Bey dem allen, Belford, habe ich nur ein flüchtigs Auge auf die von Dorcas abgeschriebne Blätter geworfen, und sehe, daß in einigen Ord- nung und Verstand ist, so wild auch andere sind. Jch sehe, daß ihr Gedächtniß, welches ihr bey den hochfliegenden Gedanken in der Dichtungs- kunst so wohl zu statten kommt, im geringsten nicht geschwächet ist: und dieß macht mir Hoff- nung, daß sie ihren schönen Verstand bald wie- der bekommen wird - - ob ich gleich ohne Zwei- fel dabey leiden werde.
Jedoch in dem Briefe, den sie an mich ge- schrieben hat, kommen noch größere Aussweifun- gen vor. Jch habe zwar gesagt, daß er allzu rührend wäre, dir eine Abschrift davon mit zuthei- len. Aber weil ich dich einmal die loseinge- schlossenen Blätter habe sehen lassen, so denke ich, ich könne dir auch wohl von demselben eine Ab- schrift geben. Dorcas soll ihn also hier abschrei- ben: ich kann es nicht thun. Da ich ihn nur gelesen habe, bin ich schon zehn mal mehr gerüh- ret worden, als mich die härtesten Vorwürfe von einem gesunden Verstande rühren würden.
An Herrn Lovelace.
Jch war niemals willens, wieder eine Zeile an sie zu schreiben. Jch wollte sie nicht sprechen oder sehen, wenn ich es hindern könnte. O wäre es doch niemals geschehen!
Aber
R r 2
Bey dem allen, Belford, habe ich nur ein fluͤchtigs Auge auf die von Dorcas abgeſchriebne Blaͤtter geworfen, und ſehe, daß in einigen Ord- nung und Verſtand iſt, ſo wild auch andere ſind. Jch ſehe, daß ihr Gedaͤchtniß, welches ihr bey den hochfliegenden Gedanken in der Dichtungs- kunſt ſo wohl zu ſtatten kommt, im geringſten nicht geſchwaͤchet iſt: und dieß macht mir Hoff- nung, daß ſie ihren ſchoͤnen Verſtand bald wie- der bekommen wird ‒ ‒ ob ich gleich ohne Zwei- fel dabey leiden werde.
Jedoch in dem Briefe, den ſie an mich ge- ſchrieben hat, kommen noch groͤßere Ausſweifun- gen vor. Jch habe zwar geſagt, daß er allzu ruͤhrend waͤre, dir eine Abſchrift davon mit zuthei- len. Aber weil ich dich einmal die loseinge- ſchloſſenen Blaͤtter habe ſehen laſſen, ſo denke ich, ich koͤnne dir auch wohl von demſelben eine Ab- ſchrift geben. Dorcas ſoll ihn alſo hier abſchrei- ben: ich kann es nicht thun. Da ich ihn nur geleſen habe, bin ich ſchon zehn mal mehr geruͤh- ret worden, als mich die haͤrteſten Vorwuͤrfe von einem geſunden Verſtande ruͤhren wuͤrden.
An Herrn Lovelace.
Jch war niemals willens, wieder eine Zeile an ſie zu ſchreiben. Jch wollte ſie nicht ſprechen oder ſehen, wenn ich es hindern koͤnnte. O waͤre es doch niemals geſchehen!
Aber
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Bey dem allen, Belford, habe ich nur ein
fluͤchtigs Auge auf die von Dorcas abgeſchriebne
Blaͤtter geworfen, und ſehe, daß in einigen Ord-
nung und Verſtand iſt, ſo wild auch andere ſind.
Jch ſehe, daß ihr Gedaͤchtniß, welches ihr bey
den hochfliegenden Gedanken in der Dichtungs-
kunſt ſo wohl zu ſtatten kommt, im geringſten
nicht geſchwaͤchet iſt: und dieß macht mir Hoff-
nung, daß ſie ihren ſchoͤnen Verſtand bald wie-
der bekommen wird ‒ ‒ ob ich gleich ohne Zwei-
fel dabey leiden werde.
Jedoch in dem Briefe, den ſie an mich ge-
ſchrieben hat, kommen noch groͤßere Ausſweifun-
gen vor. Jch habe zwar geſagt, daß er allzu
ruͤhrend waͤre, dir eine Abſchrift davon mit zuthei-
len. Aber weil ich dich einmal die loseinge-
ſchloſſenen Blaͤtter habe ſehen laſſen, ſo denke ich,
ich koͤnne dir auch wohl von demſelben eine Ab-
ſchrift geben. Dorcas ſoll ihn alſo hier abſchrei-
ben: ich kann es nicht thun. Da ich ihn nur
geleſen habe, bin ich ſchon zehn mal mehr geruͤh-
ret worden, als mich die haͤrteſten Vorwuͤrfe von
einem geſunden Verſtande ruͤhren wuͤrden.
An Herrn Lovelace.
Jch war niemals willens, wieder eine Zeile an
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oder ſehen, wenn ich es hindern koͤnnte. O waͤre
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Aber
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/633>, abgerufen am 21.11.2024.
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