ter Sie nicht beredet, auf ein Jahr oder zwey in die Fremde zu gehen.
Freytags, frühe.
Eben ist Elisabeth bey mir gewesen. Sie er- zählt mir, Jhr Herr Vetter Morden sey mit ihnen allen so übel zufrieden, daß er nicht weiter bey Jhrem Onkel Anton seinen Aufenthalt neh- men wollen, und so gar mit einer unbequemen Gelegenheit verlieb genommen habe, bis er sich mit einer andern nach seinem Sinne verseheu kann. Hierüber sind sie sehr bekümmert; und sie bereuen, daß sie ihn mit so vieler Heftigkeit begegnet haben: um so viel mehr, da er gesonnen ist, wie er sagt, Sie zu seiner gänzlichen Erbinn einzusetzen und Jhnen die Vollziehung seines letz- ten Willens völlig aufzutragen.
Was für treffliche Glücksgüter haben Sie noch zu erwarten, meine wertheste Fräulein! Jch bin vollkommen überzeuget, wo es Gott gefällt, Jhnen Leben und Gesundheit zu erhalten, daß jedermann bald mit Jhnen ausgesöhnet seyn wird, und Sie noch viele glückliche Tage erleben werden.
Jhre Fr. Mutter wünschte, daß ich Jhnen meine Aufwartung noch nicht machen möchte: weil sie hoffet, daß ich dieß Vergnügen bald mit eines jeden Genehmhaltung, ja gar auf ihrer aller Verlangen, haben könne. Die Aussöhnung Jh- res Herrn Vetter Mordens mit ihnen, wornach sie alle ein sehr großes Verlangen tragen, wird die
Ver-
Y 5
ter Sie nicht beredet, auf ein Jahr oder zwey in die Fremde zu gehen.
Freytags, fruͤhe.
Eben iſt Eliſabeth bey mir geweſen. Sie er- zaͤhlt mir, Jhr Herr Vetter Morden ſey mit ihnen allen ſo uͤbel zufrieden, daß er nicht weiter bey Jhrem Onkel Anton ſeinen Aufenthalt neh- men wollen, und ſo gar mit einer unbequemen Gelegenheit verlieb genommen habe, bis er ſich mit einer andern nach ſeinem Sinne verſeheu kann. Hieruͤber ſind ſie ſehr bekuͤmmert; und ſie bereuen, daß ſie ihn mit ſo vieler Heftigkeit begegnet haben: um ſo viel mehr, da er geſonnen iſt, wie er ſagt, Sie zu ſeiner gaͤnzlichen Erbinn einzuſetzen und Jhnen die Vollziehung ſeines letz- ten Willens voͤllig aufzutragen.
Was fuͤr treffliche Gluͤcksguͤter haben Sie noch zu erwarten, meine wertheſte Fraͤulein! Jch bin vollkommen uͤberzeuget, wo es Gott gefaͤllt, Jhnen Leben und Geſundheit zu erhalten, daß jedermann bald mit Jhnen ausgeſoͤhnet ſeyn wird, und Sie noch viele gluͤckliche Tage erleben werden.
Jhre Fr. Mutter wuͤnſchte, daß ich Jhnen meine Aufwartung noch nicht machen moͤchte: weil ſie hoffet, daß ich dieß Vergnuͤgen bald mit eines jeden Genehmhaltung, ja gar auf ihrer aller Verlangen, haben koͤnne. Die Ausſoͤhnung Jh- res Herrn Vetter Mordens mit ihnen, wornach ſie alle ein ſehr großes Verlangen tragen, wird die
Ver-
Y 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0351"n="345"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ter Sie nicht beredet, auf ein Jahr oder zwey in<lb/>
die Fremde zu gehen.</p></div><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Freytags, fruͤhe.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>ben iſt Eliſabeth bey mir geweſen. Sie er-<lb/>
zaͤhlt mir, Jhr Herr Vetter Morden ſey mit<lb/>
ihnen allen ſo uͤbel zufrieden, daß er nicht weiter<lb/>
bey Jhrem Onkel Anton ſeinen Aufenthalt neh-<lb/>
men wollen, und ſo gar mit einer unbequemen<lb/>
Gelegenheit verlieb genommen habe, bis er ſich<lb/>
mit einer andern nach ſeinem Sinne verſeheu<lb/>
kann. Hieruͤber ſind ſie ſehr bekuͤmmert; und<lb/>ſie bereuen, daß ſie ihn mit ſo vieler Heftigkeit<lb/>
begegnet haben: um ſo viel mehr, da er geſonnen<lb/>
iſt, wie er ſagt, Sie zu ſeiner gaͤnzlichen Erbinn<lb/>
einzuſetzen und Jhnen die Vollziehung ſeines letz-<lb/>
ten Willens voͤllig aufzutragen.</p><lb/><p>Was fuͤr treffliche Gluͤcksguͤter haben Sie<lb/>
noch zu erwarten, meine wertheſte Fraͤulein! Jch<lb/>
bin vollkommen uͤberzeuget, wo es Gott gefaͤllt,<lb/>
Jhnen Leben und Geſundheit zu erhalten, daß<lb/>
jedermann bald mit Jhnen ausgeſoͤhnet ſeyn<lb/>
wird, und Sie noch viele gluͤckliche Tage erleben<lb/>
werden.</p><lb/><p>Jhre Fr. Mutter wuͤnſchte, daß ich Jhnen<lb/>
meine Aufwartung noch nicht machen moͤchte:<lb/>
weil ſie hoffet, daß ich dieß Vergnuͤgen bald mit<lb/>
eines jeden Genehmhaltung, ja gar auf ihrer aller<lb/>
Verlangen, haben koͤnne. Die Ausſoͤhnung Jh-<lb/>
res Herrn Vetter Mordens mit ihnen, wornach<lb/>ſie alle ein ſehr großes Verlangen tragen, wird die<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Y 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[345/0351]
ter Sie nicht beredet, auf ein Jahr oder zwey in
die Fremde zu gehen.
Freytags, fruͤhe.
Eben iſt Eliſabeth bey mir geweſen. Sie er-
zaͤhlt mir, Jhr Herr Vetter Morden ſey mit
ihnen allen ſo uͤbel zufrieden, daß er nicht weiter
bey Jhrem Onkel Anton ſeinen Aufenthalt neh-
men wollen, und ſo gar mit einer unbequemen
Gelegenheit verlieb genommen habe, bis er ſich
mit einer andern nach ſeinem Sinne verſeheu
kann. Hieruͤber ſind ſie ſehr bekuͤmmert; und
ſie bereuen, daß ſie ihn mit ſo vieler Heftigkeit
begegnet haben: um ſo viel mehr, da er geſonnen
iſt, wie er ſagt, Sie zu ſeiner gaͤnzlichen Erbinn
einzuſetzen und Jhnen die Vollziehung ſeines letz-
ten Willens voͤllig aufzutragen.
Was fuͤr treffliche Gluͤcksguͤter haben Sie
noch zu erwarten, meine wertheſte Fraͤulein! Jch
bin vollkommen uͤberzeuget, wo es Gott gefaͤllt,
Jhnen Leben und Geſundheit zu erhalten, daß
jedermann bald mit Jhnen ausgeſoͤhnet ſeyn
wird, und Sie noch viele gluͤckliche Tage erleben
werden.
Jhre Fr. Mutter wuͤnſchte, daß ich Jhnen
meine Aufwartung noch nicht machen moͤchte:
weil ſie hoffet, daß ich dieß Vergnuͤgen bald mit
eines jeden Genehmhaltung, ja gar auf ihrer aller
Verlangen, haben koͤnne. Die Ausſoͤhnung Jh-
res Herrn Vetter Mordens mit ihnen, wornach
ſie alle ein ſehr großes Verlangen tragen, wird die
Ver-
Y 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/351>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.