brief von dem lieben Kinde<lb/>
liegt mir feſt im Sinne. Alle ihre trefflichen<lb/>
Vorzuͤge kommen mir ſtuͤndlich in die Gedanken.</p><lb/><p>Dennoch darf ich dieſen traurigen Gedanken<lb/>
nicht nachhaͤngen. Jch finde, daß mein Kopf<lb/>
wieder wunderlich arbeitet. ‒‒ Weg, Feder!</p></div><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Freytags, den 15ten Sept.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch fange wieder an mit einem frohern Muth,<lb/>
hoffe ich ‒‒ Mowbray und Tourville haben<lb/>
eben itzo ‒‒</p><lb/><p>Aber was Mowbray und Tourville! ‒‒<lb/>
Was iſt die Welt? ‒‒ Was iſt ein jeder in<lb/>
derſelben?</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">U u 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">J<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="3"/></fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[679/0685]
hier, oder nach dieſem fuͤr unſere Miſſethaten
geſtraft werden muͤſſen: ſo iſt es beſſer hier, als
nach dieſem. Jſt mir denn nicht daran gele-
gen, daß ich gedenke, meine Strafe ſey nicht allein
ſchon angegangen, ſondern auch vollendet: indem
das, was ich gelitten habe, und noch leide, nicht zu
beſchreiben iſt?
Jch will nur ein Beyſpiel anfuͤhren, wie mir
vergolten iſt ‒ ‒ Jch, der ich auf eine unmenſch-
liche Art dem Frauenzimmer, das ihres gleichen
nicht hat, auf eine ganze Woche den Verluſt der
Sinne verurfachte, bin hier mit dem Verluſt mei-
ner eignen Sinne geſtraft worden ‒ ‒ Als eine
Vorbereitung zu ‒ ‒ Wer weiß, was? ‒ ‒
Wann, o wann werde ich eine frohe Stunde
haben?
Jch werde, als ausnehmend ſchwach, gehal-
ten: und ausnehmend ſchwach bin ich auch.
Der hinterlaſſene Brief von dem lieben Kinde
liegt mir feſt im Sinne. Alle ihre trefflichen
Vorzuͤge kommen mir ſtuͤndlich in die Gedanken.
Dennoch darf ich dieſen traurigen Gedanken
nicht nachhaͤngen. Jch finde, daß mein Kopf
wieder wunderlich arbeitet. ‒ ‒ Weg, Feder!
Freytags, den 15ten Sept.
Jch fange wieder an mit einem frohern Muth,
hoffe ich ‒ ‒ Mowbray und Tourville haben
eben itzo ‒ ‒
Aber was Mowbray und Tourville! ‒ ‒
Was iſt die Welt? ‒ ‒ Was iſt ein jeder in
derſelben?
J___
U u 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/685>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.