Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



mein gemachet wird, hinaus gekommen sind, daß
sie selbst einen andern Antheil an seiner Liebe
wünschen und ihn befördern, und ihr größtes
Vergnügen darinn setzen, andern sich gleich zu ma-
chen! - - Denn du kannst dir nicht einbilden,
wie sich eben Sara Martin die verwichene Nacht
freuete, in der Meynung, daß der Fräulein ihre
Stunde nahe sey.


Niemals hat mich in meinem Leben noch ir-
gend etwas mit so vieler Ungeduld verlanget, als
meine Geliebte zu sehen. Sie ist diese zwo
Stunden durch, wie es scheint, schon in Bewe-
gung gewesen.

Dorcas hat eben itzo bey ihr angeklopft, ihre
Morgenbefehle abzuholen.

Sie hätte keine für sie, ist die Antwort
gewesen.

Jene hat zu wissen verlanget, ob sie nicht
etwas zum Frühstücke haben wollte.

Ein ärgerliches Nein mit schwacher Stim-
me bekam sie wieder zurück.

Jch will selbst hingehen.



Zu drey verschiednen malen habe ich an die
Thür geklopft, aber keine Antwort bekommen.

Erlauben sie mir, meine Wertheste, daß ich
mich nach ihrem Wohlseyn erkundige. Weil sie
sich heute noch nicht haben sprechen lassen: so ver-

langt



mein gemachet wird, hinaus gekommen ſind, daß
ſie ſelbſt einen andern Antheil an ſeiner Liebe
wuͤnſchen und ihn befoͤrdern, und ihr groͤßtes
Vergnuͤgen darinn ſetzen, andern ſich gleich zu ma-
chen! ‒ ‒ Denn du kannſt dir nicht einbilden,
wie ſich eben Sara Martin die verwichene Nacht
freuete, in der Meynung, daß der Fraͤulein ihre
Stunde nahe ſey.


Niemals hat mich in meinem Leben noch ir-
gend etwas mit ſo vieler Ungeduld verlanget, als
meine Geliebte zu ſehen. Sie iſt dieſe zwo
Stunden durch, wie es ſcheint, ſchon in Bewe-
gung geweſen.

Dorcas hat eben itzo bey ihr angeklopft, ihre
Morgenbefehle abzuholen.

Sie haͤtte keine fuͤr ſie, iſt die Antwort
geweſen.

Jene hat zu wiſſen verlanget, ob ſie nicht
etwas zum Fruͤhſtuͤcke haben wollte.

Ein aͤrgerliches Nein mit ſchwacher Stim-
me bekam ſie wieder zuruͤck.

Jch will ſelbſt hingehen.



Zu drey verſchiednen malen habe ich an die
Thuͤr geklopft, aber keine Antwort bekommen.

Erlauben ſie mir, meine Wertheſte, daß ich
mich nach ihrem Wohlſeyn erkundige. Weil ſie
ſich heute noch nicht haben ſprechen laſſen: ſo ver-

langt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0096" n="90"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
mein gemachet wird, hinaus gekommen &#x017F;ind, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t einen andern Antheil an &#x017F;einer Liebe<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chen und ihn befo&#x0364;rdern, und ihr gro&#x0364;ßtes<lb/>
Vergnu&#x0364;gen darinn &#x017F;etzen, andern &#x017F;ich gleich zu ma-<lb/>
chen! &#x2012; &#x2012; Denn du kann&#x017F;t dir nicht einbilden,<lb/>
wie &#x017F;ich eben Sara Martin die verwichene Nacht<lb/>
freuete, in der Meynung, daß der Fra&#x0364;ulein ihre<lb/>
Stunde nahe &#x017F;ey.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Nach zehn Uhr.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Niemals hat mich in meinem Leben noch ir-<lb/>
gend etwas mit &#x017F;o vieler Ungeduld verlanget, als<lb/>
meine Geliebte zu &#x017F;ehen. Sie i&#x017F;t die&#x017F;e zwo<lb/>
Stunden durch, wie es &#x017F;cheint, &#x017F;chon in Bewe-<lb/>
gung gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Dorcas hat eben itzo bey ihr angeklopft, ihre<lb/>
Morgenbefehle abzuholen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Sie ha&#x0364;tte keine fu&#x0364;r &#x017F;ie,</hi> i&#x017F;t die Antwort<lb/>
gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Jene hat zu wi&#x017F;&#x017F;en verlanget, ob &#x017F;ie nicht<lb/>
etwas zum Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;cke haben wollte.</p><lb/>
            <p>Ein a&#x0364;rgerliches Nein mit &#x017F;chwacher Stim-<lb/>
me bekam &#x017F;ie wieder zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
            <p>Jch will &#x017F;elb&#x017F;t hingehen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Zu drey ver&#x017F;chiednen malen habe ich an die<lb/>
Thu&#x0364;r geklopft, aber keine Antwort bekommen.</p><lb/>
            <p>Erlauben &#x017F;ie mir, meine Werthe&#x017F;te, daß ich<lb/>
mich nach ihrem Wohl&#x017F;eyn erkundige. Weil &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich heute noch nicht haben &#x017F;prechen la&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">langt</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0096] mein gemachet wird, hinaus gekommen ſind, daß ſie ſelbſt einen andern Antheil an ſeiner Liebe wuͤnſchen und ihn befoͤrdern, und ihr groͤßtes Vergnuͤgen darinn ſetzen, andern ſich gleich zu ma- chen! ‒ ‒ Denn du kannſt dir nicht einbilden, wie ſich eben Sara Martin die verwichene Nacht freuete, in der Meynung, daß der Fraͤulein ihre Stunde nahe ſey. Nach zehn Uhr. Niemals hat mich in meinem Leben noch ir- gend etwas mit ſo vieler Ungeduld verlanget, als meine Geliebte zu ſehen. Sie iſt dieſe zwo Stunden durch, wie es ſcheint, ſchon in Bewe- gung geweſen. Dorcas hat eben itzo bey ihr angeklopft, ihre Morgenbefehle abzuholen. Sie haͤtte keine fuͤr ſie, iſt die Antwort geweſen. Jene hat zu wiſſen verlanget, ob ſie nicht etwas zum Fruͤhſtuͤcke haben wollte. Ein aͤrgerliches Nein mit ſchwacher Stim- me bekam ſie wieder zuruͤck. Jch will ſelbſt hingehen. Zu drey verſchiednen malen habe ich an die Thuͤr geklopft, aber keine Antwort bekommen. Erlauben ſie mir, meine Wertheſte, daß ich mich nach ihrem Wohlſeyn erkundige. Weil ſie ſich heute noch nicht haben ſprechen laſſen: ſo ver- langt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/96
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/96>, abgerufen am 03.12.2024.