Der acht und siebzigste Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Da ich nun allen Verdacht einer vorsetzlichen Leichtsinnigkeit, bey Gelegenheit der geistli- chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab- gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie du anmerkest, sich so fein auf ihre Umstände schi- cket, das heißt, auf die Vorstellung, die sie und du von ihren Umständen entworfen haben: so kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnügen an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo Zeilen von derselben; durch den Pfeil, Bruder, und durch den Ausdruck, daß über sie gekom- men sey, was sie fürchtete; ermuntert werde, etwas zu hoffen, das mich in die größte Verwun- derung setzen würde, wenn es nicht kommen soll- te. Deutsch heraus zu sagen, ich hoffe, daß das liebe Kind in den Umständen ist, Mamma zu werden.
Der verfluchte Verhaft hat mich eben we- gen der üblen Wirkungen, welche das Schrecken in diesem erwünschten Zustande bey ihr hätte ha- ben können, mehr als in irgend einer andern Be- trachtung bekümmert gemacht. Es würde mein größter Ruhm seyn, an dieser kaltsinnigen Schö- nen den Sieg der Natur über alle Grundsätze zu beweisen, und von einem solchen Engel einen
jungen
Der acht und ſiebzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Da ich nun allen Verdacht einer vorſetzlichen Leichtſinnigkeit, bey Gelegenheit der geiſtli- chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab- gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie du anmerkeſt, ſich ſo fein auf ihre Umſtaͤnde ſchi- cket, das heißt, auf die Vorſtellung, die ſie und du von ihren Umſtaͤnden entworfen haben: ſo kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnuͤgen an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo Zeilen von derſelben; durch den Pfeil, Bruder, und durch den Ausdruck, daß uͤber ſie gekom- men ſey, was ſie fuͤrchtete; ermuntert werde, etwas zu hoffen, das mich in die groͤßte Verwun- derung ſetzen wuͤrde, wenn es nicht kommen ſoll- te. Deutſch heraus zu ſagen, ich hoffe, daß das liebe Kind in den Umſtaͤnden iſt, Mamma zu werden.
Der verfluchte Verhaft hat mich eben we- gen der uͤblen Wirkungen, welche das Schrecken in dieſem erwuͤnſchten Zuſtande bey ihr haͤtte ha- ben koͤnnen, mehr als in irgend einer andern Be- trachtung bekuͤmmert gemacht. Es wuͤrde mein groͤßter Ruhm ſeyn, an dieſer kaltſinnigen Schoͤ- nen den Sieg der Natur uͤber alle Grundſaͤtze zu beweiſen, und von einem ſolchen Engel einen
jungen
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Der acht und ſiebzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
Da ich nun allen Verdacht einer vorſetzlichen
Leichtſinnigkeit, bey Gelegenheit der geiſtli-
chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab-
gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie
du anmerkeſt, ſich ſo fein auf ihre Umſtaͤnde ſchi-
cket, das heißt, auf die Vorſtellung, die ſie und
du von ihren Umſtaͤnden entworfen haben: ſo
kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnuͤgen
an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo
Zeilen von derſelben; durch den Pfeil, Bruder,
und durch den Ausdruck, daß uͤber ſie gekom-
men ſey, was ſie fuͤrchtete; ermuntert werde,
etwas zu hoffen, das mich in die groͤßte Verwun-
derung ſetzen wuͤrde, wenn es nicht kommen ſoll-
te. Deutſch heraus zu ſagen, ich hoffe, daß das
liebe Kind in den Umſtaͤnden iſt, Mamma zu
werden.
Der verfluchte Verhaft hat mich eben we-
gen der uͤblen Wirkungen, welche das Schrecken
in dieſem erwuͤnſchten Zuſtande bey ihr haͤtte ha-
ben koͤnnen, mehr als in irgend einer andern Be-
trachtung bekuͤmmert gemacht. Es wuͤrde mein
groͤßter Ruhm ſeyn, an dieſer kaltſinnigen Schoͤ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/596>, abgerufen am 30.12.2024.
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