[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.nung nach ist doch keine Hülfe, und ich werde noch mehr aufopfern müssen. Es scheint, daß nun alle Blödigkeit am Ende seyn soll. Wenn dieses ist, so weiß der Mensch das gewiß noch nicht, was ein jeder verständiger Mann weiß, nehmlich: daß eine tugendhafte und kluge Frau, die sich nicht selbst ausbietet, dem Manne mehr Ehre vor der Welt bringet, als ihm diese Eigensch aften bringen, wenn er sie selbst besitzet: und daß ihn der Mangel dieser Eigenschaften an seiner Frau am meisten ent- ehret; weil doch die Welt (es mag nun recht oder unrecht seyn) dem Manne gemeiniglich die Fehler seiner Frau verdencket. Jch will dieses Blat in Erwägung ziehen, und Der vierzehnte Brief Mittewochens früh den 17ten May.von Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein Howe. Herr Lovelace hatte gestern Abend große Lust kann
nung nach iſt doch keine Huͤlfe, und ich werde noch mehr aufopfern muͤſſen. Es ſcheint, daß nun alle Bloͤdigkeit am Ende ſeyn ſoll. Wenn dieſes iſt, ſo weiß der Menſch das gewiß noch nicht, was ein jeder verſtaͤndiger Mann weiß, nehmlich: daß eine tugendhafte und kluge Frau, die ſich nicht ſelbſt ausbietet, dem Manne mehr Ehre vor der Welt bringet, als ihm dieſe Eigenſch aften bringen, wenn er ſie ſelbſt beſitzet: und daß ihn der Mangel dieſer Eigenſchaften an ſeiner Frau am meiſten ent- ehret; weil doch die Welt (es mag nun recht oder unrecht ſeyn) dem Manne gemeiniglich die Fehler ſeiner Frau verdencket. Jch will dieſes Blat in Erwaͤgung ziehen, und Der vierzehnte Brief Mittewochens fruͤh den 17ten May.von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Herr Lovelace hatte geſtern Abend große Luſt kann
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0098" n="92"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nung nach iſt doch keine Huͤlfe, und ich werde noch<lb/> mehr aufopfern muͤſſen. Es ſcheint, daß nun alle<lb/> Bloͤdigkeit am Ende ſeyn ſoll. Wenn dieſes iſt,<lb/> ſo weiß der Menſch das gewiß noch nicht, was ein<lb/> jeder verſtaͤndiger Mann weiß, nehmlich: daß eine<lb/> tugendhafte und kluge Frau, die ſich nicht ſelbſt<lb/> ausbietet, dem Manne mehr Ehre vor der Welt<lb/> bringet, als ihm dieſe Eigenſch aften bringen,<lb/> wenn er ſie ſelbſt beſitzet: und daß ihn der Mangel<lb/> dieſer Eigenſchaften an ſeiner Frau am meiſten ent-<lb/> ehret; weil doch die Welt (es mag nun recht oder<lb/> unrecht ſeyn) dem Manne gemeiniglich die Fehler<lb/> ſeiner Frau verdencket.</p><lb/> <p>Jch will dieſes Blat in Erwaͤgung ziehen, und<lb/> ſchriftlich darauf antworten, <hi rendition="#fr">weil doch das Ue-<lb/> brige alles auf mich allein ankommt.</hi></p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#fr">Der vierzehnte Brief</hi><lb/> von<lb/><hi rendition="#fr">Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein<lb/> Howe.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#et">Mittewochens fruͤh den 17ten May.</hi> </dateline><lb/> <p><hi rendition="#in">H</hi>err <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> hatte geſtern Abend große Luſt<lb/> mit mir zu ſprechen. Weil ich mich aber<lb/> noch nicht geſchickt dazu befand, indem ich ſeine<lb/> Vorſchlaͤge vorher reiflicher uͤberlegen wollte, und<lb/> ich mich durch den Schluß ſeines Briefes nur ſchlecht<lb/> erbauet fand; ſo bat ich, daß unſere Unterredung<lb/> bis auf den Morgen ausgeſetzt bleiben moͤchte. Jch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">kann</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0098]
nung nach iſt doch keine Huͤlfe, und ich werde noch
mehr aufopfern muͤſſen. Es ſcheint, daß nun alle
Bloͤdigkeit am Ende ſeyn ſoll. Wenn dieſes iſt,
ſo weiß der Menſch das gewiß noch nicht, was ein
jeder verſtaͤndiger Mann weiß, nehmlich: daß eine
tugendhafte und kluge Frau, die ſich nicht ſelbſt
ausbietet, dem Manne mehr Ehre vor der Welt
bringet, als ihm dieſe Eigenſch aften bringen,
wenn er ſie ſelbſt beſitzet: und daß ihn der Mangel
dieſer Eigenſchaften an ſeiner Frau am meiſten ent-
ehret; weil doch die Welt (es mag nun recht oder
unrecht ſeyn) dem Manne gemeiniglich die Fehler
ſeiner Frau verdencket.
Jch will dieſes Blat in Erwaͤgung ziehen, und
ſchriftlich darauf antworten, weil doch das Ue-
brige alles auf mich allein ankommt.
Der vierzehnte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.
Mittewochens fruͤh den 17ten May.
Herr Lovelace hatte geſtern Abend große Luſt
mit mir zu ſprechen. Weil ich mich aber
noch nicht geſchickt dazu befand, indem ich ſeine
Vorſchlaͤge vorher reiflicher uͤberlegen wollte, und
ich mich durch den Schluß ſeines Briefes nur ſchlecht
erbauet fand; ſo bat ich, daß unſere Unterredung
bis auf den Morgen ausgeſetzt bleiben moͤchte. Jch
kann
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |