Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



machte meine Schöne auch unruhig, als sie es
hörte.

Ey, da ist meiner Tante Diener mit einem
Handbriefchen.

An Herrn Robert Lovelace.

Entschuldigen sie uns, lieber Herr Vetter, ich
bitte sie, bey meiner werthesten Base. Eine
Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die
Fräulein Montague ist plötzlich von einer heftigen
Unpäßlichkeit überfallen, und hat drey Ohnmach-
ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre
heftige Freude, glaube ich, daß sie an ihrer lie-
benswürdigen Fräulein so viele Vorzüge gefun-
den, die alle Erwartung so weit übertreffen, ist
schuld daran. Sie wissen selbst, daß nirgends
jemals die Liebe zur Familie so stark geherrschet
hat, als unter uns. Hiernächst hat ihr starkes
Verlangen, dieselbe zu sehen und zu sprechen, auch
wohl etwas dazu beygetragen. Sie ist nur
schwächlich, das arme Mägdchen! so gut sie aus-
siehet.

Wo es besser mit ihr wird: so wollen wir ge-
wiß morgen frühe mit ihnen reisen, und in ihrer
Wohnung vorher mit unserer lieben Base das
Frühstück halten. Sie mag aber besser werden
oder nicht, so will ich mich selbst des Vergnügens
nicht berauben, zu Hampstead um ihre Fräulein
zu seyn, und deswegen frühe um neun zu ihnen

kom-
O o 5



machte meine Schoͤne auch unruhig, als ſie es
hoͤrte.

Ey, da iſt meiner Tante Diener mit einem
Handbriefchen.

An Herrn Robert Lovelace.

Entſchuldigen ſie uns, lieber Herr Vetter, ich
bitte ſie, bey meiner wertheſten Baſe. Eine
Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die
Fraͤulein Montague iſt ploͤtzlich von einer heftigen
Unpaͤßlichkeit uͤberfallen, und hat drey Ohnmach-
ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre
heftige Freude, glaube ich, daß ſie an ihrer lie-
benswuͤrdigen Fraͤulein ſo viele Vorzuͤge gefun-
den, die alle Erwartung ſo weit uͤbertreffen, iſt
ſchuld daran. Sie wiſſen ſelbſt, daß nirgends
jemals die Liebe zur Familie ſo ſtark geherrſchet
hat, als unter uns. Hiernaͤchſt hat ihr ſtarkes
Verlangen, dieſelbe zu ſehen und zu ſprechen, auch
wohl etwas dazu beygetragen. Sie iſt nur
ſchwaͤchlich, das arme Maͤgdchen! ſo gut ſie aus-
ſiehet.

Wo es beſſer mit ihr wird: ſo wollen wir ge-
wiß morgen fruͤhe mit ihnen reiſen, und in ihrer
Wohnung vorher mit unſerer lieben Baſe das
Fruͤhſtuͤck halten. Sie mag aber beſſer werden
oder nicht, ſo will ich mich ſelbſt des Vergnuͤgens
nicht berauben, zu Hampſtead um ihre Fraͤulein
zu ſeyn, und deswegen fruͤhe um neun zu ihnen

kom-
O o 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0591" n="585"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
machte meine Scho&#x0364;ne auch unruhig, als &#x017F;ie es<lb/>
ho&#x0364;rte.</p><lb/>
          <p>Ey, da i&#x017F;t meiner Tante Diener mit einem<lb/>
Handbriefchen.</p><lb/>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">An Herrn Robert Lovelace.</hi> </hi> </salute><lb/>
                <dateline> <hi rendition="#et">Montags, Abends.</hi> </dateline><lb/>
                <p><hi rendition="#in">E</hi>nt&#x017F;chuldigen &#x017F;ie uns, lieber Herr Vetter, ich<lb/>
bitte &#x017F;ie, bey meiner werthe&#x017F;ten Ba&#x017F;e. Eine<lb/>
Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die<lb/>
Fra&#x0364;ulein Montague i&#x017F;t plo&#x0364;tzlich von einer heftigen<lb/>
Unpa&#x0364;ßlichkeit u&#x0364;berfallen, und hat drey Ohnmach-<lb/>
ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre<lb/>
heftige Freude, glaube ich, daß &#x017F;ie an ihrer lie-<lb/>
benswu&#x0364;rdigen Fra&#x0364;ulein &#x017F;o viele Vorzu&#x0364;ge gefun-<lb/>
den, die alle Erwartung &#x017F;o weit u&#x0364;bertreffen, i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chuld daran. Sie wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t, daß nirgends<lb/>
jemals die Liebe zur Familie &#x017F;o &#x017F;tark geherr&#x017F;chet<lb/>
hat, als unter uns. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t hat ihr &#x017F;tarkes<lb/>
Verlangen, die&#x017F;elbe zu &#x017F;ehen und zu &#x017F;prechen, auch<lb/>
wohl etwas dazu beygetragen. Sie i&#x017F;t nur<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;chlich, das arme Ma&#x0364;gdchen! &#x017F;o gut &#x017F;ie aus-<lb/>
&#x017F;iehet.</p><lb/>
                <p>Wo es be&#x017F;&#x017F;er mit ihr wird: &#x017F;o wollen wir ge-<lb/>
wiß morgen fru&#x0364;he mit ihnen rei&#x017F;en, und in ihrer<lb/>
Wohnung vorher mit un&#x017F;erer lieben Ba&#x017F;e das<lb/>
Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck halten. Sie mag aber be&#x017F;&#x017F;er werden<lb/>
oder nicht, &#x017F;o will ich mich &#x017F;elb&#x017F;t des Vergnu&#x0364;gens<lb/>
nicht berauben, zu Hamp&#x017F;tead um ihre Fra&#x0364;ulein<lb/>
zu &#x017F;eyn, und deswegen fru&#x0364;he um neun zu ihnen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O o 5</fw><fw place="bottom" type="catch">kom-</fw><lb/></p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[585/0591] machte meine Schoͤne auch unruhig, als ſie es hoͤrte. Ey, da iſt meiner Tante Diener mit einem Handbriefchen. An Herrn Robert Lovelace. Montags, Abends. Entſchuldigen ſie uns, lieber Herr Vetter, ich bitte ſie, bey meiner wertheſten Baſe. Eine Nacht kann ja nichts zur Sache thun. Die Fraͤulein Montague iſt ploͤtzlich von einer heftigen Unpaͤßlichkeit uͤberfallen, und hat drey Ohnmach- ten, eine nach der andern, bekommen. Jhre heftige Freude, glaube ich, daß ſie an ihrer lie- benswuͤrdigen Fraͤulein ſo viele Vorzuͤge gefun- den, die alle Erwartung ſo weit uͤbertreffen, iſt ſchuld daran. Sie wiſſen ſelbſt, daß nirgends jemals die Liebe zur Familie ſo ſtark geherrſchet hat, als unter uns. Hiernaͤchſt hat ihr ſtarkes Verlangen, dieſelbe zu ſehen und zu ſprechen, auch wohl etwas dazu beygetragen. Sie iſt nur ſchwaͤchlich, das arme Maͤgdchen! ſo gut ſie aus- ſiehet. Wo es beſſer mit ihr wird: ſo wollen wir ge- wiß morgen fruͤhe mit ihnen reiſen, und in ihrer Wohnung vorher mit unſerer lieben Baſe das Fruͤhſtuͤck halten. Sie mag aber beſſer werden oder nicht, ſo will ich mich ſelbſt des Vergnuͤgens nicht berauben, zu Hampſtead um ihre Fraͤulein zu ſeyn, und deswegen fruͤhe um neun zu ihnen kom- O o 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/591
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/591>, abgerufen am 21.11.2024.