mein Zorn, mein Aufschub verdrössen ihn bis in die Seele.
Was für ein häßlicher Mensch! Zu meinem Kummer muß ich sagen, daß er auf doppelte Wei- se an allen dem schuld ist, was ihn verdriesset.
Wenn ich doch gute Nachricht von meinem On- ckle bekäme!
Leben Sie wohl, liebste und beste Freundin. Dieser Brief lieget und wartet auf Jhren morgen- den Brief, gegen den er ausgewechselt werden soll, und aus dem ihr Schicksahl sehen wird
Jhre Clarissa Harlowe.
Der sechste Brief von Fräulein Howe an Frau Judith Norton.
Donnerstags den 11ten May.
Können Sie nicht, als aus eigenem Triebe, und ohne zu sagen, daß ich es Jhnen ange- geben habe, weil ich dem Harlowischen Hause ver- haßt bin, der Frau Harlowe erzählen, Sie hätten von ohngefehr von mir zuverläßige Nachricht be- kommen, daß die Fräulein Harlowe sich nach ei- ner Aussöhnung mit ihren Eltern sehnet, und eben in dieser Absicht sich bisher in keine Verbindungen hat einlassen wollen, die hieran hinderlich seyn könn- ten: daß sie insonderheit dem Herrn Lovelace nicht gern ein Recht geben wollte, ihrer Familie wegen
ihres
mein Zorn, mein Aufſchub verdroͤſſen ihn bis in die Seele.
Was fuͤr ein haͤßlicher Menſch! Zu meinem Kummer muß ich ſagen, daß er auf doppelte Wei- ſe an allen dem ſchuld iſt, was ihn verdrieſſet.
Wenn ich doch gute Nachricht von meinem On- ckle bekaͤme!
Leben Sie wohl, liebſte und beſte Freundin. Dieſer Brief lieget und wartet auf Jhren morgen- den Brief, gegen den er ausgewechſelt werden ſoll, und aus dem ihr Schickſahl ſehen wird
Jhre Clariſſa Harlowe.
Der ſechſte Brief von Fraͤulein Howe an Frau Judith Norton.
Donnerſtags den 11ten May.
Koͤnnen Sie nicht, als aus eigenem Triebe, und ohne zu ſagen, daß ich es Jhnen ange- geben habe, weil ich dem Harlowiſchen Hauſe ver- haßt bin, der Frau Harlowe erzaͤhlen, Sie haͤtten von ohngefehr von mir zuverlaͤßige Nachricht be- kommen, daß die Fraͤulein Harlowe ſich nach ei- ner Ausſoͤhnung mit ihren Eltern ſehnet, und eben in dieſer Abſicht ſich bisher in keine Verbindungen hat einlaſſen wollen, die hieran hinderlich ſeyn koͤnn- ten: daß ſie inſonderheit dem Herrn Lovelace nicht gern ein Recht geben wollte, ihrer Familie wegen
ihres
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mein Zorn, mein Aufſchub verdroͤſſen ihn bis in
die Seele.
Was fuͤr ein haͤßlicher Menſch! Zu meinem
Kummer muß ich ſagen, daß er auf doppelte Wei-
ſe an allen dem ſchuld iſt, was ihn verdrieſſet.
Wenn ich doch gute Nachricht von meinem On-
ckle bekaͤme!
Leben Sie wohl, liebſte und beſte Freundin.
Dieſer Brief lieget und wartet auf Jhren morgen-
den Brief, gegen den er ausgewechſelt werden ſoll,
und aus dem ihr Schickſahl ſehen wird
Jhre
Clariſſa Harlowe.
Der ſechſte Brief
von
Fraͤulein Howe an Frau Judith Norton.
Donnerſtags den 11ten May.
Koͤnnen Sie nicht, als aus eigenem Triebe,
und ohne zu ſagen, daß ich es Jhnen ange-
geben habe, weil ich dem Harlowiſchen Hauſe ver-
haßt bin, der Frau Harlowe erzaͤhlen, Sie haͤtten
von ohngefehr von mir zuverlaͤßige Nachricht be-
kommen, daß die Fraͤulein Harlowe ſich nach ei-
ner Ausſoͤhnung mit ihren Eltern ſehnet, und eben
in dieſer Abſicht ſich bisher in keine Verbindungen
hat einlaſſen wollen, die hieran hinderlich ſeyn koͤnn-
ten: daß ſie inſonderheit dem Herrn Lovelace nicht
gern ein Recht geben wollte, ihrer Familie wegen
ihres
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/48>, abgerufen am 22.02.2025.
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