Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der acht und siebzigste Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.

Da ich nun allen Verdacht einer vorsetzlichen
Leichtsinnigkeit, bey Gelegenheit der geistli-
chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab-
gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie
du anmerkest, sich so fein auf ihre Umstände schi-
cket, das heißt, auf die Vorstellung, die sie und
du von ihren Umständen entworfen haben: so
kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnügen
an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo
Zeilen von derselben; durch den Pfeil, Bruder,
und durch den Ausdruck, daß über sie gekom-
men sey, was sie fürchtete;
ermuntert werde,
etwas zu hoffen, das mich in die größte Verwun-
derung setzen würde, wenn es nicht kommen soll-
te. Deutsch heraus zu sagen, ich hoffe, daß das
liebe Kind in den Umständen ist, Mamma zu
werden.

Der verfluchte Verhaft hat mich eben we-
gen der üblen Wirkungen, welche das Schrecken
in diesem erwünschten Zustande bey ihr hätte ha-
ben können, mehr als in irgend einer andern Be-
trachtung bekümmert gemacht. Es würde mein
größter Ruhm seyn, an dieser kaltsinnigen Schö-
nen den Sieg der Natur über alle Grundsätze zu
beweisen, und von einem solchen Engel einen

jungen




Der acht und ſiebzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.

Da ich nun allen Verdacht einer vorſetzlichen
Leichtſinnigkeit, bey Gelegenheit der geiſtli-
chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab-
gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie
du anmerkeſt, ſich ſo fein auf ihre Umſtaͤnde ſchi-
cket, das heißt, auf die Vorſtellung, die ſie und
du von ihren Umſtaͤnden entworfen haben: ſo
kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnuͤgen
an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo
Zeilen von derſelben; durch den Pfeil, Bruder,
und durch den Ausdruck, daß uͤber ſie gekom-
men ſey, was ſie fuͤrchtete;
ermuntert werde,
etwas zu hoffen, das mich in die groͤßte Verwun-
derung ſetzen wuͤrde, wenn es nicht kommen ſoll-
te. Deutſch heraus zu ſagen, ich hoffe, daß das
liebe Kind in den Umſtaͤnden iſt, Mamma zu
werden.

Der verfluchte Verhaft hat mich eben we-
gen der uͤblen Wirkungen, welche das Schrecken
in dieſem erwuͤnſchten Zuſtande bey ihr haͤtte ha-
ben koͤnnen, mehr als in irgend einer andern Be-
trachtung bekuͤmmert gemacht. Es wuͤrde mein
groͤßter Ruhm ſeyn, an dieſer kaltſinnigen Schoͤ-
nen den Sieg der Natur uͤber alle Grundſaͤtze zu
beweiſen, und von einem ſolchen Engel einen

jungen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0596" n="590"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der acht und &#x017F;iebzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>a ich nun allen Verdacht einer vor&#x017F;etzlichen<lb/>
Leicht&#x017F;innigkeit, bey Gelegenheit der gei&#x017F;tli-<lb/>
chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab-<lb/>
gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie<lb/>
du anmerke&#x017F;t, &#x017F;ich &#x017F;o fein auf ihre Um&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;chi-<lb/>
cket, das heißt, auf die Vor&#x017F;tellung, die &#x017F;ie und<lb/>
du von ihren Um&#x017F;ta&#x0364;nden entworfen haben: &#x017F;o<lb/>
kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnu&#x0364;gen<lb/>
an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo<lb/>
Zeilen von der&#x017F;elben; durch den <hi rendition="#fr">Pfeil,</hi> Bruder,<lb/>
und durch den Ausdruck, daß <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber &#x017F;ie gekom-<lb/>
men &#x017F;ey, was &#x017F;ie fu&#x0364;rchtete;</hi> ermuntert werde,<lb/>
etwas zu hoffen, das mich in die gro&#x0364;ßte Verwun-<lb/>
derung &#x017F;etzen wu&#x0364;rde, wenn es nicht kommen &#x017F;oll-<lb/>
te. Deut&#x017F;ch heraus zu &#x017F;agen, ich hoffe, daß das<lb/>
liebe Kind in den Um&#x017F;ta&#x0364;nden i&#x017F;t, Mamma zu<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Der verfluchte Verhaft hat mich eben we-<lb/>
gen der u&#x0364;blen Wirkungen, welche das Schrecken<lb/>
in die&#x017F;em erwu&#x0364;n&#x017F;chten Zu&#x017F;tande bey ihr ha&#x0364;tte ha-<lb/>
ben ko&#x0364;nnen, mehr als in irgend einer andern Be-<lb/>
trachtung beku&#x0364;mmert gemacht. Es wu&#x0364;rde mein<lb/>
gro&#x0364;ßter Ruhm &#x017F;eyn, an die&#x017F;er kalt&#x017F;innigen Scho&#x0364;-<lb/>
nen den Sieg der Natur u&#x0364;ber alle Grund&#x017F;a&#x0364;tze zu<lb/>
bewei&#x017F;en, und von einem &#x017F;olchen Engel einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jungen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[590/0596] Der acht und ſiebzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford. Da ich nun allen Verdacht einer vorſetzlichen Leichtſinnigkeit, bey Gelegenheit der geiſtli- chen Betrachtung meiner Geliebten, von mir ab- gelehnet habe; einer Betrachtung, welche, wie du anmerkeſt, ſich ſo fein auf ihre Umſtaͤnde ſchi- cket, das heißt, auf die Vorſtellung, die ſie und du von ihren Umſtaͤnden entworfen haben: ſo kann ich mich nicht enthalten, mein Vergnuͤgen an den Tag zu legen, daß ich durch eine oder zwo Zeilen von derſelben; durch den Pfeil, Bruder, und durch den Ausdruck, daß uͤber ſie gekom- men ſey, was ſie fuͤrchtete; ermuntert werde, etwas zu hoffen, das mich in die groͤßte Verwun- derung ſetzen wuͤrde, wenn es nicht kommen ſoll- te. Deutſch heraus zu ſagen, ich hoffe, daß das liebe Kind in den Umſtaͤnden iſt, Mamma zu werden. Der verfluchte Verhaft hat mich eben we- gen der uͤblen Wirkungen, welche das Schrecken in dieſem erwuͤnſchten Zuſtande bey ihr haͤtte ha- ben koͤnnen, mehr als in irgend einer andern Be- trachtung bekuͤmmert gemacht. Es wuͤrde mein groͤßter Ruhm ſeyn, an dieſer kaltſinnigen Schoͤ- nen den Sieg der Natur uͤber alle Grundſaͤtze zu beweiſen, und von einem ſolchen Engel einen jungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/596
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/596>, abgerufen am 30.12.2024.