Der achtzigste Brief von Fräulein Howe an die beyden Fräuleins Montague.
Sonnabends, den 29ten Jul.
Wertheste Fräuleins.
Jch habe nicht ermangelt, alles, was ich bey meiner geliebten Freundinn vermag, anzu- wenden, damit sie Jhrem Verwandten, ob er es gleich so schlecht verdienet hat, vergeben, und sich mit ihm wieder aussöhnen möchte. Ja ich ha- be so gar meine ernstliche Vorstellungen bey ihr desfalls wiederholet. Diese Wiederholung und die Erwartung ihrer Antwort, haben einige Zeit weggenommen, und sind die Ursache, daß ich mir nicht eher habe die Ehre nehmen können, in der Sache an Sie zu schreiben.
Sie werden aus dem Einschluß ihre unver- änderliche Entschließung sehen, welche auf so edle und erhabene Bewegungsgründe gebauet ist, daß ich nicht anders kann, als sie zu gleicher Zeit be- klagen und loben: loben, weil ihr Entschluß gerecht ist, und Jhr ganzes ansehnliches Haus in der Meynung, welche Sie von ihren unvergleich- lichen Vorzügen, gefaßt haben, bestärken wird; beklagen, weil ich nur allzu viel Ursache habe,
so
Der achtzigſte Brief von Fraͤulein Howe an die beyden Fraͤuleins Montague.
Sonnabends, den 29ten Jul.
Wertheſte Fraͤuleins.
Jch habe nicht ermangelt, alles, was ich bey meiner geliebten Freundinn vermag, anzu- wenden, damit ſie Jhrem Verwandten, ob er es gleich ſo ſchlecht verdienet hat, vergeben, und ſich mit ihm wieder ausſoͤhnen moͤchte. Ja ich ha- be ſo gar meine ernſtliche Vorſtellungen bey ihr desfalls wiederholet. Dieſe Wiederholung und die Erwartung ihrer Antwort, haben einige Zeit weggenommen, und ſind die Urſache, daß ich mir nicht eher habe die Ehre nehmen koͤnnen, in der Sache an Sie zu ſchreiben.
Sie werden aus dem Einſchluß ihre unver- aͤnderliche Entſchließung ſehen, welche auf ſo edle und erhabene Bewegungsgruͤnde gebauet iſt, daß ich nicht anders kann, als ſie zu gleicher Zeit be- klagen und loben: loben, weil ihr Entſchluß gerecht iſt, und Jhr ganzes anſehnliches Haus in der Meynung, welche Sie von ihren unvergleich- lichen Vorzuͤgen, gefaßt haben, beſtaͤrken wird; beklagen, weil ich nur allzu viel Urſache habe,
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Der achtzigſte Brief
von
Fraͤulein Howe an die beyden Fraͤuleins
Montague.
Sonnabends, den 29ten Jul.
Wertheſte Fraͤuleins.
Jch habe nicht ermangelt, alles, was ich bey
meiner geliebten Freundinn vermag, anzu-
wenden, damit ſie Jhrem Verwandten, ob er es
gleich ſo ſchlecht verdienet hat, vergeben, und ſich
mit ihm wieder ausſoͤhnen moͤchte. Ja ich ha-
be ſo gar meine ernſtliche Vorſtellungen bey ihr
desfalls wiederholet. Dieſe Wiederholung und
die Erwartung ihrer Antwort, haben einige Zeit
weggenommen, und ſind die Urſache, daß ich mir
nicht eher habe die Ehre nehmen koͤnnen, in der
Sache an Sie zu ſchreiben.
Sie werden aus dem Einſchluß ihre unver-
aͤnderliche Entſchließung ſehen, welche auf ſo edle
und erhabene Bewegungsgruͤnde gebauet iſt, daß
ich nicht anders kann, als ſie zu gleicher Zeit be-
klagen und loben: loben, weil ihr Entſchluß
gerecht iſt, und Jhr ganzes anſehnliches Haus in
der Meynung, welche Sie von ihren unvergleich-
lichen Vorzuͤgen, gefaßt haben, beſtaͤrken wird;
beklagen, weil ich nur allzu viel Urſache habe,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/614>, abgerufen am 30.12.2024.
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