Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der acht und zwanzigste Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Die Gottlosen haben keinen Frieden, sagt
eine Schriftstelle, worüber ich einmal pre-
digen hörte. Jch kann auch kein Auge zuschlies-
sen, und wollte mich doch begnügen lassen, nur
eine halbe Stunde in einem Lehnstuhle zu schlafen.
So muß ich nothwendig schreiben.

Jch nahm von dem Capitain Abschied, nach-
dem ich noch einen harten Kampf mit ihm über
das künftige Schicksal meiner Fräulein gehabt
hatte. Da der Kerl einen vortrefflichen Kopf
hat, und in allen Ständen eine ansehnliche Per-
son vorgestellt haben würde, wenn er nicht seine
jüngern Jahre durch ein grobes Verbrechen be-
fleckt hätte, und darinn entdecket wäre; da er
über dieß die beste Seite zu vertheidigen hatte:
so fand ich viele Schwierigkeiten bey ihm, und
ward endlich dahin gebracht, zu versprechen, daß,
wenn ich sie gewinnen könnte, mir großmüthig zu
verzeihen und wieder ihre Gunst zu schenken, ich
alle meine Bemühung anwenden wollte, aus mei-
nen Ränken, so gut, als möglich wäre, herauszu-
kommen; nur daß die Lady Elisabeth und Char-
lotte kommen müßten. Alsdenn wollte ich ihn

an




Der acht und zwanzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Die Gottloſen haben keinen Frieden, ſagt
eine Schriftſtelle, woruͤber ich einmal pre-
digen hoͤrte. Jch kann auch kein Auge zuſchlieſ-
ſen, und wollte mich doch begnuͤgen laſſen, nur
eine halbe Stunde in einem Lehnſtuhle zu ſchlafen.
So muß ich nothwendig ſchreiben.

Jch nahm von dem Capitain Abſchied, nach-
dem ich noch einen harten Kampf mit ihm uͤber
das kuͤnftige Schickſal meiner Fraͤulein gehabt
hatte. Da der Kerl einen vortrefflichen Kopf
hat, und in allen Staͤnden eine anſehnliche Per-
ſon vorgeſtellt haben wuͤrde, wenn er nicht ſeine
juͤngern Jahre durch ein grobes Verbrechen be-
fleckt haͤtte, und darinn entdecket waͤre; da er
uͤber dieß die beſte Seite zu vertheidigen hatte:
ſo fand ich viele Schwierigkeiten bey ihm, und
ward endlich dahin gebracht, zu verſprechen, daß,
wenn ich ſie gewinnen koͤnnte, mir großmuͤthig zu
verzeihen und wieder ihre Gunſt zu ſchenken, ich
alle meine Bemuͤhung anwenden wollte, aus mei-
nen Raͤnken, ſo gut, als moͤglich waͤre, herauszu-
kommen; nur daß die Lady Eliſabeth und Char-
lotte kommen muͤßten. Alsdenn wollte ich ihn

an
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0483" n="477"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der acht und zwanzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Sonnabends, um Mitternacht.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi><hi rendition="#fr">ie Gottlo&#x017F;en haben keinen Frieden,</hi> &#x017F;agt<lb/>
eine Schrift&#x017F;telle, woru&#x0364;ber ich einmal pre-<lb/>
digen ho&#x0364;rte. Jch kann auch kein Auge zu&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und wollte mich doch begnu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en, nur<lb/>
eine halbe Stunde in einem Lehn&#x017F;tuhle zu &#x017F;chlafen.<lb/>
So muß ich nothwendig &#x017F;chreiben.</p><lb/>
          <p>Jch nahm von dem Capitain Ab&#x017F;chied, nach-<lb/>
dem ich noch einen harten Kampf mit ihm u&#x0364;ber<lb/>
das ku&#x0364;nftige Schick&#x017F;al meiner Fra&#x0364;ulein gehabt<lb/>
hatte. Da der Kerl einen vortrefflichen Kopf<lb/>
hat, und in allen Sta&#x0364;nden eine an&#x017F;ehnliche Per-<lb/>
&#x017F;on vorge&#x017F;tellt haben wu&#x0364;rde, wenn er nicht &#x017F;eine<lb/>
ju&#x0364;ngern Jahre durch ein grobes Verbrechen be-<lb/>
fleckt ha&#x0364;tte, und darinn entdecket wa&#x0364;re; da er<lb/>
u&#x0364;ber dieß die be&#x017F;te Seite zu vertheidigen hatte:<lb/>
&#x017F;o fand ich viele Schwierigkeiten bey ihm, und<lb/>
ward endlich dahin gebracht, zu ver&#x017F;prechen, daß,<lb/>
wenn ich &#x017F;ie gewinnen ko&#x0364;nnte, mir großmu&#x0364;thig zu<lb/>
verzeihen und wieder ihre Gun&#x017F;t zu &#x017F;chenken, ich<lb/>
alle meine Bemu&#x0364;hung anwenden wollte, aus mei-<lb/>
nen Ra&#x0364;nken, &#x017F;o gut, als mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, herauszu-<lb/>
kommen; nur daß die Lady Eli&#x017F;abeth und Char-<lb/>
lotte kommen mu&#x0364;ßten. Alsdenn wollte ich ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">an</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[477/0483] Der acht und zwanzigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford. Sonnabends, um Mitternacht. Die Gottloſen haben keinen Frieden, ſagt eine Schriftſtelle, woruͤber ich einmal pre- digen hoͤrte. Jch kann auch kein Auge zuſchlieſ- ſen, und wollte mich doch begnuͤgen laſſen, nur eine halbe Stunde in einem Lehnſtuhle zu ſchlafen. So muß ich nothwendig ſchreiben. Jch nahm von dem Capitain Abſchied, nach- dem ich noch einen harten Kampf mit ihm uͤber das kuͤnftige Schickſal meiner Fraͤulein gehabt hatte. Da der Kerl einen vortrefflichen Kopf hat, und in allen Staͤnden eine anſehnliche Per- ſon vorgeſtellt haben wuͤrde, wenn er nicht ſeine juͤngern Jahre durch ein grobes Verbrechen be- fleckt haͤtte, und darinn entdecket waͤre; da er uͤber dieß die beſte Seite zu vertheidigen hatte: ſo fand ich viele Schwierigkeiten bey ihm, und ward endlich dahin gebracht, zu verſprechen, daß, wenn ich ſie gewinnen koͤnnte, mir großmuͤthig zu verzeihen und wieder ihre Gunſt zu ſchenken, ich alle meine Bemuͤhung anwenden wollte, aus mei- nen Raͤnken, ſo gut, als moͤglich waͤre, herauszu- kommen; nur daß die Lady Eliſabeth und Char- lotte kommen muͤßten. Alsdenn wollte ich ihn an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/483
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/483>, abgerufen am 30.12.2024.